Markenrecht. Jennifer Fraser
Lit.de;).
a) Nach der alten Rechtslage
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Nach der Rspr des BGH und einem Teil der Literatur sollte das in § 8 Abs 1 aF enthaltene Kriterium der grafischen Darstellbarkeit für Benutzungsmarken nicht gelten. Denn der nationale Gesetzgeber habe das Merkmal der grafischen Darstellbarkeit bewusst nicht als Kriterium der allgemeinen Markenfähigkeit nach § 3 ausgestaltet, sondern es nur als absolutes Schutzhindernis für Registermarken gem § 8 Abs 1 vorgesehen. Aus der Markenrechtsrichtlinie aF könne nichts Abweichendes abgeleitet werden, da diese sich nur mit Registermarken befasse. Daraus folge, dass Zeichen, denen die grafische Darstellbarkeit fehle, zwar keine Registermarken, wohl jedoch Benutzungsmarken sein könnten. Die Bedeutung des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit liege darin, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine feste Form zugrunde zu legen, um eine Eintragung in ein Register überhaupt möglich zu machen und die Allgemeinheit hierüber zu unterrichten (BGH GRUR 2009, – UHU; Büscher/Dittmer/Schiwy/Schalk § 4 MarkenG Rn 6; Hacker Rn 17, jew mN).
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Die Gegenauffassung verlangte auch für die Benutzungsmarke deren grafische Darstellbarkeit, weil es sich bei der Darstellbarkeit um ein nach Art 2 MarkenRL allgemeines Merkmal der Markenfähigkeit, welche für alle Marken gelten soll, handele. Aus der grds Gleichberechtigung der Registermarke mit der Benutzungsmarke leite sich ab, dass Umstände, die gegen die Eintragung eines Zeichens im Markenregister sprechen, auch die Entstehung einer Benutzungsmarke verhindern. Hieraus folge, dass die fehlende grafische Darstellbarkeit eines Zeichens nicht nur nach § 8 Abs 1 aF die Eintragung des Zeichens als Marke ausschließt, sondern auch der Anerkennung als Benutzungsmarke selbst im Falle von Verkehrsgeltung entgegenstehe (OLG Köln MarkenR 2007, 78 ff – Sekundenkleber, überholt durch BGH GRUR 2009, 783 – UHU; Fezer § 4 Rn 98; Lange Marken- und Kennzeichnungsrecht, Rn 533; Szalai MarkenR 2012, 8, 12 f mN).
b) Nach der geltenden Rechtslage
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Gem § 8 Abs 1 sind von der Eintragung als Marke schutzfähige Zeichen iS des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können. Die nunmehrige Fassung von § 8 Abs 1 verabschiedet sich von dem Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit und bestimmt als Referenzpunkt die klare und eindeutige Bestimmung des Schutzgegenstandes. Die Änderung dient der Umsetzung des Art 3 Buchst b der MarkenR-RL nF und ersetzt die grafische Darstellbarkeit durch flexiblere Kriterien. Als Adresssatenkreis für die eindeutige Bestimmbarkeit des Schutzgegenstandes sieht die RL die zuständigen Behörden und das Publikum vor. Ausweislich des Erwägungsgrundes 13 der RL soll zum Zwecke der Rechtssicherheit und um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu erreichen weiterhin an den sog Sieckmann-Kriterien festgehalten werden, wonach ein Zeichen in eindeutiger, präziser, in sich abgeschlossener, leicht zugänglicher, verständlicher, dauerhafter und objektiver Weise dargestellt sein muss (amtl Begr BT-Drucks 19/2898 S 62 unter Hinweis auf EuGH GRUR 2003, 145 – Sieckmann).
