Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach

Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1 - Reinhart Maurach


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30 f.

      4. Der infolge Kunstfehlers verunglückte Eingriff

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      Hier besteht im Wesentlichen Einigkeit. Tatbestand und Rechtswidrigkeit stehen außer Zweifel. Die Möglichkeit einer Bestrafung wegen bedingt vorsätzlicher Körperverletzung hängt von der Willenseinstellung zum Erfolg, die Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung davon ab, ob der Behandelnde die ihm individuell mögliche Sorgfalt eingehalten oder außer Acht gelassen hat. Dies ist eine nicht nur von den persönlichen Fähigkeiten, sondern auch von den begleitenden Umständen (z.B. bei einer dringenden Operation durch einen Nichtfacharzt ohne klinische Hilfsmittel) abhängende Tatfrage (näher o. § 3 Rn. 8).

      Anmerkungen

       [63]

      Zusammenfassend Farthmann bei Jung/Schreiber aaO 131.

      5. Medizinische Eingriffe außerhalb des eigentlichen Heilzweckes

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      a) Prophylaktische Eingriffe bringen nicht unmittelbar eine Besserung des relativen Gesamtzustands und können daher nicht aus dem Tatbestand der Körperverletzung herausgenommen werden. Das gleiche gilt für diagnostische Eingriffe, sofern sie nicht lediglich die Richtung eines in jedem Fall gebotenen Eingriffs festlegen. Auch die Anforderungen an die Aufklärungspflicht sind hier besonders streng (BGHZ NJW 71, 1887, 1888).

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      b) Rein kosmetische Eingriffe können, da sie nicht zur Verbesserung der Gesundheit dienen und angesichts der Relativität der Schönheit, nur unter dem Gesichtspunkt der Einwilligung nach besonders gründlicher Aufklärung (Bockelmann 59; Engisch bei Engisch/Hallermann 35; Sternberg-Lieben S/S § 223 50b; Grünewald LK § 228 27; OLG Düsseldorf NJW 63, 1679 m. Anm. Barnikel 2374) gerechtfertigt werden. Als Heileingriffe anzusehen sind dagegen kosmetische Eingriffe, die pathologische Auswirkungen beseitigen sollen.

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      d) Die Verabreichung von Betäubungsmitteln und suchtfördernden Arzneimitteln ist eine Körperverletzung, da sie einen pathologischen Zustand und überdies eine Sucht herbeiführt. Eine Einwilligung setzt eine Aufklärung über diese Wirkungen voraus; eine Einwilligungsfähigkeit wird bei Abhängigkeit häufig nicht gegeben sein (OLG Frankfurt a.M. NJW 91, 763). Bei Verschreibung wird dementsprechend eine mittelbare Täterschaft durch ein steuerungsunfähiges Werkzeug gegeben sein.

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      Schrifttum:

      Bottke, Doping als Straftat?, FS Kohlmann 2003, 85; Karakaya, Doping und Unterlassen als strafb. Körperverletzung?, 2004; Kohlhaas, Das Doping aus rechtlicher Sicht, in Schroeder/Kauffmann, Sport und Recht, 1972, 48; König, Dopingbekämpfung mit strafbaren Mitteln, JA 07, 573; A. Müller, Doping im Sport als strafbare Gesundheitsbeschädigung (§§ 223 Abs. 1, 230 StGB)?, 1993; Schild, Doping in strafrechtlicher Sicht, in: Schild (Hrsg.), Rechtliche Fragen des Dopings, 1986, 13; Schild, Sportstrafrecht, 2002, 133 ff.

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      f) Besondere Probleme bietet die Beseitigung der Fortpflanzungsfähigkeit, soweit sie nicht einen medizinisch indizierten Heileingriff darstellt (insbesondere bei Krebs) und damit den o. 1–4 entwickelten Regeln unterliegt. Dabei wird medizinisch zwischen der Kastration (Entfernung oder dauernde Funktionsstörung der Keimdrüsen) und der Sterilisation (Unfruchtbarmachung durch Unterbrechung der Verbindungsstränge zwischen den Keimdrüsen und den Zeugungs- bzw. Empfängnisorganen) unterschieden.

      Schrifttum: Bockelmann, Die derzeitige rechtliche Situation bei der Sterilisation, in: Kepp-Koester (Hrsg.), Empfängnisregelung und Gesellschaft, 1969; Engisch, Die Strafwürdigkeit der Unfruchtbarmachung


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