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D. Formen und Instrumente gemeindlichen Handelns
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Als Verwaltungsträger besitzen die Gemeinden grundsätzlich das Recht zum Einsatz der Organisations- und Handlungsformen des öffentlichen Rechts. Dabei steht die Errichtung weiterer juristischer Personen des öffentlichen Rechts unter Gesetzesvorbehalt[571]. Als Element der Selbstverwaltungsgarantie umfasst die Organisationshoheit im Bereich der freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten die Verwendung privatrechtlicher Organisations- und/oder Handlungsformen. In Gestalt der öffentlichen Einrichtung besteht auf kommunaler Ebene ein besonderes Organisationsregime „für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner“[572].
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Nicht zuletzt zur Verwirklichung dessen, ferner zur Ausgestaltung der Binnenorganisation kommt den Gemeinden als unmittelbarer Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie die Satzungshoheit im Rahmen ihrer Verbandskompetenz zu. Sie ist von der auf besonderer gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Verordnungsbefugnis wesensverschieden, weil sie in der Eigenverantwortlichkeit gründet.
I. Rechtsetzung der Gemeinden
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Die Rechtsetzung der Gemeinden umfasst hauptsächlich die Satzung als Instrument zur Regelung eigener weisungsfreier Aufgaben der Gebietskörperschaft[573]. Soweit staatliche Gesetze dazu ermächtigen, besteht auch bei Auftragsangelegenheiten oder Pflichtaufgaben nach Weisung die Möglichkeit, Satzungen zu erlassen[574]. Das kommunale Verordnungsrecht gehört – zum Teil alternativ – ebenfalls zur Rechtsetzung der Gemeinden; es unterliegt regelmäßig den gleichen Voraussetzungen wie die Satzungsgebung[575]. Gleichwohl besteht ein gravierender Unterschied zwischen einer Satzung und Rechtsverordnung: Der Erlass von Rechtsverordnungen ist das Ergebnis von Dekonzentration, indem eine Regelungszuständigkeit, nicht aber die zugrunde liegende Aufgabe delegiert worden ist; demgegenüber ist das kommunale Satzungsrecht Folge der Dezentralisierung[576]. Daraus folgt, dass Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen auf den Erlass von Satzungen nicht anwendbar sind. Die danach verlangten materiell bestimmten Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage für den Rechtsverordnungserlass (Inhalt, Zweck, Ausmaß) sind mit dem Prinzip der Allzuständigkeit der Gemeinden unvereinbar[577].
a) Satzungsbegriff
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Satzungen sind das selbstverwaltungsadäquate Regelungsinstrument und somit eine der wichtigsten Anwendungsfälle der Gesetze im materiellen Sinne[578]. Es handelt sich dabei regelmäßig um Rechtsvorschriften, d.h. abstrakt-generelle Regelungen, die von einer dem Staat zugeordneten juristischen Person des öffentliche Rechts im Rahmen der ihr gesetzlichen verliehen Autonomie (Satzungshoheit) kraft öffentlichen Rechts mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden[579].
b) Ermächtigungsgrundlage und Gesetzesvorbehalt
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Aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. den entsprechenden Regelungen in den einzelnen Gemeindeordnungen[580] der Länder folgt eine „Generalermächtigung“ zum Erlass kommunaler Satzungen[581]. Diese allgemeinen Klauseln haben jedoch lediglich organisationsrechtliche Bedeutung, weil sie nicht den Anforderungen an den rechtsstaatlichen Parlaments- und Rechtsetzungsvorbehalt genügen. Davon ist die kommunale Rechtsetzung nicht freigestellt[582].
