Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht. Peter Behrens

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht - Peter Behrens


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der Strategien für die Vermeidung unerwünschter Externalitäten sowie der sonstigen Wirkungszusammenhänge erforderlich; in subjektiver Hinsicht geht es um die Klärung der unternehmerischen Absichten und Handlungsmotive. Dabei sind gewisse durch Erfahrung gestützte Wahrscheinlichkeitsurteile unvermeidlich. Entscheidend ist, dass die Schlussfolgerungen bezüglich bestimmter Wirkungszusammenhänge nicht den ökonomischen Erkenntnissen widersprechen. In diesem Sinne ist die ökonomische Analyse aber immer schon Bestandteil der wettbewerbspolitischen und wettbewerbsrechtlichen Praxis gewesen.[67] Es geht heute lediglich um ihre Fortentwicklung im Licht neuerer ökonomischer Erkenntnisse.

      Literatur:

      Hellwig Effizienz oder Wettbewerbsfreiheit? Zur normativen Grundlegung der Wettbewerbspolitik, in: Engel/Möschel (Hrsg.) Recht und spontane Ordnung, Festschrift für Mestmäcker (2006) 231; Ders. Wirtschaftspolitik als Rechtsanwendung: Zum Verhältnis von Jurisprudenz und Ökonomie in der Wettbewerbspolitik, Walter-Adolf-Jöhr-Vorlesung 2007 an der Universität St. Gallen, Reprints of the Max Planck Institute for Research on Collective Goods, Bonn 2007/19; Mestmäcker 50 Jahre GWB: Die Erfolgsgeschichte eines unvollkommenen Gesetzes, WuW 2008, 6; Fuchs Neue Entwicklungen beim Konzept der Wettbewerbsbeschränkung in Art. 81 Abs. 1 EG, ZWeR 2007, 369; Ders. Effizienzorientierung im Wettbewerbs- und Kartellrecht? in: Fleischer/Zimmer (Hrsg.) „Effizienz“ als Regelungsziel im Handels- und Wirtschaftsrecht (2008) 69; Eilmansberger Verbraucherwohlfahrt, Effizienzen und ökonomische Analyse – Neue Paradigmen im europäischen Kartellrecht? ZWeR 2009, 437; Drexl Wettbewerbsverfassung, in: Bogdandy/Bast (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht: Theoretische und dogmatische Grundzüge (2. Aufl. 2009) 905; Schmidt/Wohlgemuth Das Wettbewerbskonzept der EU aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften: Wie ökonomisch ist der „more economic approach“? in: Blanke/Scherzberg/Wegner (Hrsg.) Dimensionen des Wettbewerbs (2010) 51; Mestmäcker/Schweitzer Europäisches Wettbewerbsrecht (3. Aufl. 2014) § 3: Wettbewerb der Unternehmen, 63.

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      Über die rechtliche Maßgeblichkeit der unterschiedlichen wettbewerbstheoretischen und -politischen Kriterien zur Beurteilung von unternehmerischen Wettbewerbsbeschränkungen entscheiden ausschließlich die geltenden Wettbewerbsregeln. Ökonomische Einsichten in die für Wettbewerbsmärkte charakteristischen Zusammenhänge zwischen Marktverhalten, Marktstruktur und Marktergebnis sind für die Rechtsanwendung nur in dem Maße relevant, wie sie im Wettbewerbsrecht auch normative Geltung erlangt haben. Die Wettbewerbsregeln erfassen nicht jede beliebige Beschränkung des Wettbewerbs, sondern nur solche, die durch rechtlich definierte Formen des Verhaltens von Marktteilnehmern herbeigeführt werden. Nun handelt es sich bei den Wettbewerbsregeln – gleichviel ob es um das Kartellverbot, das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder um die Kontrollmaßstäbe für Unternehmenszusammenschlüsse geht – um Generalklauseln, die in hohem Maße konkretisierungsbedürftig sind. Dies bedeutet, dass im Prinzip durchaus unterschiedliche Ansätze zur wettbewerblichen Beurteilung unternehmerischen Verhaltens von den Wettbewerbsregeln gedeckt sein können; aber es gibt Grenzen.

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      Dem wird im Wettbewerbsrecht durch zwei unterschiedliche Regelungsansätze Rechnung getragen. Es gibt zum einen sog. „per se“-Regeln, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein bestimmtes wegen seines wettbewerbsrelevanten Bezugspunktes generell als wettbewerbswidrig anzusehendes Verhalten tatbestandlich eindeutig und abschließend umschrieben wird. Für die Feststellung der Wettbewerbswidrigkeit im Einzelfall genügt dann die bloße Feststellung, dass das fragliche Marktverhalten „formal“ die Charakteristika aufweist, die tatbestandlich definiert sind. Auf eine Analyse der konkreten Auswirkungen des Verhaltens im Einzelfall kommt es dann nicht mehr an. Es handelt sich vor allem um Fälle, in denen es um die Beschränkung


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