Handbuch des Strafrechts. Dennis Bock
StGB auch der Gewahrsam an beweglichen Sachen.[5] Das Vermögen als Ganzes wird durch § 242 StGB nicht (unmittelbar) geschützt, und es kommt demnach anders als etwa bei den §§ 253, 263, 266 StGB nicht auf eine (beabsichtigte) Entreicherung des Eigentümers oder eine (beabsichtigte) Bereicherung des Täters an. Grenzfragen des Anwendungsbereichs treten demnach insbesondere dort auf, wo der Schutz des Eigentums und der Schutz des Vermögens verschwimmen.[6]
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§ 242 StGB ist Grundtatbestand der Diebstahlsdelikte.[7] Er wird durch die §§ 244, 244a StGB qualifiziert; ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles und damit eine Strafzumessungsvorschrift stellt § 243 StGB dar. Als erfolgskupiertes Delikt setzt § 242 StGB im objektiven Tatbestand keine Zueignung, sondern nur eine „Zueignungsabsicht“ als überschießende Innentendenz voraus.[8] Damit ist er keine Qualifikation zu § 246 StGB. Im Grundsatz ist § 242 StGB ein Offizialdelikt; in den Fällen der §§ 247, 248a StGB ist ausnahmsweise ein Strafantrag erforderlich.
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Obwohl auch die §§ 249, 252 StGB jeweils die Merkmale des § 242 StGB enthalten, sind sie selbstständige Tatbestände, keine Diebstahlsqualifikationen: In § 249 StGB werden als selbstständigem (zweiaktigem) Delikt die objektiven und subjektiven Merkmale des Diebstahls miteingeschlossen und mit einer qualifizierten Nötigung verbunden.[9] Eine solche ist aber in der Regel noch nicht anzunehmen, wenn der Täter etwa durch schnelles oder listiges Zugreifen oder eine ruckartige Bewegung eine Unaufmerksamkeit beim Opfer ausnutzt, da in diesen Fällen nicht Kraft oder Zwang, sondern das Überraschungsmoment im Vordergrund steht und die Wegnahme bereits beendet ist, bevor das Opfer überhaupt Widerstand zu leisten im Stande ist.[10]
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Diebstahlsähnliche (selbstständige) Zueignungsdelikte sind die §§ 248b, 248c, 290 StGB. Das Erfordernis der Zueignung bzw. des Handelns in Zueignungsabsicht grenzt Diebstahl und Unterschlagung von der Sachbeschädigung und -entziehung (bei denen es an der Aneignungskomponente fehlt) und von der Gebrauchsanmaßung (bei der es an der Enteignungskomponente fehlt) ab. Hinsichtlich letztgenannter inkriminiert § 248b StGB in Abweichung von der sonst geltenden Straflosigkeit des „Gebrauchsdiebstahls“ (furtum usus) aufgrund eines bestehenden Rückführungswillens den Sonderfall des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen. Die in § 248c StGB unter Strafe gestellte Entziehung elektrischer Energie ist eine Straftat eigener Art, die darauf gründet, dass elektrischer Energie durch das Reichsgericht die Sacheigenschaft abgesprochen wurde.[11]
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Im Unterschied zum Diebstahl greift in Fällen des § 263 StGB als Selbstschädigungsdelikt der Täter nicht eigenmächtig in das Vermögen des Opfers hinein, sondern lässt sich den jeweiligen Vermögenswert mittels einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung (als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal) vom Opfer selbst „herausreichen“. Wie bei § 242 StGB wird bei § 263 StGB ebenfalls eine „überschießende Innentendenz“ gefordert. Dies besteht beim nicht auf die Verletzung fremden Eigentums gerichteten bzw. beschränkten Betrug nicht in einer Zueignungs-, sondern in der Bereicherungsabsicht.
