Ius Publicum Europaeum. Paul Craig
Privatautonomie. Da sie jedoch die Gleichordnung von Verwaltung und Bürger zum Ausdruck bringen und deren Rechte tendenziell weniger stark beeinträchtigen als einseitige Verwaltungsakte, werden sie vielfach als einer modernen Verwaltung besonders angemessen erachtet.
b) Privatrechtliche Verträge
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Wo die Verwaltung – wie in Deutschland, Polen oder der Schweiz – über die Wahl der Handlungsform grundsätzlich frei entscheiden kann, steht ihr auch ein privatrechtlicher Verwaltungsvertrag zur Verfügung.[217] Die Abgrenzung zu den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen richtet sich dann nach dem Vertragsgegenstand[218] oder danach, ob das zugrunde liegende Rechtsverhältnis durch öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten geprägt wird.
c) Vergaberecht
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Dass die Einordnung einzelner Vertragstypen vor diesem Hintergrund uneinheitlich ausfällt, zeigt insbesondere ein Blick auf das Vergaberecht. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts werden Verträge über die öffentliche Auftragsvergabe in Frankreich, aber auch in Griechenland, Italien, Portugal oder Spanien ausdifferenzierten Regelungen unterworfen, die insbesondere der Korruptionsvermeidung dienen sollen. Sie werden hier mitunter geradezu als Prototyp eines öffentlich-rechtlichen Vertrags eingestuft.[219] Das hatte maßgeblichen Einfluss auf die unionsrechtliche Ausgestaltung des Vergaberechts.[220]
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In Deutschland wird das Vergaberecht nach wie vor dem Privatrecht zugeordnet und seine öffentlich-rechtliche Überformung nur widerwillig akzeptiert.[221] Erst nach jahrzehntelangen Debatten hat der Gesetzgeber hier die Oberlandesgerichte für die gerichtliche Überprüfung von Auftragsvergaben oberhalb der sogenannten Schwellenwerte für zuständig erklärt (§§ 97ff. GWB).[222]
3. Pläne
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Die Planung als Staatsaufgabe und mit ihr der Plan haben eine wechselvolle Entwicklung erlebt. Einer ersten Planungseuphorie in den 1960er- und 1970er-Jahren, die vor allem im Bau- und Raumplanungsrecht zur Entfaltung eines ganzen Referenzgebiets geführt hat,[223] war eine lang andauernde Ernüchterung gefolgt. In jüngerer Zeit erlebt die Planung im Finanz- und Umweltrecht eine – unionsrechtlich induzierte[224] – Renaissance.
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„Plan“ ist in der Regel keine fest konturierte Handlungsform der Verwaltung, sondern ein Sammelbegriff für final strukturierte Entscheidungen (nicht nur) der Verwaltung, die in ganz unterschiedlichen Rechtsformen ergehen können. Kennzeichen eines Plans ist ein erheblicher, auch Planungsermessen[225] genannter Gestaltungsspielraum, der nur einer eingeschränkten Kontrolle unterliegt.
