Handbuch des Strafrechts. Jan C. Joerden

Handbuch des Strafrechts - Jan C. Joerden


Скачать книгу
stützte sich die Große Kammer maßgeblich auf die internationalen Entwicklungen in Bezug auf das Milderungsgebot, die seit der Entscheidung der EKMR in der Rechtssache „X/Deutschland“[232] stattgefunden haben. Das gelte insbesondere für das Inkrafttreten der Amerikanischen Menschenrechtskonvention, die in Art. 9 die rückwirkende Anwendung eines nach der Tat ergangenen milderen Gesetzes garantiert. Zu erwähnen sei weiter „die Europäische Menschenrechtserklärung, die in Art. 49 I im Wortlaut von Art. 7 EMRK abweicht, und das kann nur bewusst geschehen sein (s. mutatis mutandis EGMR, Slg. 2002-VI Nr. 100 = NJW-RR 2004, 289 = FPR 2004, 275 L – Christine Goodwin/Vereinigtes Königreich), und bestimmt: ,Wird nach Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe angedroht, so ist diese zu verhängen.‘“ Schließlich habe der EuGH im Fall Berlusconi[233] ausgesprochen, dieser Grundsatz sei Teil der gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten. Auch der französische Kassationshof habe diesen Grundsätzen im Urteil vom 19. September 2007 (06–85899) zugestimmt. Schließlich sei die Anwendung des milderen Gesetzes im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs bestimmt und in der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien bekräftigt. Aus diesen Gründen sei anzunehmen, dass sich in den letzten 40 Jahren in Europa und allgemein international ein Konsens entwickelt habe, dass es ein Grundsatz des Strafrechts ist, das mildere Strafgesetz anzuwenden, auch wenn es nach der strafbaren Handlung in Kraft getreten ist.[234]

      91

      92

      93

      94

      95

      96

      97


Скачать книгу