Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
für den Selbststand dieser in besonderer Weise demokratisch legitimierten und neben die hierarchisch aufgebaute Bundes- und Landesverwaltung gestellten Verwaltungsträger ist Art. 28 Abs. 2 GG. Ergänzend gilt der ungeschriebene Grundsatz gemeindefreundlichen Verhaltens anderer Hoheitsträger. Hinzu treten weitere verfassungsrechtliche Absicherungen der kommunalen Rechtsstellung.
1. Aufgabenübertragungsverbot für den Bund
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Auch die Übertragung zusätzlicher Aufgaben und die Begründung von Wahrnehmungspflichten beeinträchtigt die gemeindliche Selbstverwaltung, weil die kommunalen Ressourcen in Anspruch genommen werden und für andere, insbesondere freiwillig wahrgenommene Angelegenheiten unter Umständen nicht mehr hinreichend verfügbar sind[170]. Dadurch werden sowohl das Aufgabenfindungsrecht als auch die Eigenverantwortlichkeit beeinträchtigt, und zwar im Fall von Selbstverwaltungsaufgaben unmittelbar und im Fall der Überbürdung von Fremdaufgaben mittelbar.
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Hier knüpfen Art. 84 Abs. 1 S. 7 u. 85 Abs. 1 S. 2 GG an und untersagen dem Bund kategorisch, den Gemeinden durch Bundesgesetz Aufgaben zu übertragen[171]. Dadurch wird einerseits die dogmatische Konsequenz daraus gezogen, dass die Kommunen zum Organisationsbereich der Länder gehören, und andererseits die tatsächliche Möglichkeit von „Geschäften zulasten Dritter“, nämlich in Gestalt von zwischen Bund und Ländern verabredeten Zuständigkeiten der Kommunen,[172] ausgeschlossen[173]. Der Bund kann hiernach die Aufgabe nur den Ländern zuweisen, die sie dann ihrerseits an die Kommunen weiter delegieren können. Wie bei jeder landesrechtlichen Aufgabenübertragung auf die gemeindliche Ebene greifen dann aber zugunsten der Gemeinden die landesverfassungsrechtlichen Garantien eines finanziellen Ausgleichs ein (sog. Konnexität). Allerdings gilt Bundesrecht aus der Zeit vor Einfügung der Art. 84 Abs. 1 S. 7 u. 85 Abs. 1 S. 2 GG gemäß Art. 125a Abs. 1 S. 1 GG fort.
2. Finanzverfassungsrechtliche Gewährleistungen im Grundgesetz
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Art. 28 Abs. 3 Halbs. 1 GG bezieht die „Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung“ ausdrücklich in die Gewährleistung der Selbstverwaltung ein. Unklar ist, ob daraus dem Grund und der Höhe nach belast- und bezifferbare Ansprüche auf eine angemessene kommunale Finanzausstattung abgeleitet werden können oder es der landesgesetzlichen Ausgestaltung durch einen vertikalen und ggf. horizontalen Finanzausgleich bedarf[174]. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG unmittelbar die Gewährleistung einer „aufgabenadäquaten Finanzausstattung“ der Kommunen im Hinblick auf „die Erfüllung aller zugewiesener und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch die Erfüllung selbst gewählter Aufgaben“[175]. Denn eigenverantwortliches Handeln setzt eine „entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften“ voraus[176]. Dem ist zuzustimmen, weil die Verfassung zwar einerseits kommunale Selbstverwaltungsträger etabliert, sie andererseits aber nicht hinreichend mit eigenen Finanzquellen ausstattet, so dass sie anspruchsberechtigt gegenüber dem Land sein müssen, um lebensfähig zu sein. Einzelne belastbare finanzielle Garantien erhalten die Kommunen aus der Finanzverfassung des X. Abschnitts des Grundgesetzes[177].
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Nach Art. 106 Abs. 5 GG erhalten die Gemeinden einen Anteil am Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist; entsprechendes gilt gemäß Art. 106 Abs. 5a GG hinsichtlich der Umsatzsteuer. Vom Länderanteil am Gesamtaufkommen der sog. Gemeinschaftssteuern, also Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer (vgl. Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG), fließt den Gemeinden darüber hinaus nach Art. 106 Abs. 7 S. 1 GG insgesamt ein vom Landesgesetzgeber zu bestimmender Hundertsatz zu.
