Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
dass diese nur für einen einmaligen Zweck gegründet worden ist.[28] Daher unterliegen einerseits die Leistungen der Arge an den Auftraggeber (den Bauherrn) der USt. Andererseits haben die zur Arge zusammengeschlossenen Unternehmer die (gesondert berechneten[29]) Entgelte zu versteuern, die ihnen von der Arge für an diese erbrachte Teilleistungen zufließen (hier findet nach § 13b Abs. 2 Nr 4, Abs. 5 S. 2 UStG das Reverse Charge-Verfahren Anwendung;[30] die Arge ist unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt).[31]
3. Absicht, Einnahmen zu erzielen
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Eine Tätigkeit muss, um unternehmerisch zu sein, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sein. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist dagegen nicht erforderlich.[32] Auch wer nur kostendeckende Entgelte anstrebt (oder gar einen Überschuss der Ausgaben über die Einnahmen einkalkuliert), ist daher Unternehmer.
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Beispiel:
Eine Bau-Arge (s. dazu bereits Rn 119) ist auch dann Unternehmer, wenn der Gesellschaftsvertrag und die mit den Gesellschaftern (Bauunternehmern) geschlossenen Verträge vorsehen, dass die Arge im Ergebnis sämtliche Einnahmen, die sie erzielt, als Vergütung an ihre Gesellschafter weiterleitet, die Arge selbst also keinen Gewinn erzielen, sondern nur ihre Kosten decken soll.
§ 3 Unternehmer und Unternehmen › A. Unternehmer › IV. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft
IV. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft
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Unternehmer ist schon, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit gegen Entgelt und selbstständig auszuüben und erste Investitionsausgaben zu diesem Zwecke tätigt.[33] Diese Ausgaben berechtigen also bereits zum Vorsteuerabzug. Voraussetzung dafür ist, dass die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist (Verwendungsabsicht) und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Ist dies der Fall, entfällt die Unternehmereigenschaft – außer in Missbrauchsfällen – auch dann nicht, wenn es später nicht oder nicht nachhaltig zur Ausführung entgeltlicher Leistungen kommt.[34] Die heute geltende Rechtslage weicht damit von der früheren Rechtsprechung des BFH ab, nach der dem „erfolglosen Unternehmer“ die Unternehmereigenschaft – und damit vor allem ein Vorsteuerabzug – versagt wurde.[35]
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Als Nachweis für die ernsthafte Absicht einer unternehmerischen Tätigkeit taugt unter anderem der Bezug von Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ausschließlich oder wenigstens typischer Weise unternehmerisch genutzt werden. Dazu gehören etwa der Erwerb umfangreichen Inventars (z. B. Maschinen oder Fuhrpark), der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung sowie die Anmietung oder die Errichtung von Büro- oder Lagerräumen. Bei Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach sowohl auf eine unternehmerische als auch auf eine private Nutzung hinauslaufen können (z. B. Erwerb eines Computers oder Kraftfahrzeugs), prüft die Finanzverwaltung die Verwendungsabsicht dagegen kritisch. Bei Gegenständen, die ihrer Art nach typischerweise privat genutzt werden (wie etwa einem Wohnmobil oder sonstigen Freizeitgegenständen), wird die Unternehmereigenschaft im Zweifel abgelehnt.[36]
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Die Unternehmereigenschaft endet mit dem letzten Tätigwerden des Unternehmers. Die Veräußerung von Gegenständen des Betriebsvermögens nach Einstellung des Betriebes gehört noch zur Unternehmertätigkeit. Dasselbe gilt, wenn der Unternehmer nachträgliche Entgelte vereinnahmt. Der Zeitpunkt der Einstellung oder Abmeldung eines Gewerbebetriebs ist ebenso unbeachtlich wie die Frage, ob und wann eine Löschung im Handelsregister angemeldet und/oder eingetragen worden ist. Auch eine im Handelsregister bereits gelöschte GmbH ist noch so lange umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer, bis alle Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, zu denen auch das Rechtsverhältnis zum Finanzamt gehört, beendet sind.[37]
§ 3 Unternehmer und Unternehmen › A. Unternehmer › V. Unternehmer: Wichtige Einzelfälle
1. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
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Die Frage der Unternehmereigenschaft einer juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) stellt sich etwa dann, wenn eine Kommune ein Schwimmbad betreibt oder Wasser liefert und Abwasser entsorgt oder wenn eine Universität (Körperschaft des öffentlichen Rechts) Flächen im Hochschulgebäude gegen Entgelt an einen Aufsteller von Getränkeautomaten überlässt.[38]
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Gemeinschaftsrechtlich ist die Frage in Art. 13 Abs. 1 S. 1 MwStSystRL geregelt. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Auch im Rahmen dieser Tätigkeiten gelten die genannten Einrichtungen jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Art. 13 Abs. 1 S. 2 MwStSystRL).
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Die Umsetzung dieser Vorgaben in das deutsche Recht fand sich bislang in § 2 Abs. 3 UStG a. F. Diese Vorschrift wurde durch das Steueränderungsgesetz 2015[39] (StÄndG 2015) gestrichen. Zugleich wurde § 2b UStG n. F. neu in das Gesetz aufgenommen.[40] Im Folgenden werden beide Regelungen (knapp) behandelt. Hintergrund ist die Übergangsregelung in § 27 Abs. 22 UStG.
• | Danach ist § 2 Abs. 3 UStG a. F. zwingend auf Umsätze anzuwenden, die bis einschließlich 31. Dezember 2016 ausgeführt wurden. |
• | § 2b UStG n. F. ist grundsätzlich auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 ausgeführt werden. Die jPdöR hat aber ein Wahlrecht (auszuüben durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt), § 2 Abs. 3 UStG a. F. noch auf Umsätze anzuwenden, die spätestens bis zum 31. Dezember 2020 erzielt werden. |
a) § 2 Abs. 3 UStG a. F.
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Nach der Altregelung in § 2 Abs. 3 S. 1 UStG a. F. ist eine jPdöR unternehmerisch tätig, wenn und soweit sie einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) unterhält. Darüber hinaus ist eine jPdöR mit den in § 2 Abs. 3 S. 2 UStG a. F. ausdrücklich genannten Aktivitäten unternehmerisch tätig. Davon ist u. a. die Tätigkeit der Notare im Landesdienst erfasst (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr 2 UStG a. F.).
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Maßgeblich für die bisherige Regelung ist damit die Frage, ob die JPdöR einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) unterhält. Das Umsatzsteuerrecht übernimmt damit einen Begriff des Körperschaftsteuerrechts: Nach § 1 Abs. 1 Nr 6 KStG ist ein BgA einer jPdöR (bei Geschäftsleitung oder Sitz im Inland) unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. § 4 Abs. 1 S. 1 KStG definiert, wann ein BgA vorliegt. Es muss sich danach um eine „Einrichtung“ handeln, „die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft [dient] und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich [heraushebt]“.