Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
ohne weiteres auf den Gründungsvertrag angewandt werden. So können z. B. Vereinsmitglieder ihre Willenserklärungen, die sie beim Zustandekommen des Gründungsvertrages abgegeben haben, zwar anfechten, die Anfechtung wirkt aber nicht in der Weise, dass der gesamte Vertrag dadurch vernichtet wird. Nichtigkeitsgründe, die mit der Beitrittserklärung eines Mitgliedes verbunden sind, wie auch Anfechtungserklärungen der Gründer wirken stets nur für die Zukunft, führen also nicht zur rückwirkenden Auflösung des Vereins oder zum rückwirkenden Ausscheiden eines Gründers.
Beispiel:
Vereinsgründer A ist vor Abschluss des Gründungsvertrages arglistig getäuscht worden. Die abgegebene Anfechtungserklärung wirkt, nachdem der Verein ins Leben gerufen ist, nur noch für die Zukunft. Ob die erfolgreiche Anfechtung lediglich zum Ausscheiden des betreffenden Mitgliedes oder zur Auflösung des Vereines für die Zukunft führt, ist im Zweifel gem. § 139 BGB zu entscheiden.
Entstanden ist der Verein mit dem Abschluss des Gründungsvertrages und dem Inkrafttreten der Satzung.
2. Die Erlangung der Rechtsfähigkeit
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Volle Rechtsfähigkeit erlangt der Verein mit der Eintragung in das Vereinsregister durch das Registergericht. Diese Eintragung darf nur erfolgen, wenn bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen:
– | die Gründung des Vereins in der oben dargestellten Art und Weise; |
– | die Bestellung eines Vorstandes für den Verein (§§ 26, 59 BGB); |
– | die Anmeldung des Vereins beim Registergericht (zuständiges Amtsgericht) durch den Vereinsvorstand mit öffentlich beglaubigter Erklärung (§ 77 BGB); |
– | die Beifügung der Satzung in Urschrift und Abschrift, die Namen, Zweck und Sitz des Vereins enthalten muss, und die Beifügung der Niederschrift über die Bestellung des Vorstandes (§ 59 Abs. 2 BGB). |
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Darüber hinaus sollen folgende Voraussetzungen vorliegen: Mindestens 7 Gründer sollen vorhanden sein (§ 56 BGB) und die Satzung unterschrieben haben (§ 59 Abs. 3 BGB), die den in § 58 BGB aufgeführten Mindestinhalt haben soll. Das Registergericht prüft nach, ob der Verein nach den oben aufgeführten Kriterien eintragungsfähig ist. Es überprüft dabei auch, ob der Gründungsvertrag mit dem Gesetz und den guten Sitten vereinbar ist (§§ 134, 138 BGB). Gibt es keinen Grund zur Beanstandung, muss das Amtsgericht die Anmeldung der dafür zuständigen Landesbehörde – die Zuständigkeit ist nach Landesrecht geregelt – mitteilen.
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Das deutsche Recht enthält keine Regelung darüber, dass ein rechtsfähiger Verein mit ausländischem Vereinsstatut und Sitz im Ausland, der diesen nach Deutschland verlegt, seine in dem ausländischen Staat erworbene Rechtspersönlichkeit hier fortsetzen kann. Mit anderen Worten, das deutsche Recht enthält keine Regelung über die grenzüberschreitende Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes ins Inland. Nach deutschem Rechtsverständnis stellt sich die „Einwanderung“ des ausländischen Vereins nicht als ein rein tatsächlicher Vorgang dar, sondern als ein Rechtsakt, der die zukünftige Zugehörigkeit des Vereins zur Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland begründet. Deshalb wird zur Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins in Deutschland dessen Neugründung nach dem Recht des BGB und die anschließende Eintragung in das Vereinsregister (§ 21 BGB) oder die Konzessionierung (§ 22 BGB) verlangt[1].
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Der reine Idealverein kann sich auch nicht auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV (jetzt Art. 49, 54 AEU-Vertrag) berufen, da die sachliche Anwendbarkeit der sog. Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts eine ausgeübte Tätigkeit zum Wirtschaftsleben voraussetzt. Der Idealverein ist eben kein kommerzielles Unternehmen, es sei denn, er beschafft sich die für die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke benötigten Mittel durch wirtschaftliche Aktivitäten, die entgeltlich erbracht werden, und jedenfalls mittelbar einem Erwerbszweck dienen[2].
Teil III Die juristischen Personen des BGB: Eingetragener Verein und rechtsfähige Stiftung › § 11 Gründung und Verfassung des Vereins › II. Die Verfassung des rechtsfähigen Vereins
1. Begriff und Inhalt der Verfassung des Vereins
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Als die Verfassung des Vereins ist die Summe der Regelungen zu verstehen, die den inneren Aufbau und das innere Verbandsleben – die Mitgliedschaft, das Verhältnis der Organe zueinander, die Auflösung, das Schicksal des Vermögens bei der Beendigung – sowie die äußere Gestaltung – wie Zweck, Name, Sitz des Vereins sowie die Vertretung – enthält.
Die Verfassung setzt sich zusammen:
– | aus den zwingenden Vorschriften des BGB über den Verein, |
– | aus der Satzung |
– | und aus den dispositiven Vorschriften des BGB, soweit die Satzung keine Bestimmungen trifft, die diese ersetzen. |
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Für den bürgerlich-rechtlichen Verein gilt der Grundsatz der Vereinsautonomie, der aus der Erlaubnis in § 40 BGB abgeleitet wird[3]. Über den Inhalt der Vereinsautonomie besteht weitgehend Einigkeit: Sie ist die Befugnis der Verbände, ihre Struktur und ihre inneren Verhältnisse selbst zu gestalten; notwendiger Bestandteil ist die Satzungsautonomie, die durch die Mitgliederversammlung ausgeübt wird[4].
Letztlich werden dem Grundsatz der Vereinsautonomie zwei verschiedene, voneinander zu trennende Bedeutungen zugemessen:
– | Der Verein soll die Freiheit genießen, seine eigenen Angelegenheiten unabhängig, d. h. ohne Fremdeinfluss, bestimmen zu können („Selbstbestimmungsrecht“). |
– | Für die Ausübung dieser Freiheit soll, von zulässigen Delegationsmöglichkeiten abgesehen, die Mitgliederversammlung zwingend zuständig sein (Gebot der „Letztzuständigkeit der Mitgliederversammlung“)[5]. |
Zwingende Vorschriften, die durch die Satzung weder ersetzt noch abgeändert werden können, sind: §§ 26, 27 Abs. 2, 28 Abs. 2, 29, 30, 31, 34, 35, 36, 37, 39, 41 BGB (s. § 40 BGB).
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Soweit die Bestimmungen des Vereinsrechts dispositiv sind, können die Mitglieder eines Vereins sich grundsätzlich jede von ihnen gewünschte Ordnung geben. Diese Gestaltungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo die Privatautonomie allgemein endet; diese Grenzen ergeben sich insbesondere aus den §§ 134, 138, 242 und 826 BGB. Die Grenze des Erlaubten ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Satzung den Verein so stark unter fremden Einfluss bringt, dass er zu einer eigenen selbstständigen Willensbildung nicht mehr in der Lage ist[6].