4. Informales Verwaltungshandeln
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In einzelnen Verwaltungsrechtsordnungen hat die rechtliche Einordnung von Realakten und informalem Verwaltungshandeln, etwa die Informationstätigkeit der öffentlichen Hand durch Warnungen und Empfehlungen sowie Konsensvereinbarungen und Absprachen, eine größere Debatte ausgelöst. Während das österreichische Verwaltungsrecht das Problem jedenfalls teilweise durch die Figur des Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt systemkonform bewältigt hat,[226] markiert diese Debatte in Deutschland in gewisser Weise einen Schlusspunkt in der Konstitutionalisierung des Verwaltungsrechts, weil sie die Wirkungen der Realakte vor allem von den (Grund-)Rechten der nachteilig Betroffenen her zu erfassen und einzudämmen versucht.[227]
a) Allgemeines
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Zu den traditionellen Unterschieden zwischen dem Common law und den meisten Verwaltungsrechtsordnungen des Kontinents gehört der unterschiedliche Stellenwert des Verwaltungsverfahrens. Während das britische, aber auch das schwedische Verwaltungsrecht schon immer einen starken Akzent auf die Verfahrensförmigkeit und -richtigkeit des Verwaltungshandelns gesetzt haben,[228] konzentriert sich das Verwaltungsrecht auf dem Kontinent traditionell auf die materielle Rechtmäßigkeit der (abschließenden) Entscheidung.[229]
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Dessen ungeachtet gehören – allerdings mit teilweise substantiellen Unterschieden im Detail – Zuständigkeits- und Befangenheitsregelungen, die Anhörung der Betroffenen vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, das Recht auf Akteneinsicht und auf Zugang zu den Unterlagen, die Begründungspflicht und andere Verfahrensrechte in praktisch allen europäischen Verwaltungsrechtsordnungen seit langem zu den zumindest richterrechtlich entwickelten Anforderungen an das Verwaltungsverfahren.[230]
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Zum Siegeszug des Verwaltungsverfahrens[231] hat nicht zuletzt die Rezeption des US-amerikanischen „due process“-Gedankens erheblich beigetragen.[232] Trotzdem bleibt sein spezifischer Stellenwert bis heute diffus. Noch immer tendieren die nationalen Verwaltungsrechtsordnungen dazu, Verfahrensfehler jedenfalls bei gebundenen Entscheidungen für unbeachtlich zu erklären und die Richtigkeits- und Rechtsschutzgewähr des Verwaltungsverfahrens auf diese Weise zu relativieren.[233] Diese Verfahrensblindheit des in der Regel zu einseitig auf die Effizienz des Verwaltungshandelns fixierten Gesetzgebers steht nicht nur in einem deutlichen Spannungsverhältnis zur Anerkennung des Prozeduralisierungsgedankens, sondern degradiert die verfahrensrechtlichen Anforderungen an den Erlass einer Verwaltungsmaßnahme zu folgenlos verletzbaren Ordnungsvorschriften. Das ist sowohl mit Blick auf das Legalitätsprinzip als auch im Hinblick auf die demokratische Steuerung der Verwaltung und ihre rechtsstaatliche Einhegung ein zu hoher Preis und – soweit die Durchführung des Unionsrechts in Rede steht – mit Art. 41 GRCh bzw. dem spezielleren Sekundärrecht in der Regel nicht ohne weiteres zu vereinbaren.[234]
b) Rechte der Verfahrensbeteiligten
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Wichtigstes Instrument eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist die Anhörung der Betroffenen, bevor die Verwaltung in ihre Rechte eingreift. Alle Verwaltungsrechtsordnungen der europäischen Staaten sehen dies heute vor,[235] auch wenn die rechtlichen Grundlagen und die Sanktionen bei einer Verletzung nicht einheitlich sind.
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Zum gesicherten Bestand eines europäischen Verwaltungsverfahrens gehört darüber hinaus das Recht der Beteiligten auf Akteneinsicht und auf Zugang zu Unterlagen, das in seiner ursprünglichen Ausprägung vor allem auf die Effektivierung des Rechtsschutzes zielt.[236]
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Auch die Pflicht, Verwaltungsakte zu begründen, gehört – außer in Großbritannien[237] – meist zu den unverzichtbaren Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren. Denn erst die Begründung ermöglicht eine effektive gerichtliche Kontrolle. Während sie im Unionsrecht – angesichts der in Rede stehenden Sachverhalte nicht verwunderlich – obligatorisch ist (Art. 296 AEUV), ist sie in Deutschland und Griechenland nur für schriftliche oder elektronische Verwaltungsakte vorgesehen (§ 39 Abs. 1 VwVfG).[238] In Italien ist die Begründungspflicht mit dem Gesetz 241/1990 geregelt worden.[239]
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Die meisten Verwaltungsrechtsordnungen kennen darüber hinaus in unterschiedlichem Umfang weitere Verfahrensgarantien zugunsten der Beteiligten, Vorschriften über die Befangenheit[240] etwa, die Anordnung der Kostenfreiheit,[241] Recht, einen verantwortlichen Vertreter für das Verwaltungsverfahren zu bestellen oder das Recht, an Behördenkonferenzen (conferenza dei servizi) teilzunehmen.[242]
c)