Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters in die bestehende Gesellschaft ist grundsätzlich das Mitwirken aller Gesellschafter erforderlich. Dies geschieht durch einen sog. Aufnahmevertrag, der zwischen den bisherigen Gesellschaftern und der als Gesellschafter eintretenden Person abgeschlossen wird (1. Möglichkeit).
Die häufig verwendete Formel von der „Übertragung eines Gesellschaftsanteils“ bedeutet bei der Personengesellschaft nur selten die Kombination von Ausscheiden eines Gesellschafters und Eintritt eines neuen Gesellschafters an die Stelle des Ausscheidenden. Gemeint ist in fast allen Fällen die rechtsgeschäftliche Übertragung der gesamten Gesellschafterstellung an einen bisher außenstehenden Dritten (2. Möglichkeit). Dazu reicht allein die Abtretung des Anteils gem. §§ 413, 398 BGB nicht aus. Das Verfügungsgeschäft der Anteilsübertragung zwischen Veräußerer und Erwerber bedarf grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter. Das ergibt sich schon aus dem höchstpersönlichen Charakter des Zusammenschlusses in der Gesellschaft. Eine Zustimmung genereller Art kann allerdings schon im Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Der Gesellschaftsvertrag kann auch durch eine eindeutig auf den Mitgliederwechsel bezogene Regelung vorsehen, dass eine Mehrheitsentscheidung für die Zustimmung genügt.
Wird ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen, so wird er mit dem Moment seines Eintritts in die Gesellschaft automatisch – durch „Abwachsung“ bei den Mitgesellschaftern – Mitberechtigter am Gesamthandsvermögen (s. Rn. 78).
2. Die Haftung des hinzutretenden Gesellschafters
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Das BGB hat die Frage, ob ein Gesellschafter, der in eine GbR eintritt, auch für die vor seinem Eintritt begründeten Gesellschaftsschulden (Altschulden) mit seinem Privatvermögen haftet, nicht geregelt. Nachdem der BGH[1] die akzessorische Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in Analogie zu § 128 HGB ausdrücklich anerkannt hatte, stellte sich die Frage, ob es im Hinblick auf die Haftung des eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten nicht konsequent wäre, den § 130 HGB ebenfalls analog auf die BGB-Gesellschaft anzuwenden; denn wenn die OHG-ähnliche Gesellschafterhaftung auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten soll, muss das auch für die beim Eintritt in eine BGB-Gesellschaft schon vorhandenen Gesellschaftsschulden gelten.
Beispiel:
Die aus A, B und C 2005 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat bei der X-Bank ein Darlehen aufgenommen. Von der Darlehenssumme in Höhe von 100.000 € sind 33.000 € zurückgezahlt, als D im Juli 2010 mit Zustimmung aller in die Gesellschaft aufgenommen wird. Wenn man eine analoge Anwendung des § 130 HGB bejaht, haftet D neben A, B und C entsprechend §§ 130, 128 HGB für die Rückzahlung der Darlehensrestsumme und etwaiger Zinsen.
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Nach der Rspr. des BGH[2] haftet der neu in eine schon bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintretende Gesellschafter grundsätzlich auch für die bereits vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die sog. Altverbindlichkeiten. Der BGH begründet das u. a. mit dem Akzessorietätsprinzip, also dem Grundsatz, dass der Gesellschafter stets so haftet wie die Gesellschaft selbst. Dies entspreche, so der BGH[3], sowohl dem Wesen der Personengesellschaft als auch – damit innerlich zusammenhängend – einer im Verkehrsschutzinteresse zu Ende gedachten Akzessorietät der Haftung.
