Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
die unmittelbare und die mittelbare Landesverwaltung sind organisatorisch und funktionell voneinander getrennt. Darüber hinaus sind die Kommunen verfassungskräftig mit Organisationshoheit ausgestattet, so dass sie selbst darüber entscheiden, ob eine Aufgabe eigenständig oder gemeinsam mit anderen Verwaltungsträgern erfüllt wird[228]. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht deshalb die Verpflichtung der Landkreise aus § 44b SGB II, Arbeitsgemeinschaften mit der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu bilden, als verfassungswidrig angesehen. Damit überschreite der Gesetzgeber die ihm vom Grundgesetz gezogenen Grenzen des zulässigen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden und verletze zugleich die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in ihrer Ausprägung als Gewährleistung eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung[229].
2. Staatsaufsicht
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Ausgehend von der Einordnung der jeweiligen Aufgabe stellt sich die Aufsicht des Staates entweder als Kommunalaufsicht bzw. Rechtsaufsicht[230] oder als Fachaufsicht dar[231]. Die Rechtsaufsicht ist nach den Gemeindeordnungen der Bundesländer für die Erledigung von freiwilligen Aufgaben und bei Pflichtaufgaben ohne Weisung (= Selbstverwaltungsangelegenheiten sowohl im monistischen als auch im dualistischen Modell) eingerichtet[232]. Bei den Auftragsangelegenheiten (dualistisches Modell) bzw. den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (monistisches Modell) greift dagegen die Fachaufsicht bzw. in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg die sog. Sonderaufsicht[233].
a) Kommunalaufsicht
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Die Kommunalaufsicht ist das verfassungsrechtlich gebotene Korrelat zur selbstständigen Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben im eigenen Wirkungskreis[234]. Sie stellt die Verbindung zwischen Staat und Gemeinde her, ist somit Gegenstück zur Dezentralisation und rechtsstaatlich-demokratisch zwingend[235]. Von ihrem Wesen her ist die Kommunalaufsicht Staatsaufgabe. Sie ist von staatlichen Behörden wahrzunehmen (vgl. Art. 83 Abs. 4 BayVerf) und deshalb grundsätzlich nicht kommunalisierbar[236].
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Die Kommunalaufsicht hat unterschiedliche Funktionen, ihr werden sowohl eine Rechtsbewahrungs- und Ordnungsfunktion als auch eine Schutzfunktion beigemessen[237]. Aufgabe der staatlichen Aufsicht ist nicht nur, die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten durch die Gemeinden zu sichern, sondern auch, die Gemeinden in ihren Rechten zu schützen. Diese Schutzfunktion der Aufsicht ist in Art. 83 Abs. 4 S. 4 BayVerf ausdrücklich festgeschrieben. In den anderen Bundesländern ist diese Schutzfunktion, wenn auch nicht in der Landesverfassung, so doch zumindest in den Gemeindeordnungen normiert[238]. Es gilt, die Kommunen in die Lage zu versetzen, die eigenen Aufgaben wahrnehmen zu können, und sie vor Eingriffen in diesen Bereich so weit wie möglich zu schützen[239]. Über den Schutz der Gemeinden im engeren Sinne hinausgehend sollen die Gemeinden gefördert werden, was die Aufsichtsbehörden vor allem im Wege der Beratung zu leisten haben, welcher verstärkte Bedeutung zukommt[240]. Deutlich wird dies in § 120 S. 2 GO SH, wonach die Kommunalaufsichtsbehörden die Gemeinden vor allem beraten und unterstützen sollen.
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Rechtsaufsicht bedeutet Kontrolle am Maßstab des gesamten geltenden Rechts einschließlich des Unionsrechts, wie sie auch die Gerichte durchführen. Das bedeutet – vorbehaltlich ausnahmsweise bestehender Beurteilungsspielräume – den vollen Rechtsanwendungsabgleich auf Tatbestandsebene und die Prüfung von Ermessensentscheidungen auf Ermessensfehler im Sinne von § 40 VwVfG, § 114 VwGO.
aa) Behörden
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Die zuständige Aufsichtsbehörde richtet sich nach dem jeweiligen Gemeindetyp und der konkreten Ausgestaltung des Landesorganisations- sowie Kommunalrechts[241].
