Markenrecht. Jennifer Fraser

Markenrecht - Jennifer Fraser


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      Gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erließ der Rat der EG die MRL (Erste RL des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken 89/104/EWG v 21.12.1988 idF v 10.6.1989) in Erfüllung seiner Aufgabe, diejenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken, anzugleichen (vgl Lenz-Röttinger EG-Vertrag, 3. Aufl, Art 94 Rn 2 mN). Auch die MRL 2015 findet gem Art 1 nur Anwendung auf Individual-, Kollektiv-, Garantie- und Gewährleistungsmarken für Waren oder Dienstleistungen, die in einem Mitgliedstaat oder beim Beneluxmarkenamt eingetragen oder angemeldet oder mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registriert worden sind. Hieraus folgt, dass das Gemeinschaftsrecht sich lediglich auf die Registermarke gem § 4 Nr 1 und nicht auf die Benutzungsmarke iSv § 4 Nr 2 bezieht (vgl auch Art 6 UMV sowie Art 15 TRIPS). Die MRL belässt den Mitgliedstaaten allerdings das Recht, die durch Benutzung erworbenen Marken zu schützen (Erwägungsgrund 11 MRL 2015).

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      Die Vorschriften über die Benutzungsmarke nach § 4 Nr 2 sind nationales Recht, dessen Auslegung Sache der innerstaatlichen Gerichte bleibt (vgl hierzu EuG 28.10.2015 – T-96/13, juris).

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      Einigkeit besteht aber darüber, dass der Rspr des EuGH für die Auslegung der im Zusammenhang mit den Benutzungsmarken stehenden rechtlichen Begriffe, wie Unterscheidungskraft und Verkehrsgeltung, sowie den weiteren Voraussetzungen nach § 3 Abs 2 iS einer Einheitlichkeit des Kennzeichenrechts erhebliche Relevanz zukommt (vgl nur Ströbele/Hacker/Thiering § 4 Rn 2, 12. Aufl mN).

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      Während eine Unionsmarke gem Art 6 UMV nur durch Eintragung entsteht, vermag nach Art 8 Abs 4 UMV eine nicht eingetragene Marke oder ein anderes im geschäftlichen Verkehr benutztes nationales Zeichen für Waren oder Dienstleistungen von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung auf einen Widerspruch des Berechtigten hin ein relatives Eintragungshindernis darzustellen, für den deutschen Rechtskreis also auch eine Benutzungsmarke nach § 4 Nr 2 (vgl Bender Die neue Unionsmarke, 2. Aufl 2016, S 311 Rn 1253 mN).

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      § 4 Nr 1 und 2 stellen materiell-rechtlich keine Veränderung zu den Vorschriften des WZG dar. Das Gesetz fasst die beiden Voraussetzungen für die Entstehung von Markenschutz, nämlich die Eintragung als Marke und die Benutzung eines Zeichens als Marke, nunmehr in einer Norm zusammen. Während die Eintragungsmarke nach § 4 Nr 1 das nach altem Recht gem §§ 15, 24 WZG eingetragene Warenzeichen umfasst, bezieht sich die Benutzungsmarke gem § 4 Nr 2 auf den früheren Zeichenschutz der Ausstattung nach § 25 WZG.

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      Dagegen enthält die Regelung in § 4 Nr 3 eine gewisse Veränderung zur alten Rechtslage. In § 4 Abs 2 Nr 5 WZG wurden notorische oder allbekannte Zeichen, also Zeichen, die nach allgemeiner Kenntnis innerhalb der beteiligten inländischen Verkehrskreise bereits ein anderer für gleiche oder gleichartige Waren benutzte, als – von Amts wegen – nicht eintragungsfähig angesehen (vgl Baumbach/Hefermehl 12. Aufl, WZG, § 4 Rn 149 mN).

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      Nach § 4 Nr 3 ist die notorisch bekannte Marke nunmehr den Marken in § 4 Nr 1 und 2 gleichgestellt mit der Folge, dass der Inhaber einer Marke gem § 4 Nr 3 eine Verletzungsklage, ein Löschungs- und ein Widerspruchsverfahren betreiben kann. Allerdings weist Fezer mit Recht darauf hin, dass auch der notorisch bekannten Marke nach § 25 WZG regelmäßig Ausstattungsschutz zukam oder ein unmittelbarer Anspruch aus Art 6 bis PVÜ bestand, so dass die Aufwertung der notorisch bekannten Marke weniger weitreichend erscheint, „als die Rechtsänderung auf den ersten Blick vermuten lässt“ (vgl Fezer § 4 Rn 3).

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      Im Gegensatz zum früheren Recht kann ein Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke nicht nur auf eine Registermarke oder notorisch bekannte Marke mit älterem Zeitrang, sondern auch auf eine nicht eingetragene Marke mit älterem Zeitrang gem § 4 Nr 2 gestützt werden (§ 42 Abs 3 aF aufgehoben durch Art 9 G v 13.12.2001 [BGBl I S 3656], Abs 1, Abs 2 Nr 1–3, geändert, Abs 2 Nr 4 v § 42, angefügt durch Art 3 G v 31.7.2009 [BGBl I S 2521]). Auf die Kommentierung zu § 42 Abs 2 Nr 4 sowie die Übergangsvorschrift in § 158 Abs 2 besteht Anlass hinzuweisen.

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      Der Schutz der Registermarke entsteht gem § 4 Nr 1 durch Eintragung eines Zeichens in das beim DPMA geführte Markenregister (BGH 23.9.2015 – I ZR 15/14, Rn 20, 27 – Amplidect/amplitey, juris; BGH GRUR 2010, 1103 Rn 19 – Pralinenform II; GRUR 2005, 427 f – Lila Schokolade; OLG Köln GRUR RR 2013, 213 f – Wörterbuch-Gelb; BPatG Beschl v 6. April 2009 – 25 W (pat) 3/06 –, juris – Farbmarke lila). Die Eintragung der Marke besitzt dabei eine konstitutive und nicht nur deklaratorische Wirkung (vgl bereits Baumbach/Hefermehl WZG, vor §§ 15, 16 Rn 2, 16. Aufl).

      Der der Eintragung vorausgehenden Anmeldung kommt eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Denn diese entscheidet über den Vorrang und Zeitrang iSv § 6. Zwar entsteht Markenschutz noch nicht durch die förmliche Anmeldung; sie allein kann auch noch keine Rechte gegen Verletzer begründen. Die Priorität einer angemeldeten oder eingetragenen Marke richtet sich aber nach dem Zeitpunkt ihrer Anmeldung, also dem Anmeldetag, sofern alle Eintragungsvoraussetzungen bestehen (vgl OLG Köln NJW-WettbR 1999, 82 f – Acic, Nasan/Nadic; vgl §§ 32–44 und die Kommentierung dort).

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      Werden Zeichen am selben Tag als Registermarken förmlich angemeldet, so sind die Rechte dieser Marken nach § 6 Abs 4 gleichrangig und begründen gegeneinander keine Ansprüche (§ 6 Rn 2).

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      Im Gegensatz zum deutschen


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