Darüber hinaus begründet der BGH[4] seine Entscheidung mit dem allgemeinen Grundsatz des Personengesellschaftsrechts, wonach die persönliche Haftung aller Gesellschafter in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen entspricht, weil die Gesellschaft kein eigenes, zugunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt; ihr Gesellschaftsvermögen stehe dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage sei die persönliche Haftung der Gesellschafter nicht nur die alleinige Grundlage ihrer Wertschätzung und Kreditwürdigkeit; sie sei vielmehr das notwendige Gegenstück zu dem Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Deshalb könne die Rechtsordnung – so der BGH[5] – nicht bei einer Haftung nur der Altgesellschafter Halt machen, denn mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung erlange auch der neu eingetretene Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen wie die Altgesellschafter, was angesichts der Komplementarität von Entnahmefreiheit und persönlicher Haftung sinnvollerweise nur durch Einbeziehung der Neugesellschafter in dasselbe Haftungsregime, dem auch die Altgesellschafter unterliegen, kompensiert werden könne.
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Eintretender Gesellschafter i. S. des § 130 HGB (analog) ist auch der Erbe des durch Tod ausscheidenden Gesellschafters (dazu unten Rn. 154 f.).[6]
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Zunächst hatte der BGH[7] die Entscheidung darüber, ob der Grundsatz der persönlichen Haftung des eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten auch auf Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen Anwendung finden soll, weil diese, wie die Bestimmung des § 8 Abs. 2 PartGG zeige, eine Sonderstellung einnehmen, offen gelassen. Später hat das Gericht betont, die Haftungsprivilegierung sei im Falle der Partnerschaftsgesellschaft gesetzlich nur für diese Gesellschaftsform geschaffen worden; zudem werde im Gegenzug für dieses Haftungsprivileg die Publizität der Gesellschaftsverhältnisse verlangt (§§ 4 Abs. 1, 7 Abs. 1 PartGG).[8] Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen für eine Analogie fehlen dürften, gilt auch hier, dass die Privilegierung eines Berufsstandes mit Mitteln des Gesellschaftsrechts unzulässig ist. Demnach haften in entsprechender Anwendung des § 130 HGB diejenigen, die in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintreten, auch für die Altverbindlichkeiten.
Beispiel:
Anwalt S tritt zum 1. Januar 2015 in die seit 1980 bestehende Anwaltssozietät (BGB-Gesellschaft) ein, der u. a. die Anwälte A, B und C als Gesellschafter angehören. Anwalt B, der den Mandanten M betreut, hat im Mai 2014 eine Verjährungsfrist übersehen. Dadurch ist M ein Schaden in Höhe von 12.000 € entstanden, den er nun gegen die Gesellschaft und die Gesellschafter geltend macht. Nach § 280 BGB und §§ 128, 130 HGB analog haftet auch S für diese vor seinem Eintritt in die Gesellschaft entstandene Verbindlichkeit.
3. Die Vererbung der Gesellschafterstellung
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Gem. § 727 BGB ist der Tod eines Gesellschafters ein Auflösungsgrund. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die Gesellschaft unter den Überlebenden fortgesetzt wird. Im Gesetz ist die Erbfolge in Beteiligungen an Personengesellschaften nicht besonders geregelt. Das Erbrecht des BGB erfasst die gesamte „Erbschaft“ einer Person; besondere gesetzliche Anordnungen für Unternehmen oder die Beteiligung an einem unternehmerisch genutzten Vermögen in Gestalt eines „Unternehmenserbrechts“ sind nicht getroffen. Ob jemand Erbe eines verstorbenen Gesellschafters ist, ist ausschließlich nach Erbrecht zu bestimmen. Ob der Erbe allerdings Gesellschafter wird oder werden kann, ist in erster Linie nach Gesellschaftsrecht, insbesondere nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages zu bestimmen. Voraussetzungen dafür, dass ein oder mehrere Erben für den durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafter in die Gesellschaft nachrücken können, sind: Erbenstellung und eine entsprechende Fortsetzungs- bzw. Nachfolgeregelung im Gesellschaftsvertrag.
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Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus und sieht der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit allen oder einem Teil der Erben des verstorbenen Gesellschafters vor, so treten der oder die Erben an die Stelle des Gesellschafters.