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Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG statuiert mit der Zuweisung des Aufkommens der Grund- und Gewerbesteuer eine sog. Realsteuergarantie für die Gemeinden und weist das Aufkommen der örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern (z.B. Vergnügungs-, Getränke,- Jagd- und Hundesteuer sowie jüngst die sog. „Bettensteuer“) den Gemeinden zu. Gemäß Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG haben die Gemeinden das Recht, im Rahmen der Gesetze die Hebesätze der Realsteuern festzusetzen. Allerdings können Bund und Länder ihrerseits durch eine Umlage am Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden (Art. 106 Abs. 6 S. 4 GG). Zwar gehört zu den Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 Halbs. 2 GG auch eine den Gemeinden – nicht den Gemeindeverbänden – zustehende, mit Hebesatzrecht ausgestattete und wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle. Indes wird den Gemeinden dadurch kein originäres Steuerfindungsrecht, sondern nur eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle eröffnet, wofür mit Blick auf Art. 106 Abs. 5 u. Abs. 6 GG die Gewerbeertrag- und Einkommensteuer in Betracht kommen[178]. Das Merkmal der Wirtschaftskraft betrifft nicht den Steuerschuldner, sondern die Produktivität des jeweiligen kommunalen Wirtschaftsraums. In Rede steht keine Ertrags-, sondern eine Bestands- und Hebesatzgarantie[179].
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Art. 106 Abs. 8 GG räumt den Gemeinden – anders als die übrigen Verteilungsregeln – einen unmittelbaren Anspruch gegen den Bund zum Ausgleich von Sonderbelastungen ein.
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Landesverfassungsrechtlich finden sich Gewährleistungen der finanziellen Ausstattung kommunaler Selbstverwaltung. Unterscheiden lassen sich ein Anspruch auf Mindestausstattung sowie ein Anspruch auf angemessene Finanzausstattung: einerseits ein „dynamischer“, an die Höhe der allgemeinen Finanzausstattung des Landes angekoppelter Anspruch auf angemessene Partizipation der kommunalen Ebene an der naturgemäß schwankenden Finanzausstattung des Landes, zum anderen ein „statischer Mindestanspruch“, mit dem zumindest die Lebensfähigkeit der Kommunen garantiert werden soll. In diesem Sinne unterscheidet das Bundesverwaltungsgericht zum einen konsequent zwischen den Begriffen der „Mindestgarantie“ und des Anspruches auf „angemessene“ Finanzausstattung, erkennt zum anderen mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG eine abwägungsfeste Mindestgarantie an[180].
3. Grundrechte
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Gemeinden können sich grundsätzlich nicht auf grundrechtliche Gewährleistungen berufen, da diese auf Verwaltungsträger „ihrem Wesen nach“ nicht anwendbar sind (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Das gilt unabhängig davon, ob Bereiche öffentlicher Aufgabenerfüllung oder fiskalisch-erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit in Rede stehen[181]. In Betracht kommt allerdings eine Berufung auf die Justizgrundrechte aus Art. 101, 103 GG[182]. Wenn und soweit das Willkürverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rechtsstaatsprinzip enthalten sind, erfassen sie auch das Rechtsverhältnis zwischen Gemeinde und Staat.
4. Die landesverfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantien
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Das Institut der kommunalen Selbstverwaltung wird auch in allen Verfassungen der deutschen Flächenländer geschützt[183]. In diesen Bestimmungen finden sich in vielgestaltiger Weise teils zusätzliche Gewährleistungen für die Gemeinden,[184] z.B. hinsichtlich der Kostendeckung im Falle der Überbürdung zusätzlicher öffentlicher Aufgaben[185] oder in Bezug auf die Erschließung eigener Steuerquellen[186]. Die landesverfassungsrechtliche Maßgabe, dass die Aufgabenübertragung auf die Kommunen nur dann durchgeführt werden darf, wenn ein entsprechender Finanzausgleich für die mit der Aufgabenerfüllung einhergehenden Mehrkosten vorgesehen wird, kann auf zwei Arten erfüllt werden: Entweder muss der Landesgesetzgeber bereits bei der Übertragung neuer Aufgaben detaillierte Regelungen über den finanziellen Ausgleich treffen (strenge Konnexität)[187]. Oder aber es genügt, wenn der Finanzausgleich nach Übertragung neuer Aufgaben im allgemeinen, kommunalen Finanzausgleich erfolgt (mildes Konnexitätsprinzip)[188]. Im Einzelnen bestimmen die Konnexitätsklauseln, dass bei der landesrechtlichen Zuweisung neuer Aufgaben an die Kommunen immer auch die Deckung der Kosten zu regeln (relatives Konnexitätsprinzip)[189]