Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
an den Factor keine steuerbare Leistung dar.[53]
• | Beim „unechten Factoring“ übernimmt der Factor nicht das Risiko der fehlenden Bonität des Schuldners. Ist die erworbene Forderung uneinbringlich, ist dem Factor vielmehr der Rückgriff auf den Anschlusskunden eröffnet. Nach dem BFH erbringt der Factor hier eine Mehrheit von steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen an den Anschlusskunden. Das insgesamt in Rechnung gestellte Factoring-Entgelt müsse daher aufgeteilt werden. Neben die Übernahme des Forderungseinzuges (nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr 8 lit. c) UStG nicht steuerfrei) trete die in der Bevorschussung liegende Leistung des Factors. Letztere sei als Kreditgewährung nach § 4 Nr 8 lit. a) UStG steuerfrei.[54] |
• | Beim „echten Factoring“ übernimmt der Factor dagegen das Risiko der fehlenden Bonität des Schuldners. Hier hat der BFH früher eine steuerfreie Abtretung von Forderungen des Anschlusskunden an den Factor bejaht und jegliche Umsätze des Factors an den Anschlusskunden abgelehnt. Seit Grundsatzentscheidungen des EuGH und des BFH aus dem Jahr 2003 bejaht die Rechtsprechung dagegen auch beim echten Factoring ausschließlich steuerbare Leistungen des Factors an den Anschlusskunden.[55] Beim echten Factoring kommt regelmäßig nur eine einzige Leistung des Factors an den Anschlusskunden – die Factoringleistung – in Betracht; diese ist nach § 4 Nr 8 lit. c) UStG nicht steuerfrei. Für eine eigenständig zu beurteilende und nach § 4 Nr 8 lit. a) UStG steuerfreie Kreditgewährung ist regelmäßig kein Raum; der BFH geht von einer einheitlichen steuerpflichtigen Leistung des Factors aus.[56] |
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Anders als das Factoring wird der Fall beurteilt, dass ein Gläubiger zahlungsgestörte Forderungen („Non Performing Loans“, NPL) gegen ein unter dem Nennwert liegendes Entgelt auf einen Erwerber überträgt. Wenn hier die Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis die tatsächliche Wertminderung der Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt, liegt ausschließlich eine steuerfreie Abtretung der Forderungen vor, aber keine Leistung des Erwerbers an den Abtretenden.[57]
5. Gesellschaftsrechtliche Sachverhalte
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Gesellschaftsrechtliche Sachverhalte werfen häufig umsatzsteuerrechtliche Fragen auf. Dabei geht es insbesondere darum, ob Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapital- und Personengesellschaften Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sind. Davon hängt u. a. ab, ob bestimmte Zahlungsflüsse zwischen Gesellschaft und Gesellschafter der Umsatzsteuer unterliegen. Zudem setzt ein Vorsteuerabzug des Gesellschafters oder Geschäftsführers nach § 15 Abs. 1 UStG voraus, dass er Unternehmer ist.
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Bei gesellschaftsrechtlichen Sachverhalten stehen, wenn es um die Unternehmereigenschaft geht, zwei Fragen im Vordergrund: die Frage nach der Selbstständigkeit des Handelnden und die Frage, ob „gegen Entgelt“ gehandelt wird. Was das Handeln „gegen Entgelt“ angeht, wird im Folgenden behutsam auf den folgenden Abschnitt dieses Buches (Rn 191 ff) vorgegriffen, um die Dinge im Zusammenhang darzustellen.
a) Gesellschafter (einschließlich Holdinggesellschaften)
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Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sind nach ständiger Rechtsprechung und Auffassung der Finanzverwaltung in dieser Eigenschaft nicht Unternehmer. Das bloße Erwerben, Halten und Veräußern gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen – einschließlich der damit verbundenen Ausübung von Gesellschafterrechten – fällt nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer.[58] Zwar handeln Gesellschafter bei der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte in aller Regel selbstständig. Gewinnausschüttungen (Dividenden) stellen aber kein Entgelt i. S. d. Mehrwertsteuerrechts dar.
• | Dies bedeutet, dass der Gesellschafter auf Gewinnausschüttungen (Dividenden) keine USt zahlen muss. |
• | Andererseits ist ein Gesellschafter im Hinblick auf umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die er im Zusammenhang mit seiner Beteiligung bezieht, nicht nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.[59] Für „Kleinanleger“ ist diese Konsequenz häufig erträglich, weil nur in geringem Umfang vorsteuerbelastete Eingangsumsätze anfallen. Etwa für eine Holdinggesellschaft (Gesellschaft, die sich auf das Erwerben und Halten von Beteiligungen an anderen Gesellschaften beschränkt) hat der fehlende Vorsteuerabzug aber oft eine erhebliche effektive Kostenbelastung zur Folge, etwa hinsichtlich der Transaktionskosten (Kosten für Investmentbanken, Rechtsanwälte, Steuerberater) beim Erwerb oder der Veräußerung von Beteiligungen oder hinsichtlich der Kosten für (sonstige) Rechts- oder Steuerberatung oder für die Prüfung des Jahresabschlusses. Holdinggesellschaften „kämpfen“ daher mit der Finanzverwaltung und vor Gericht häufig um ihre Unternehmereigenschaft. Mit der Möglichkeit, zu einer Tätigkeit als „geschäftsleitende Holding“ überzugehen, haben sie aber ein wichtiges Gestaltungsmittel in der Hand (s. dazu noch Rn 146 f). |
• | Weil das bloße Erwerben, Halten und Veräußern gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit ist, ist die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (Aktien, GmbH-Geschäftsanteilen, Anteilen an einer Personengesellschaft) regelmäßig ein nicht steuerbarer Umsatz. Mangels Steuerbarkeit kommt es auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr 8 lit. f) UStG (s. dazu Rn 492) häufig nicht an. |
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Erbringt ein Gesellschafter an „seine“ Gesellschaft Leistungen, kann er dies allerdings (losgelöst von seiner Gesellschafterstellung) als Unternehmer im Rahmen eines zuvor bestehenden oder mit der Leistungserbringung eröffneten Unternehmens tun. Zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern ist ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch möglich.[60] Die Gesellschafterstellung (nichtunternehmerischer Bereich) und die daneben ausgeübte Geschäftstätigkeit sind zu trennen.[61]
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Häufig betätigen sich Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer ihrer Gesellschaft. Dies kann zur Eigenschaft als Unternehmer führen, wenn selbstständiges Handeln und Handeln gegen Entgelt zu bejahen sind (s. dazu unten Rn 148 ff).
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Eine Holdinggesellschaft (s. dazu bereits Rn 144) ist – wie jeder andere Gesellschafter – nicht Unternehmer, wenn sie sich ganz auf das Erwerben und Halten von Beteiligungen an anderen Gesellschaften (einschließlich der Ausübung von Gesellschafterrechten) beschränkt – in diesem Fall ist auch von einer (reinen) „Finanzholding“ die Rede. Eine Finanzholding ist damit insbesondere nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
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Eine „geschäftsleitende Holding“ (auch als Führungsholding bezeichnet) ist dagegen Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuerrechts. Von einer geschäftsleitenden Holding ist die Rede, wenn eine Holding – über die Ausübung von Gesellschafterrechten hinaus – in die Geschäftsleitung ihrer Tochtergesellschaften eingreift, indem sie an diese insb. administrative und betriebswirtschaftliche