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Die Pfandkehr (§ 289 StGB) schließlich stellt wie beim Diebstahl zwar ebenfalls die Wegnahme beweglicher Sachen (im Eigentümerinteresse) unter Strafe, knüpft aber nicht an die Fremdheit an, sondern betrifft Fälle, in denen die Wegnahme in rechtswidriger Absicht zum Nachteil eines gegenüber dem Eigentümer Berechtigten erfolgt. Die Vorschrift dient insofern nach überwiegender Ansicht nicht dem eigenständigen Schutz des Gewahrsams des Berechtigten, sondern nur dem Schutz einiger privater Pfand- und Sicherungsrechte bzw. ähnlicher Berechtigungen an der Sache.[12]
III. Historische Entwicklung
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§ 242 StGB bzw. § 246 StGB in der jeweils heute gültigen Fassung beruhen auf Art. 1 Nr. 48 bzw. Nr. 52 des 6. StrRG vom 26. Januar 1998,[13] durch welches auch die Qualifikationsvorschrift des § 244 StGB deutlich umgestaltet wurde. Seitdem wird auch die Drittzueignungsabsicht ausdrücklich erfasst, nachdem bis dahin die Fassung der Neubekanntmachung des RStGB vom 15. Mai 1871[14] über mehr als 100 Jahre inhaltlich unverändert geblieben war.[15] Hinsichtlich § 246 StGB wurde durch das 6. StrRG dessen Subsidiarität explizit angeordnet[16] und die veruntreuende Unterschlagung in einen eigenen Absatz ausgegliedert. Auf das frühere Merkmal „Besitz oder Gewahrsam“ wurde verzichtet, und es wird nunmehr auch hier die Drittzueignung erfasst. Die erfolgten Änderungen haben insoweit den Anwendungsbereich des Unterschlagungstatbestandes deutlich erweitert[17] und Strafbarkeitslücken geschlossen. Im Jahr 2017 wurde die Qualifikation des Wohnungseinbruchdiebstahls in dauerhaft genutzte Privatwohnungen zum Verbrechen hochgestuft.
8. Abschnitt: Schutz des Vermögens › § 29 Diebstahl und Unterschlagung › B. Kriminologische Befunde
B. Kriminologische Befunde
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Der Diebstahl ist ein Massendelikt, und die praktische Bedeutung der Diebstahlskriminalität (§§ 242–244 StGB) ist mit rund 35 % der im Jahr 2018 in Deutschland in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Straftaten (immer noch) enorm,[18] auch wenn die Anzahl der Diebstähle stetig rückläufig ist[19] und Verschiebungen hin zum Betrug erkennbar sind (die nicht zuletzt verschiedenen technischen Entwicklungen geschuldet sind[20]). Der Diebstahl ist die am häufigsten polizeilich registrierte Straftat, wenngleich Diebstahlskriminalität in manchen Bereichen eher verwaltet als im traditionellen Sinne bestraft wird.[21] Das Verhältnis von einfachem Diebstahl (19,5 %) und Diebstahl unter erschwerenden Umständen (15,5 %) ist vergleichsweise ausgewogen. Die Unterschlagung hat hingegen (auch ihrer Subsidiarität geschuldet) mit nur 2 % der gesamten registrierten Kriminalität eine deutlich geringere, aber immer noch nennenswerte, praktische Bedeutung.[22]
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Von den Diebstählen ohne erschwerende Umstände macht der einfache Ladendiebstahl etwa ein Drittel aus.[23] Bei einfachen Ladendiebstählen fällt der überwiegend sehr geringe Wert der gestohlenen Sachen auf. Zudem fällt ins Auge, dass sich beim Diebstahl ohne erschwerende Umstände, bei dem ja die eben genannten Ladendiebstähle mit ihren überwiegend geringen Schäden mit berücksichtigt sind, die Schadensfälle dennoch zu 47,4 % im Schadensbereich zwischen 50 und 500 Euro bewegen und damit sogar zu einem höheren Prozentsatz in diesem Schadensbereich vertreten sind als der Diebstahl unter erschwerenden Umständen, der hier 40,8 % ausmacht. Vergleicht man freilich den rechnerischen Durchschnittsschaden des Diebstahls ohne erschwerende Umstände mit dem der Unterschlagung, so ergibt sich, dass der Unterschlagungsschaden mit rund 2820 Euro knapp dem Sechsfachen des entsprechenden Wertes beim Diebstahl (ca. 500 Euro) entspricht.[24] Bei den erfassten Diebstählen unter erschwerenden Umständen kommt dem Einbruchsdiebstahl eine herausgehobene Rolle zu.[25] Jeweils etwa 5 % der gesamten gezählten Diebstähle entfallen auf den Diebstahl in/aus Kraftfahrzeugen und den Diebstahl von (abgeschlossenen) Fahrrädern.[26]
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Aussagen über den Umfang der „tatsächlichen“ Diebstahlskriminalität unter Einbeziehung des Dunkelfeldes sind kaum zu treffen. Sie hängen stark von der Anzeigebereitschaft der Verletzten ab, welche wiederum maßgeblich durch die Höhe des entstandenen Schadens beeinflusst sein dürfte. In die Rechtspflegestatistik gehen Diebstahlsdelikte, die nicht bereits nach §§ 153, 153a StPO eingestellt werden, sehr häufig über das Strafbefehlsverfahren ein, welches auch als Verurteilung gezählt wird. Dennoch liegt der Anteil der Verurteilungen wegen aller Diebstahlsdelikte (§§ 242–248c StGB) mit ca. 17 % aller Verurteilungen deutlich unter den entsprechenden