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Die Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden obliegt dabei grundsätzlich dem Landratsamt bzw. dem Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde[242]. Eine Ausnahme gilt diesbezüglich jedoch für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Diese Länder haben die Aufsichtstätigkeit kommunalisiert und sie dem Landkreis übertragen[243]. Die Verfassungsmäßigkeit der Kommunalisierung ist vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt worden[244]. Es sieht in der Verlagerung der staatlichen Aufsicht von den Bezirksregierungen auf die Landkreise keine Verletzung von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, da der Normbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch Regelungen, die lediglich die Zuständigkeit für die Staatsaufsicht generell festlegen, ohne die Reichweite der Aufsicht zu erweitern, nicht berührt werden könne[245]. Richtig an dieser Rechtsprechung ist, dass durch die Kommunalisierung der Kommunalaufsicht das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht unmittelbar beeinträchtigt wird. Insofern macht es keinen Unterschied, ob die Kommunalaufsicht von einer staatlichen oder einer anderen kommunalen Behörde ausgeübt wird. Das Bundesverfassungsgericht weist aber selbst darauf hin, dass die Kommunalaufsicht nicht ein Element der kommunalen Selbstverwaltung, sondern ihr „Korrelat“ ist[246]. Daraus ergibt sich, dass sie zum einen nicht in den Kern des Selbstverwaltungsrechts eingreifen darf und zum anderen sicherstellen muss, dass im Interesse der betroffenen Bürger durch eine objektive und neutrale Aufsicht eine reibungslose und rechtsstaatlich einwandfreie Arbeit der Kommunen gewährleistet ist[247]. Problematisch an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der auch der Sächsische Verfassungsgerichtshof gefolgt ist,[248] ist, dass sie die staatsorganisatorisch vorgegebene Trennung zwischen staatlicher Kommunalaufsicht und kommunaler Selbstverwaltung vermischt. Das kann zu Konflikten führen, weil die auf kommunaler Ebene tätigen Funktionsträger engere Kontakte untereinander und gleichgerichtete Interessen haben, was bei den Trägern der staatlichen Aufsicht nicht oder nicht in dem Maße der Fall sein wird[249]. Das VG Chemnitz sah daher in der Kommunalisierung der Aufsicht einen Verstoß gegen Art. 89 Abs. 1 Verf Sachs, wonach der Freistaat Sachsen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinden, der Landkreise und der anderen Gemeindeverbände überwacht[250]. Darüber hinaus folge die Staatsaufsicht über die Gemeinden bereits aus der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik, die zweigliedrig zwischen Bund und Ländern aufgebaut sei, und aus dem Demokratieprinzip, welches eine Entledigung der Zuständigkeiten der staatlichen Kommunalaufsichtsbehörde verbiete[251]. Im Ergebnis stellt die Kommunalisierung der Kommunalaufsicht in Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt deshalb einen „Systembruch“ dar,[252] der aus staatsorganisatorischer Sicht abzulehnen ist[253].
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Die Aufsicht über die größeren Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise obliegt grundsätzlich den staatlichen Verwaltungsbehörden der Mittelstufe, d.h. Regierungspräsidien/Bezirksregierungen[254]. In den Bundesländern, in denen keine Mittelstufe existiert,[255] wird die Aufsicht dem Ministerium des Innern zugewiesen. Die oberste Kommunalaufsichtsbehörde ist stets das jeweilige Innenministerium[256].
bb) Aufsichtsmittel
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Bei den Maßnahmen der Kommunalaufsicht wird herkömmlich zwischen präventiver (vorbeugender, prophylaktischer) und repressiver (nachträglicher, korrektiver) Kontrolle durch die Kommunalaufsichtsbehörden unterschieden[257]. Die Abgrenzung ist nicht immer leicht, weil einige der Aufsichtsmittel beiden Zwecken dienen können. In den Kommunalverfassungen wird im Abschnitt „Aufsicht“ im Wesentlichen nur die repressive Aufsicht normiert[258] – eine Ausnahme bilden mancherorts die Beratung und überwiegend die Unterrichtung, an der die Ambivalenz der Aufsicht deutlich wird. Die übrigen Instrumente präventiver Aufsicht, insbesondere Anzeige- und Vorlagepflichten sowie Genehmigungsvorbehalte, finden sich in den Gemeindeordnungen im jeweiligen Sachzusammenhang mitgeregelt.
(1) Präventive Aufsicht
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Die in der Praxis wichtigste Form präventiver Kommunalaufsicht ist die Beratung,[259] welche nicht in allen Gemeindeordnungen ausdrücklich