BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
in welchem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten. Nach 10 Jahren war das Zusammenleben zerrüttet. Der kinderlose C heiratete seine alte Jugendliebe, die vermögende E. An diese übereignete er 1 Monat nach der Hochzeit schenkweise die Ehewohnung, da er der D die Erbschaft nicht mehr gönnte. 2 Wochen später stirbt C plötzlich bei einem Autounfall. Die Wohnung hat einen Wert von 600.000 €. E hat beim Tod des C einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 400.000 €. Wie ist die Rechtslage? Lösung: → Rn. 319
Fall 19:
M und F leben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. M hat einen volljährigen Sohn S und F eine volljährige Tochter T, jeweils aus einer früheren (inzwischen geschiedenen) Ehe, die mit ihnen zusammenleben. In einem Erbvertrag zwischen M, F, T und S setzen sich M und F jeweils als Vorerben und die Kinder gemeinsam als Nacherben sowie Schlusserben des Letztversterbenden ein. Der Sohn des M verstirbt bei einem Verkehrsunfall, sein Vater wenig später aufgrund des Schocks. Die Familie des M ist der Meinung, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. F beantragt hingegen einen Erbschein, der sie als Vorerbin und T als Nacherbin ausweist. Wie ist die Rechtslage? Lösung: → Rn. 320
Fall 20:
X und Y setzen sich in einem Ehe- und Erbvertrag gegenseitig als Erben ein; außerdem setzen sie den Sohn V einer Cousine der Y als Schlusserben und dessen Ehefrau W als Ersatzschlusserbin ein. X kannte V und W nur flüchtig. Nach dem Tod des X setzte Y zugunsten von Freundinnen und Verwandten zahlreiche Vermächtnisse aus. Als F starb, war V vorverstorben. Wie ist die Rechtslage? Lösung: → Rn. 321
Fall 21:
Der Witwer W schloss 1990 mit seinem Neffen N einen Erbvertrag, indem er N zum Alleinerben einsetzte. Zugleich verpflichtete er sich, sein Hausgrundstück ohne Zustimmung des N weder zu veräußern noch zu belasten. N verpflichtete sich seinerseits, den W „in kranken und alten Tagen zu hegen und zu pflegen, ohne dass dafür Geldmittel von mir oder meinen Rechtsnachfolgern aufzuwenden sind“. N zog daraufhin in eine Wohnung im Haus des W ein, aus der er jedoch 2003 wieder auszog. Als W 2009 pflegebedürftig wurde, forderte er N schriftlich unter Hinweis auf den Erbvertrag auf, ihn zu pflegen. Dies geschah jedoch nicht. 2017 zog W in ein Alten- und Pflegeheim. Im Januar 2018 erklärte er den Rücktritt vom Erbvertrag, weil er seit 2009 pflegebedürftig sei und N ihn nicht gepflegt habe. Anschließend klagt er auf Feststellung der Unwirksamkeit des Erbvertrags. Ist die Klage begründet? Lösung: → Rn. 322
Literatur:
Buchholz, Zur bindenden Wirkung des Erbvertrags, FamRZ 1987, 440; Grziwotz, Der Erbvertrag nicht ehelicher Partner, ZEV 1994, 299; Hohmann, Die Sicherung des Vertragserben vor lebzeitigen Verfügungen des Erblassers, ZEV 1999, 133; Horn, Prüfung der Wirksamkeit von Testamenten und Erbverträgen, NJW 2017, 2392; Hülsmeier, Der Vorbehalt abweichender Verfügungen von Todes wegen beim Erbvertrag, NJW 1986, 3115; Kanzleiter, Die Beeinträchtigung des durch Erbvertrag bindend eingesetzten Erben durch die einvernehmliche Aufhebung eines Pflichtteilsverzichts, DNotZ 2009, 86; Keim, Änderungsvorbehalte in Ehegattenerbverträgen, NJW 2009, 818; ders., Der Wegfall des vertragsmäßig eingesetzten Erben und seine Auswirkung auf beeinträchtigende Verfügungen von Todes wegen des Erblassers, ZEV 1999, 413; ders., Die Aufhebung von Erbverträgen durch Rücknahme aus amtlicher oder notarieller Verwahrung, ZEV 2003, 55; ders., Die Überwindung der erbvertraglichen Bindung