Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg. Uwe Umbach
und Juniordozenten (§ 51a LHG). Die verschiedenen Gruppen wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrkräfte für besondere Aufgaben u.a. sind seither unter dem Dachbegriff der „Akademischen Mitarbeiter“ zusammengefasst (§ 52 LHG).
28
Später[32] kamen als weitere Personalkategorien die Tenure-Teck-Professur und die Tenure-Track-Dozentur hinzu (§ 51b LHG). Dabei handelt es sich um Funktionen, bei denen bereits im Rahmen der Besetzung der dafür erforderlichen Qualifikationsstelle (Juniorprofessur oder Juniordozentur) eine bewährungsbedingte Zusage für eine spätere Übernahme auf eine Professur bzw. Dozentur gemacht wird. Dies setzt freilich voraus, dass das Verfahren zur Besetzung der Qualifikationsstelle schon das dann später entbehrliche Berufungsverfahren vorwegnimmt und sich deshalb an den dafür geltenden Vorgaben orientiert.
Einführung › II. Ausschöpfung der Landeshoheit nach der Föderalismusreform › 3. Schaffung einer neuen Hochschulart: Duale Hochschule Baden-Württemberg
3. Schaffung einer neuen Hochschulart: Duale Hochschule Baden-Württemberg
29
Durch die Föderalismusreform ist die Verbindlichkeit des vom HRG vorgegebenen Hochschulbegriffs gefallen. Dies hat es dem baden-württembergischen Gesetzgeber ermöglicht, im ZHFRUG 2009 einen neuen Hochschultypus zu schaffen und damit die erfolgreiche (1974 gegründete) Berufsakademie unter Wahrung wesentlicher Strukturmerkmale, die in der Dualität dieser Studien- und Ausbildungsform wurzeln, in eine Duale Hochschule mit eigener Rechtspersönlichkeit umzuwandeln. Vorbild für die Konstruktion der DHBW ist das US-amerikanische State University System, das auf einer Trennung von zentraler und örtlicher Ebene basiert; danach sind die örtlichen Studienakademien unselbstständige Standorte unter dem Dach der zentralen Gesamtinstitution.[33] Um den Hochschulstatus materiell zu unterlegen, erhielt die DHBW einen profilentsprechenden Forschungsauftrag (kooperative Forschung, § 2 I 3 Nr. 5 LHG). Die traditionell starke Rolle der Ausbildungsbetriebe wurde in eine mitgliedschaftliche Stellung überführt und gesichert (§§ 9 I 6, 65c II LHG). Im Übrigen wurde die DHBW soweit als möglich nach unmittelbar hochschulischen Prinzipien aufgestellt, wozu eine deutlich größere Autonomie im Verhältnis zum Ministerium,[34] die Umstellung des Lehrkörpers von der A- auf die W-Besoldung (§ 10 DH-ErrichtG) oder die Verleihung von originär akademischen Hochschulgraden anstatt namensgleicher staatlicher Abschlussbezeichnungen zählen.
Einführung › II. Ausschöpfung der Landeshoheit nach der Föderalismusreform › 4. Fusion von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe zum KIT
4. Fusion von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe zum KIT
30
Einer der strukturellen Wettbewerbsnachteile deutscher Universitäten gegenüber ausländischen Spitzeneinrichtungen wie z.B. ETH Zürich, Oxford oder Stanford und Yale wird in der in Deutschland getrennten Finanzierung der Hochschulen durch die Länder einerseits und der außeruniversitären Großforschung überwiegend durch den Bund andererseits gesehen, was sich in einer institutionellen Zerklüftung niederschlägt (sog. Versäulung). Mit der Zusammenführung der vom Land Baden-Württemberg getragenen Universität Karlsruhe und dem ganz überwiegend bundesfinanzierten[35] und der Helmholtz-Gemeinschaft zugehörigen Forschungszentrum Karlsruhe GmbH zum „Karlsruher Institut für Technologie“ (KIT) – dessen Namensähnlichkeit mit dem MIT in Boston/Massachusetts keineswegs zufällig ist – haben der Bund und ein Land einen bislang einmaligen (körperschaftsübergreifenden) Versuch der Durchbrechung dieser Versäulung unternommen. Rechtsgrundlagen dieses Unterfangens sind einerseits das KIT-Zusammenführungsgesetz des Landes[36] sowie andererseits die Verwaltungsvereinbarung von Bund und Land Baden-Württemberg v. 30.7.2009, in der die Mitfinanzierung des Bundes und seine Stellung im KIT-Aufsichtsrat geregelt sind.[37] Freilich bleiben bis heute die beiden Hauptaufgaben des KIT jeweils den für sie geltenden – unterschiedlichen – Rechtsregimes unterworfen: Für die Aufgaben als Universität gilt das LHG, während für die Großforschungsaufgaben Art. 91b GG und das GWK-Abkommen maßgeblich sind.[38]
Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung
III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung
Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung › 1. Feinjustierung durch Re-Akademisierung
1. Feinjustierung durch Re-Akademisierung
31
Die in den 1990er und 2000er Jahren betriebene Reformpolitik stand stets in der Kritik einer Ökonomisierung der Hochschulen. So richtig es ist, dass Hochschulen sich auf dem internationalen und nationalen Markt behaupten müssen, dass sie um Forschungsmittel, gute Professoren und Studierende konkurrieren müssen und dafür entsprechend bewegungs- und handlungsfähig sein müssen, so wenig ändert sich daran, dass Hochschulen kulturelle und intellektuelle Kristallisationspunkte der Gesellschaft sind, dass Lehre und Forschung und deren Ergebnisse keine Handelsgüter sind und dass die der Wissenschaft immanente Kreativität weder hierarchisch verordnet noch in stereotype Arbeitszeitmodelle eingepasst werden kann. Der Wert und die Kraft eines wissenschaftlichen Arguments kann nicht von seiner zeitgeistigen Gängigkeit abhängen, weshalb die Hochschulen nicht einem freien Marktgeschehen überlassen bleiben können, um z.B. kleine Fächer zu erhalten, wichtige Grundlagenforschung abseits der großen Scheinwerfer zu ermöglichen und das Recht auf Irrtum als Lebenselixier wissenschaftlicher Wahrheitssuche zu schützen.[39]
32
Insofern erstaunt es nicht, dass manche Reformmaßnahmen bei rückblickender Betrachtung zu wenig auf die Besonderheiten von Wissenschaft und Hochschulen Rücksicht genommen haben, und das Gesetzgebungspendel nach eineinhalb Jahrzehnten weitreichender Reformpolitik wieder ein wenig im Sinne einer Re-Akademisierung zurückgeschwungen ist. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die baden-württembergische Hochschulpolitik, die seit 2011 unter parteipolitisch veränderten Vorzeichen steht, sondern auch für die Vorgaben des BVerfG gegenüber dem Hochschulgesetzgeber.
33
Ausgehend vom sog. Hochschulurteil aus dem Jahr 1973 hat das BVerfG im Hochschulorganisationsrecht zunächst eine sehr liberale Linie verfolgt und betont, dass die Wissenschaftsfreiheit keine bestimmten Vorgaben für die Binnenorganisation von Hochschulen mache, solange diese eine freie und ungefährdete Wissenschaft ermöglicht. Die nähere Ausgestaltung obliege der Disposition des Gesetzgebers. Insbesondere wurde anerkannt, dass der Gesetzgeber auch andere schutzwürdige Interessen und Bedürfnisse neben der Wissenschaftsfreiheit zu beachten habe, namentlich das Ausbildungsgrundrecht der Studierenden und die Funktion von Hochschulen als Lehranstalten.[40] Diese Linie wurde in Folgeentscheidungen wie in dem Beschluss zum NRW-Hochschulgesetz von 1995 und in der Brandenburg-Entscheidung von 2004 weiter ausbuchstabiert und vertieft. So wurde dem Gesetzgeber 1995 ausdrücklich ein weitreichendes Organisationsermessen zugestanden, soweit der Kernbereich der wissenschaftlichen Tätigkeit dem einzelnen Grundrechtsträger verbleibt. Die Wissenschaftsfreiheit gewähre „dem einzelnen Hochschullehrer keine unbeschränkte Teilhabe an der Leitung der Wissenschaftseinrichtung“, weshalb ein starkes monokratisches Element in der Fakultätsleitung „nicht von vornherein mit Art. 5 Abs. 3 GG unvereinbar“ sei.[41] Diesen Gedanken hat das BVerfG 2004 weiter unterstrichen, solange keine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit davon ausgeht. Hierfür sei „das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge mit seinen unterschiedlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten in den Blick zu nehmen“. Dem Gesetzgeber wurde nicht nur