Strafrecht Besonderer Teil. Olaf Hohmann
(vgl. § 5 Rn. 13 ff.).
Systematik der Körperverletzungsdelikte | |
Grundtatbestand (vorsätzliche) Körperverletzung (§ 223) | |
Qualifikationen Gefährliche Körperverletzung (§ 224) Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225) Schwere Körperverletzung (§ 226) Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a) Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227) Körperverletzung im Amt (§ 340) | Fahrlässigkeitstatbestand Fahrlässige Körperverletzung (§ 229) |
Sonderfall Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231) |
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Wie bei den Tötungsdelikten kann auch bei den Körperverletzungsdelikten Tatobjekt nur ein anderer lebender Mensch sein (vgl. § 1 Rn. 5 ff.). Da es insofern allein auf den Zeitpunkt der Verletzungshandlung ankommt, werden Einwirkungen auf die Leibesfrucht durch die §§ 223 ff. selbst dann nicht erfasst, wenn sie sich (auch noch) nach der Geburt in Körperschäden auswirken.[3] Anderes kann allerdings gelten für körperliche Folgen, die bei der Schwangeren selbst eintreten.
Anmerkungen
Durch das 47. Strafrechtsänderungsgesetz vom 24. September 2013 (BGBl. I 2013, S. 3671); hierzu insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kritisch MüKo/Hardtung § 226a Rn. 24 ff.; s. auch BGH Beschluss vom 4. September 2019 – 2 StR 580/18; ausführlich Rittig JuS 2014, 499.
S. etwa BGHSt 57, 165, 166 (verbeamteter Lehrer); Rengier ZStW 111 (1999), 1, 26 f.; Wolters JuS 1998, 582, 586.
Zur vergleichbaren Konstellation des nach der Geburt eintretenden Todes s. § 1 Rn. 5; BGHSt 31, 348, 352 – „Fall der verkannten Schwangerschaft“; Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 203; differenzierend Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben § 223 Rn. 1b; vertiefend Tepperwien Pränatale Einwirkungen.
Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit › Kapitel 2. Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit › § 5. Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223)
§ 5. Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223)
Inhaltsverzeichnis
B. Tatbestand
C. Täterschaft und Teilnahme, Begehung durch Unterlassen, Versuch, Rechtswidrigkeit, Konkurrenzen sowie Verfolgbarkeit
A. Grundlagen
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§ 223 stellt den Grundtatbestand der vorsätzlichen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit dar. Es handelt sich um ein Erfolgsdelikt, das als Zustands-, nicht als Dauerdelikt ausgestaltet ist, d.h. es ist mit dem Herbeiführen der körperlichen Folge beendet.[1]
Aufbauhinweis:
Kommen bei der Fallbearbeitung mehrere Körperverletzungstatbestände in Betracht, sollte grundsätzlich mit § 223 begonnen werden. Es empfiehlt sich, das Delikt in Abweichung von der gesetzlichen Überschrift als vorsätzliche Körperverletzung zu bezeichnen, um es von der fahrlässigen Begehungsweise (§ 229) deutlich abzugrenzen. Sind die Voraussetzungen des § 223 unzweifelhaft erfüllt, kann jedoch eine im Rahmen des Qualifikationstatbestands (z.B. § 224) erfolgende Prüfung wegen der größeren Übersichtlichkeit der Darstellung vorteilhaft sein.
I. Objektiver Tatbestand
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Grundstruktur des Körperverletzungstatbestands | ||
Objektiver Tatbestand | Subjektiver Tatbestand | |
Tatobjekt (Rn. 2) | Tathandlung (Rn. 3 ff.) | Vorsatz (Rn. 8) |
Eine Körperverletzung begeht, „wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt“ (§ 223 Abs. 1). Die Alternativen stehen selbstständig nebeneinander und sind infolgedessen gesondert zu prüfen.
1. Körperliche Misshandlung (§ 223 Abs. 1 1. Alt.)
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Eine körperliche Misshandlung ist eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt.[2] Diese Voraussetzung ist jedenfalls erfüllt, wenn es infolge einer Einwirkung auf den Körper eines anderen zu einem Substanzschaden oder gar -verlust kommt.
Beispiele:
B erleidet durch einen Tritt des A einen Armbruch.
C verliert durch einen Faustschlag des D einen Zahn.
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Eine Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 1. Alt. kann aber auch ohne Verletzung der körperlichen Integrität vorliegen. Beispielsweise ist die Begehungsvariante zu bejahen, wenn der Täter einem anderen Benzin oder Brennspiritus über den Kopf gießt,[3] ihm an Haaren und Bart zieht[4] oder ihn mit Teer beschmiert,[5] selbst wenn es zu keiner Schädigung etwa von Augen oder Haut kommt, nicht aber generell bei jedem Schlag oder Stoß.[6]
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Eine Beeinträchtigung lediglich des seelischen Wohlbefindens durch eine vom Täter verursachte psychisch-emotionale Reaktion (z.B. Schreck, Angst, Ekel) ist grundsätzlich nicht ausreichend.[7] Anderes gilt aber dann, wenn die Reaktion zugleich zu körperlichen Nebenwirkungen führt, etwa starke Magenbeschwerden, langanhaltende Schlafstörungen,[8] einen Brechreiz[9] oder einen behandlungsbedürftigen