Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
Rechts (1.), deren Organe durch einen entsprechenden organisatorischen Rahmen einen funktionierenden Handel ermöglichen[5] und auf der anderen Seite den (privaten) Börsenträger (2.). Weiterer Akteur sind die Handelsteilnehmer, durch die der Handel betrieben wird (3.).
1. Die Börse
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Unter „Börse“ kann man zum einen die Marktveranstaltung verstehen, zum anderen das verantwortliche Rechtssubjekt für die Durchführung des Börsenhandels. Die Marktveranstaltung als solche, in deren Rahmen sich der Wertpapierhandel zwischen den Handelsteilnehmern vollzieht, dh die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage wird von den Börsen betrieben (zB Frankfurter Wertpapierbörse). Als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 BörsG) ist sie befugt, öffentlich-rechtliche Regelungen als autonome Satzungen zu erlassen (zB Börsenordnung[6], Gebührenordnung).
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Die Börse ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts iS des § 89 BGB, obwohl dies für Anstalten des öffentlichen Rechts grds der Fall ist. Ihr fehlt es an der dafür erforderlichen vollen Rechtsfähigkeit iS des § 1 BGB, dh der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie ist laut Gesetz nur teilrechtsfähig. Sie kann nur im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. Im Zivilprozess ist sie nicht parteifähig[7].
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Die Organe der Börse sind (vgl § 3 Abs. 1 Satz 2 BörsG)
– | die Börsengeschäftsführung (§ 15 BörsG) als Leitungsorgan, welche die den Börsen übertragene öffentliche Verwaltung wahrnimmt, |
– | der Börsenrat (§ 12 BörsG)[8], welcher zum einen, vergleichbar dem Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft, Überwachungsorgan und zum anderen insofern Rechtsetzungsorgan ist, als er u.a. die Börsenordnung, die Bedingungen für Geschäfte an der Börse, die Gebührenordnung und die Zulassungsordnung als Satzung erlässt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG); außerdem ist er für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig, |
– | die Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG), welche den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsführung überwacht[9], |
– | und der Sanktionsausschuss nach (§ 22 BörsG)[10]. |
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Die wichtigsten Aufgaben der Börse sind die Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren[11] und die Feststellung des Börsenpreises. Börsenpreise sind Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im regulierten Markt oder an einer Warenbörse ermittelt werden (§ 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Auch die Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im Freiverkehr/Open Market ermittelt werden, stellen Börsenpreise dar (§ 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG). Auf dieser Grundlage werden sodann nach festgelegten Grundsätzen möglichst viele Orders (Kauf- und Verkaufsaufträge) zusammengeführt (Matching).
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Umstritten ist, worauf sich die repressiven Regelungen bzgl. fehlerhafter Geschäfte (Mistrade-Regelungen[12]) der Börse stützen lassen. Ob hierfür § 24 Abs. 2 Satz 4 BörsG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden kann, wonach die Börse nähere Bestimmungen insbesondere für den Fall trifft, dass Börsenpreise aufgrund erheblicher Preisschwankungen nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind, ist fraglich.
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Die Preisermittlung erfolgt an den Wertpapierbörsen durch Skontroführer[13]. Das sind von der Börsengeschäftsführung hierfür zugelassene Unternehmen (§ 27 Abs. 1 BörsG). Sie handeln bei der Preisermittlung weisungsfrei (§ 28 Abs. 1 Satz 3 BörsG)[14]. Die Preisfeststellung wird von den Handelsüberwachungsstellen der jeweiligen Börse überwacht[15]. Im Mai 2011 wurde an der Frankfurter Wertpapierbörse das bisherige System mit einem auf Skontroführer basierten Handel von Xetra zugunsten einer Betreuung durch sog. Xetra-Spezialisten aufgegeben[16]. Diese Spezialisten sind nicht mehr, wie noch die Skontroführer, öffentlich-rechtlich verpflichtet, sondern werden vom Börsenträger beauftragt, Liquidität herzustellen.
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Die Börsengeschäftsführung kann festlegen, dass bei im elektronischen Handelssystem gehandelten Wertpapieren sog. Market Maker[17], regelmäßig eine Bank oder ein Wertpapierhandelshaus, eingesetzt werden[18]. Nach § 26c Abs. 2 BörsG trifft die Börse entsprechende Vorkehrungen. An der Frankfurter Wertpapierbörse werden diese Designated Sponsors genannt (§ 81f BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020). Das sind Banken oder sonstige Finanzdienstleister, die im elektronischen Handelssystem Xetra die fortwährende Handelbarkeit von Wertpapieren garantieren. Das geschieht dadurch, dass sie verbindliche Quotes (An- und Verkaufskurse) für Finanzinstrumente, welche von ihnen betreut werden, veröffentlichen, dh sie sind „Bereitsteller von Marktliquidität“[19]. Sie bieten an, als Handelspartner aufzutreten, dh zum Geldpreis zu kaufen und zum Briefpreis zu verkaufen[20]. Sie sind damit verpflichtet, während der Handelszeiten nach Maßgabe der Börsenordnung und den Anordnungen der Börsengeschäftsführung gleichzeitig limitierte Aufträge für die Nachfrage- und Angebotsseite (Quotes) in das Handelssystem einzustellen und zu diesen Geschäftsabschlüsse zu tätigen (§ 82 Abs. 1 BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020). Die Geschäftsführung setzt hierbei u.a. eine maximale Preisspanne (Maximum Spread) zwischen Nachfrage- und Angebotspreisen fest (§ 82 Abs. 2 BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020).
2. Börsenträger
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Da die Börse teilrechtsfähig ist (§ 2 Abs. 1 BörsG), kann sie weder Eigentum an den Sacheinrichtungen haben noch privatrechtliche Verträge (zB Mitarbeiteranstellungsverträge) schließen oder über finanzielle Mittel verfügen[21]. Sie bedarf eines Trägers als Zurechnungssubjekt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BörsG ist der Börsenträger Normadressat mit eigenen Rechten und Pflichten. Er ist regelmäßig als Kapitalgesellschaft[22] organisiert[23].
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Mit der Genehmigung wird dem Börsenträger zugleich die Aufgabe zum Betrieb einer Börse übertragen. Diese erfolgt nach hM in der Form der öffentlichen Beleihung durch das Sitzland der Börse[24]. Als Beliehene werden Personen bezeichnet, die mit der selbständigen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut sind. Der Beliehene unterliegt, soweit es sich um ihm übertragene öffentliche Aufgaben handelt, der staatlichen Aufsicht.
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Der Genehmigung kommt eine rechtliche Doppelnatur zu: Sie befreit zum einen vom Verbot des Betreibens einer Börse und delegiert zum anderen staatliche Organisationsgewalt. Außerdem hat die Genehmigung eine doppelte Rechtsfolge: Der Börsenträger wird damit berechtigt und verpflichtet, die Börse zu betreiben und zu erhalten. Des Weiteren stellt die Genehmigung den konstitutiven Rechtsakt für die Entstehung der öffentlich-rechtlichen Anstalt Börse dar[25]. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Börsenerlaubnis, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung[26].