Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
oder ständigen Aufenthaltsort gebunden, sondern er kann auch in mehreren Gemeinden, gegebenenfalls auch in Kreisen, bestehen[509]. Entscheidend ist, dass die natürliche Person, die im Gemeindegebiet wohnt, auch tatsächlich eine Wohnung innehat, was erfordert, dass äußerlich erkennbare Umstände vorliegen, die auf die Beibehaltung und Benutzung schließen lassen. Dieses ist sowohl bei Wochenendlern und Soldaten auf Zeit als auch bei Studierenden erfüllt[510]. Auf Volljährigkeit, Geschäftsfähigkeit oder die Staatsbürgerschaft kommt es nicht an, d.h. auch Kinder, Jugendliche und Ausländer sind Einwohner[511].
2. Bürger
166
Der Bürgerstatus definiert sich über die Berechtigung zur Teilnahme an Gemeinde- und Kreiswahlen, worüber grundsätzlich nur volljährige Einwohner mit deutscher Staatsangehörigkeit verfügen, die ihren Hauptwohnsitz seit einer landesrechtlich unterschiedlich bemessen Mindestzeit im kommunalen Wahlgebiet haben[512]. Überwiegend wurde in den Ländern jedoch ein aktives Wahlrecht schon ab 16 Jahren eingeführt[513]. Wiederum andere Länder sehen für diesen Personenkreis andere, ggf. zusätzliche Beteiligungsformen vor[514].
3. Rechte von Einwohnern und Bürgern
167
In den Kommunen wird das genossenschaftliche Wesen der Selbstverwaltung mit der demokratischen Legitimation von Verwaltungsträgern vereinigt. Das Zusammenspiel lässt sich an den vom Status als Einwohner oder Bürger abhängenden politischen Rechten nachvollziehen.
a) Teilnahme an Kommunalwahlen
168
Das wohl bedeutendste Mitwirkungsrecht der Bürger ist die Teilnahme an Kommunalwahlen[515], worunter in erster Linie die Gemeinderats- und Kreistagswahlen fallen. Für die Vertretungsorgane gemeindlicher Untergliederungen (bspw. Bezirksvertretungen) ist die Volkswahl hingegen nicht zwingend, jedoch zulässig unter dem Aspekt des erweiterten Bürgereinflusses[516]. Diese Möglichkeit haben einige Länder genutzt[517]. Als Volkswahlen ausgestaltet – und damit vom Recht zur Teilnahme an kommunalen Wahlen für die Bürger umfasst – sind die Wahl des Gemeindevorstehers (Bürgermeister)[518] und teilweise auch die Wahl des Kreisvorstehers (Landrat)[519]. In den anderen Ländern wird der Landrat durch den Kreistag gewählt[520].
169
Zu berücksichtigen ist die Erweiterung des Kommunalwahlrechts für EU-Ausländer, welches 1992 durch das verfassungsändernde Gesetz vom 21.12.1992 in Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG (sog. Europaprinzip oder auch Gemeinschaftsprinzip[521]) eingeführt wurde, um einen Widerspruch des Grundgesetzes zum Unionsrecht aufzulösen. Vor der Gesetzesänderung war ein Wahlrecht für Ausländer auf Kommunalebene unzulässig, obwohl Art. 20 ff. AEUV (Art. 17 ff. EGV) eine Unionsbürgerschaft vorsieht und die Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 94/80/EG[522] verpflichtet worden sind, Ausländern mit Unionsbürgerschaft das Wahlrecht auf kommunaler Ebene zu gewähren[523]. Nach Art. 5 Abs. 3 der benannten Richtlinie sind Ausnahmen nur hinsichtlich des passiven Wahlrechts zulässig, soweit ein Leiter des kommunalen Exekutivorgans bzw. dessen Vertretung zu wählen sind. Von dieser Ausnahme haben nur wenige Länder Gebrauch gemacht und die Ämter des Bürgermeisters und Landrats deutschen Bürgern vorbehalten[524]. In der Einräumung des Wahlrechts für EU-Ausländer liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz[525].