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Eine Gebrauchsmarke nach § 4 Nr 2 muss deshalb unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologie – und nicht notwendigerweise mit grafischen Mitteln – dargestellt werden, vorausgesetzt, die Darstellung erfolgt mit Mitteln, die ausreichende Garantien für die Bestimmung ihrer Reichweite und Grenzen bilden. Der Schutz einer Gebrauchsmarke für ein Zeichen, welches nur mittels gängiger Audio- und Bilddateiformaten dargestellt werden kann, ist grds möglich, soweit diese Darstellung eine rechtssichere Garantie enthält. Durch diese erweiterten Darstellungsformen verbessert sich die Rechtslage für unkonventionelle Markenformen – insb akustische Zeichen und Bilderfolgen – erheblich. Diese können sich künftig präzise und rechtssicher anhand allgemein zugänglicher Technologie im Register darstellen lassen. Soweit eine Darstellung des Zeichens weder mit grafischen Mitteln noch mittels elektronischem Datenträger möglich ist, kommt zwar auch eine mittelbare Darstellung in Textform in Betracht. Ob sich damit zB Geruchs- oder Tastzeichen hinreichend klar und eindeutig darstellen lassen, muss freilich nach wie vor bezweifelt werden (so auch Hacker GRUR 2019, 113 ff; Stieper WettbR 12/2018 Anm 1 – juris PR, der den Markenschutz von Geruchszeichen und Geschmackszeichen, die wegen fehlender Darstellbarkeit nach § 8 Abs 1 keinen Markenschutz erlangen, überdies an § 3 Abs 2 Nr 1 und 3 scheitern lassen will).
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Auch die Vorlage einer Geruchsprobe oder eines zu ertastenden körperlichen Gegenstandes dürfte ebenfalls bei einer Gebrauchsmarke nach § 4 Nr 2 als Darstellungsmittel ausscheiden (Hacker GRUR 2019, 113 ff).
7. Benutzung
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Das Entstehen von Markenschutz nach § 4 Nr 2 setzt die Benutzung des Zeichens im inländischen Geschäftsverkehr voraus (BGH GRUR 2008, 1319 ff Rn 38 – Eros). Dies bedeutet, dass von dem Zeichen markenmäßig Gebrauch gemacht worden ist (vgl zum Kriterium des markenmäßigen Gebrauchs § 14 Rn 302). Der Zeitpunkt des Gebrauchs ist zu unterscheiden von dem der Erlangung der Verkehrsgeltung (Rn 65 ff), die notwendigerweise erst einige Zeit nach einer Benutzungsaufnahme entstehen kann. Die bloße Benutzung des Zeichens allein genügt für die Entstehung des Markenschutzes noch nicht.
a) Allgemeines
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Die Benutzung der Marke muss im geschäftlichen Verkehr erfolgt sein. Unter diesem Tatbestandsmerkmal versteht das Gesetz den inländischen Geschäftsverkehr. Für den Erwerb des Schutzes einer Marke nach § 4 Nr 3 reicht im Vergleich dazu die „notorische Bekanntheit“ aus, die auch ohne inländische Benutzung entsteht, was iÜ der Rechtslage nach Art 6bis der PVÜ entspricht (vgl amtl Begr BT-Drucks 12/6581, 66). Nach der Rspr des EuGH wird ein Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt, wenn die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt (EuGH GRUR 2010, 445, 447 Rn 50 – Google France und Google; GRUR 2003, 55 Rn 40 – Arsenal FC, vgl auch § 14 Rn 69 ff).
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Das MarkenG verwendet den Begriff „im geschäftlichen Verkehr“ in gleicher Weise wie §§ 1, 3 UWG aF. Das in einem weiten Sinn zu verstehende Merkmal (vgl BGHZ 42, 210, 218 – Gewerkschaft ÖTV) ist bei Handlungen verwirklicht, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszweckes dienen (RGZ 108, 272, 274 und in HK-WettbR/Ekey § 3 Rn 67 mN). Bei Kaufleuten kann das Vorliegen dieses Umstandes grds vermutet werden (vgl Baumbach/Hefermehl Einl UWG Rn 29 mN); Gleiches gilt bei Freiberuflern (vgl OLG Köln NJW 1999, 63 f – Anwaltswerbung: „Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgaben“).