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Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers erfordern insoweit eine Rechtsgrundlage, die über die allgemeine kommunale Satzungsautonomie hinausgeht[583]. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht zum Parlamentsvorbehalt festgestellt, dass in grundrechtsrelevanten Fragen der staatliche Gesetzgeber selbst tätig werden muss[584]. Geboten sind danach gesetzliche Regelungen, aus denen Inhalt und Reichweite des Satzungsrechts ablesbar sind[585]. Insoweit kann schwierig zu bestimmen sein, wann eine Angelegenheit so wesentlich ist, dass sie per Satzung nicht geregelt werden kann und darf. Die Antwort kann erst nach gründlicher Abwägung der Interessen gegeben werden[586]. Einige spezielle Ermächtigungsgrundlagen zum Satzungserlass sind vor allem im Baurecht zu finden (§§ 10, 25, 132 BauGB), aber auch im Kommunalabgabenrecht (Satzungsvorbehalt für Kommunalabgaben), im Straßenrecht (Reinigungs- und Streupflichtsatzung) und im Gemeinderecht bezüglich Anschluss und Benutzung kommunaler Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Abwasser-/Abfallsatzung)[587]. Soweit keine Grundrechtseingriffe mit dem Satzungserlass verbunden sind, bieten die genannten Generalermächtigungen eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage und es bedarf daneben keiner speziellen Rechtsgrundlage im Fachrecht[588].
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Kommunalverfassungsrechtlich ist der innerkommunale Gesetzesvorbehalt zu berücksichtigen, welcher erfordert, dass grundrechtsrelevante Entscheidungen im Aufgabenfeld der örtlichen Angelegenheiten von der Gemeindevertretung in Satzungsform und nicht lediglich in Verwaltungsrichtlinien der Gemeindeverwaltung getroffen werden[589].
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Schließlich gilt im kommunalen Satzungsrecht der Gesetzesvorrang, so dass die Gemeinden als Träger mittelbarer Staatsgewalt nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden sind und demnach kommunale Satzungen nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen dürfen[590].
c) Satzungsgegenstand
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Die Befugnis zum Erlass kommunaler Satzungen ist gegenständlich grundsätzlich nur durch den verfassungsrechtlich begrenzten Aufgabenkreis beschränkt[591]. Jede Kommune besitzt im Rahmen der ihr verliehen Satzungsautonomie eine satzungsrechtliche Gestaltungsfreiheit, welche ihr gestattet, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nach den eigenen Zielvorstellungen zu ordnen und den jeweils gegebenen Lebensverhältnissen angepasste Regelungen zu schaffen[592]. Zu den typischen Satzungsgegenständen im eigenverantwortlichen (weisungsfreien) Wirkungsbereich gehören die innere Verfassung der Gemeinde, die gemeindliche Planung einschließlich der Haushaltssatzung und vor allem des Bauplanungsrechts sowie alle Vorgänge, die massenhaft vorkommen und eine normative Steuerung erfordern (Steuer-, Beitrags- und Gebührensatzungen)[593]. Jenseits des Planungsrechts können kommunale Satzungen Verbote mit Erlaubnis- oder Befreiungsvorbehalten statuieren und Gebote zum Zwecke des Klimaschutzes begründen[594]. Einen Anwendungsfall bilden diejenigen gesetzlichen Vorschriften, die die Gemeinden ermächtigen, die Nutzung erneuerbarer Energien durch örtliches Satzungsrecht zu fördern, um dadurch lokal mittels Reduktion der Treibhausgasemissionen einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten[595].
d) Satzungserlass
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Nach allgemein anerkannten Grundsätzen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln – wenn hier auch funktional als abgeleitete Rechtssetzung – verlangt die Rechtmäßigkeit einer Satzung, dass eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass besteht und die Satzung formell und materiell mit höherrangigem Recht in Einklang steht[596].
aa) Formelle Rechtmäßigkeit
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Die formelle Rechtmäßigkeit umfasst folgende Voraussetzungen: Zuständigkeit, ordnungsgemäßer Satzungsbeschluss, Einhaltung der Form, Genehmigungs-, Anzeige- und Vorlagepflicht, Ausfertigung, öffentliche Bekanntmachung und Inkrafttreten[597].
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Die Organzuständigkeit für den Erlass von Satzungen liegt unentziehbar bei der Gemeindevertretung (Gemeinderat und Rat), welche auch nicht auf einen beschließenden Ausschuss