Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Erben eines Gesellschafters auf folgende Arten in die Gesellschafterstellung des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters nachrücken können:
– | durch Erbenstellung und kraft Eintrittsklausel im Gesellschaftsvertrag, verbunden mit einer Eintrittserklärung des Erben oder einem Beschluss der Gesellschafter, oder |
– | kraft Erbenstellung und Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag (automatisch). |
Tritt durch Erbfolge oder Aufnahmevertrag ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft ein, wird er Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft. Die Identität der Gesellschaft bleibt erhalten. Das bedeutet: Der neue Gesellschafter tritt mit allen Rechten und Pflichten, die die übrigen Gesellschafter bereits haben, in die bestehende Gesellschaft ein. Das hat u. a. zur Folge, dass der Erbe eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts analog § 130 HGB für die Altschulden der Gesellschaft haftet.[9]
Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 7 Gesellschafterwechsel › III. Das Ausscheiden von Gesellschaftern
1. Die Gründe für das Ausscheiden
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Ein Gesellschafter kann außer durch Tod freiwillig aus der Gesellschaft ausscheiden oder zum Ausscheiden gezwungen werden.
a) Die Kündigung des ausscheidenden Gesellschafters
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Wenn eine Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist, so kann jeder Gesellschafter sie nach § 723 Abs. 1 S. 1 BGB jederzeit, d. h. fristlos, kündigen. Gekündigt wird nicht die Mitgliedschaft in der Gesellschaft, sondern die Mitgliedschaft selbst. Die Kündigung führt zur Auflösung der Gesellschaft mit nachfolgender Liquidation (dazu unten Rn. 173 ff.).
Unter bestimmter Zeit im Sinne dieser Vorschrift ist eine Frist zu verstehen, die gleichzeitig Höchst- und Mindestdauer sein soll. Wenn die vereinbarte Zeit eine Höchstdauer ist, so ist die Kündigung vorher zulässig. Ist die Zeit eine Mindestdauer, so ist die Kündigung bis zum Ablauf der Frist ausgeschlossen.
Der Wirksamkeit der Kündigung kann allenfalls entgegenstehen, dass sie zur Unzeit erfolgte (§ 723 Abs. 2 BGB). Unzeitig ist die Kündigung, wenn sie zu diesem Zeitpunkt die gemeinschaftlichen Interessen der Gesellschafter verletzt[10]. Die Kündigung ist nicht unzeitig, wenn ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt.
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Ein wichtiger Grund i. S. d. § 723 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn dem kündigenden Gesellschafter bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Als wichtige Gründe kommen vor allem in Betracht die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses im geschäftlichen Bereich und schwerwiegende Treuepflichtverstöße. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses als Auflösungsgrund wiegt besonders schwer, wenn sie schuldhaft herbeigeführt worden ist[11]. Auch das außergeschäftliche Verhalten kann, soweit es Rückwirkungen auf die Gesellschaftssphäre hat, berücksichtigt werden.
b) Das Ausscheiden durch Abschluss eines Ausscheidensvertrag
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Das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern ist im Gesetz nicht geregelt. Die Zulässigkeit ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Eine Vereinbarung dieser Art dient meist der Vermeidung oder der Beilegung von Streitigkeiten unter den Gesellschaftern, insbesondere der Abwendung eines Ausschließungsverfahrens[12].
Grundsätzlich können also mit Zustimmung aller Gesellschafter einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden oder neue Gesellschafter aufgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Initiative vom Ausscheidenden ausgeht oder diejenigen Gesellschafter, welche die Gesellschaft fortsetzen möchten, denjenigen, der ausscheiden soll, eben darum bitten oder dazu drängen. Entscheidend ist, dass alle Gesellschafter der Änderung des Gesellschaftsvertrages zustimmen, die das Ausscheiden des einen Gesellschafters zur Folge hat.
c) Die Hinauskündigung eines Gesellschafters
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Aus § 737 BGB ergibt sich, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Hinauskündigung eines Gesellschafters möglich ist. Ein solches Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern zu, wenn in der Person des Gesellschafters, der ausgeschlossen werden soll, ein wichtiger – sachlicher – Grund im Sinne des § 723 Abs. 1 BGB vorliegt[13]. Der wichtige Grund muss sich auf solche Umstände in der Person des Gesellschafters beziehen, welche die Fortsetzung der Gesellschafter mit ihm für die übrigen Gesellschafter unzumutbar machen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern zerstört ist oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.[14]
Beispiel:
A, B, C und D sind Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft. Ohne Wissen der anderen Gesellschafter hat C mehrere Male Geld vom Gesellschaftskonto abgehoben, um private Spielschulden zu begleichen. Trotz einer entsprechenden Verwarnung der anderen Gesellschafter hebt C erneut 5.500 € vom Gesellschaftskonto ab, um private Schulden zu tilgen. Das Handeln des C hat das Vertrauensverhältnis zu den Mitgesellschaftern nachhaltig zerstört. Es liegt also ein wichtiger Grund i. S. der §§ 737, 723 Abs. 1 BGB vor, der zum Ausschluss des C berechtigt.
Die Ausschließung eines Gesellschafters muss stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das äußerste Mittel darstellen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.[15]
Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass in den Gesellschaftsvertrag Gründe aufgenommen werden können, die das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Folge haben sollen. Nach dem Wortlaut des § 737 BGB ist eine Ausschließung aus wichtigem – sachlichen – Grund allerdings nur dann zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthält, die sich auf den Kündigungsfall bezieht.
Bei einer nur aus zwei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft (zweigliedrige Gesellschaft) ist die Ausschließung eines Gesellschafters unter dem Fortbestand der Gesellschaft grundsätzlich nicht möglich, da § 737 BGB, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, nicht anwendbar ist.[16] In diesem Falle hilft jedoch eine mögliche Übernahme- oder Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, nach der ein Gesellschafter das Unternehmen allein fortführt, was im praktischen Ergebnis dem Ausschluss gleichkommt.[17]
Eine Störung der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB kann im Personengesellschaftsrecht nicht zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausschluss eines Gesellschafters führen. Sie kann allenfalls zur Anpassung des Gesellschaftsvertrages zwingen, vorausgesetzt eine ergänzende Auslegung des Vertrages ist nicht möglich.[18]
a) Überblick
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In Bezug auf das Innenverhältnis verliert der ausscheidende Gesellschafter seine Gesellschafterstellung. Die Mitgliedschaftsrechte und -pflichten erlöschen. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu (§ 738 Abs. 1 BGB). Mit seinem Ausscheiden verliert der Gesellschafter