170
Die Einführung von Sperrklauseln bei Kommunalwahlen steht im Spannungsverhältnis der Wahlrechtsgleichheit der Wähler und der Chancengleichheit der Kandidaten einerseits und der Gewährleistung der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung und der Funktionsfähigkeit der kommunalen Volksvertretung andererseits. Hier hat insbesondere das Bundesverfassungsgericht hohe, kaum zu erfüllende Rechtfertigungsanforderungen für den Landesgesetzgeber aufgestellt. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass Gemeindevertretungen und Kreistage keine Parlamente im staatsrechtlichen Sinne sind. Ob eine Einschränkung der Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit dieser kommunalen Vertretungsorgane erforderlich sei, lasse sich aber nur in Bezug auf die konkreten Funktionen des zu wählenden Organs beurteilen.[526] Demgegenüber haben jüngst Landesverfassungsgerichte Sperrklauseln für Bezirks(verordneten)versammlungen als verfassungsgemäß angesehen[527]. So auch der Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westphalen, der jedoch gleichzeitig für die Wahlen der Gemeinderäte und Kreistage einer 2,5 %-Klausel entgegengetreten ist. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs sei die gesetzgeberische Prognose drohender Funktionsstörungen der Gemeinderäte und Kreistage aufgrund einer parteipolitischen Zersplitterung in tatsächlicher und rechtlicher hinsichtlich nicht tragfähig[528].
171
Die Kommunalordnungen der Bundesländer regeln Rechtsschutzmöglichkeiten im Zusammenhang mit den Gemeinderatswahlen. Man kann diese Möglichkeiten anhand ihres Stadiums in Rechtsschutz vor der Wahl und Rechtsschutz nach der Wahl einteilen. Sowohl für die Beeinträchtigung des aktiven wie des passiven Wahlrechts haben die Kommunalwahlgesetze Beschwerden und Einwendungen bei der Gemeinde, dem Wahlausschuss bzw. dem Wahlleiter vorgesehen[529]; wenn überhaupt – teilweise wird Rechtsschutz in das Wahlprüfungsverfahren verlegt – kann erst gegen die außergerichtliche Entscheidung der Gemeinde bzw. der Rechtsaufsicht verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz erhoben werden. Nach der Wahl sehen alle Kommunalwahlgesetze die Möglichkeit bzw. die Pflicht der Wahlprüfung vor, an die sich ggf. verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz anschließt[530].
b) Einwohnerversammlung und Einwohnerantrag
172
Ferner steht sowohl den Einwohnern als selbstverständlich auch den Bürgern die Teilnahme an Einwohnerversammlungen offen[531]. Dieses Mittel ist letztlich eine Folge der Forderung seit den 1970iger Jahren, die unmittelbar-demokratischen Mitwirkungsrechte der Einwohner und Bürger über das Wahlrecht hinaus auf Gemeinde- und Kreisebene zu stärken[532]. Damit wird den Gemeindeeinwohnern bzw. -bürgern die „Artikulation, Integration und der Umsetzung ihres politischen Willens“ ermöglicht, was wiederum zur Folge hat, dass sie sich mit den Aufgaben und Zielsetzungen der Gemeinde (besser) identifizieren können[533]. Nach manchen Gemeindeordnungen ist die Einberufung verpflichtend, wenn ein bestimmtes Quorum der Einwohnerschaft bzw. der Gemeinderat dies verlangt[534]. Insgesamt lässt die gesetzliche Ausgestaltung der Ortsversammlung eine Gleichbehandlung von Einwohnern und Bürgern erkennen.
173
Darüber hinaus besteht in den meisten Ländern für Einwohner auch die Möglichkeit, einen Einwohnerantrag – nicht zu verwechseln mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid – zu stellen, also den Gemeinderat durch schriftlichen, hinreichend bestimmten und begründeten Antrag zu verpflichten, eine in seine Zuständigkeit fallende Angelegenheit der gemeindlichen Selbstverwaltung aufzugreifen und auch zu bescheiden[535]. Für diesen Antrag gibt es bestimmte Voraussetzungen: Es gilt ein Unterschriftenquorum von 2,0–30 % der jeweils antragsberechtigten Bürger bzw. Einwohner und der Antrag hat binnen einer Jahresfrist oder innerhalb der Wahlzeit des Gemeinderats zu erfolgen[536]. Rechtsfolge eines zulässigen Einwohnerantrags ist nur die Verpflichtung des Gemeinderats, sich mit der gegenständlich benannten Angelegenheit zu befassen; seine Entscheidungskompetenz bleibt jedoch unberührt[537]. Rechtsschutz gegen die Zurückweisung des Einwohnerantrags kann vor den Verwaltungsgerichten mittels Verpflichtungsklage begehrt werden[538].
c) Bürgerentscheid und Bürgerbegehren
174
Der Bürgerentscheid und das Bürgerbegehren[539] sind als Mitentscheidungsformen den Bürgern vorbehalten. Beiden Instrumenten kommt dabei eindeutig ein plebiszitärer Charakter zu[540]. Ein Bürgerentscheid findet dann statt, wenn eine landesrechtlich festgelegte Mehrheit der Mitglieder des Gemeinderats so beschließt oder aufgrund eines Bürgerbegehrens[541]. Ein Bürgerentscheid hat