beim mehrseitigen Erbvertrag, RNotZ 2012, 496; Keller, Aufhebung, Änderung und Ergänzung eines Erbvertrags durch die Vertragspartner, ZEV 2004, 93; Kirchner, Pflicht zur Begründung des Rücktritts vom Erbvertrag, MittBayNot 1996, 19; Kohler, Erblasserfreiheit oder Vertragserbenschutz und § 826, FamRZ 1990, 464; Mayer, Der Änderungsvorbehalt beim Erbvertrag, DNotZ 1990, 755; ders., Der entgeltliche Erbvertrag – Wer erben will, soll auch gelten –, DNotZ 2012, 89; Musielak, Zur Bindung an den Erbvertrag und zu den rechtlichen Möglichkeiten einseitiger Änderungen, ZEV 2007, 245; Nolting, Der Erbvertrag, JA 1993, 129; Paal, Übungsklausur – Bürgerliches Recht: Drei Hochzeiten und ein Erbfall, JuS 2006, 236; Röthel, Der Erbvertrag. Einige Grundlagen, JURA 2014, 781; Schindler, Beeinträchtigende Schenkungen gem. § 2287 BGB aus forensischer Sicht, ErbR 2015, 526; Schmitz, Die Verteilung der Beweislast in den Fällen des § 2287 BGB, ErbR 2010, 45; Schmucker, Die Bindung beim gemeinschaftlichen Testament und Erbvertrag, ZNotP 2006, 414; Tanck, Die Absicherung der Unternehmensnachfolge als lebzeitiges Eigeninteresse i.S.v. § 2287 BGB, ZErb 2015, 220; Weiler, Änderungsvorbehalt und Vertragsmäßigkeit der erbvertraglichen Verfügung, DNotZ 1994, 427; Weirich, Das Rücknahmeverbot beim Erbvertrag, DNotZ 1997, 7.
Teil III Die gewillkürte Erbfolge › § 10 Der Erbvertrag › I. Allgemeines
I. Allgemeines
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Die zweite Art der Verfügung von Todes wegen – neben dem Testament – ist der Erbvertrag. Er ist jedoch zugleich ein echter Vertrag, hat also Doppelnatur.[1] Eben diese vertragliche Bindungswirkung stellt einen grundlegenden Unterschied zwischen Erbvertrag und Testament dar und macht das Charakteristische des Erbvertrags als erbrechtliches Gestaltungsinstrument aus: Einseitige Testamente sind generell frei widerruflich (→ Rn. 186 ff.), beim gemeinschaftlichen Testament besteht erst nach dem Tod eines Ehegatten und auch nur in Bezug auf wechselbezügliche Verfügungen eine Bindungswirkung (→ Rn. 250 ff.).
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In der Praxis werden Erbverträge meist von Ehegatten abgeschlossen[2], denen die durch ein gemeinschaftliches Testament vermittelte Bindungswirkung nicht genügt. Häufig werden auch Ehe- und Erbvertrag miteinander kombiniert[3], um die emotionale Verbundenheit durch die Ehe auch rechtlich umfassend zu fundamentieren. Erbverträge sind aber gerade nicht nur Ehegatten vorbehalten und werden daher häufig auch zwischen anderen nahestehenden Personen abgeschlossen (z.B. Geschwister, „Erbtante“, nichteheliche Lebensgemeinschaften).[4] Ein weiterer Anwendungsfall sind sog. entlohnende Erbverträge, bei denen der Erblasser das Entgelt für die Gegenleistung (z.B. lebzeitige Pflege oder Sicherung der Unternehmensnachfolge) erst nach seinem Tode durch eine Erbeinsetzung (→ Rn. 728 ff.) oder ein Vermächtnis (→ Rn. 900 ff.) erbringt.[5]
Teil III Die gewillkürte Erbfolge › § 10 Der Erbvertrag › II. Arten von Erbverträgen
1. Einseitige, zweiseitige und mehrseitige Erbverträge
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Je nachdem, wie viele der Beteiligten als Erblasser fungieren, kann man zwischen einseitigen, zweiseitigen und mehrseitigen Erbverträgen differenzieren. Einseitige Erbverträge sind solche, in denen nur ein Vertragspartner (mindestens) eine vertragsmäßige Verfügung (→ Rn. 272) trifft. Der andere Teil nimmt lediglich die Erklärung an und führt damit die Bindungswirkung herbei – und zwar auch dann, wenn nicht er, sondern ein Dritter Begünstigter ist (→