Markenrecht. Jennifer Fraser
Buchst, die im Katalog des § 4 Abs 2 Nr 1 Alt 2 WZG aufgeführt waren und an denen ohne Nachweis eines konkreten Bedürfnisses der Mitbewerber ein generelles Freihaltungsbedürfnis bestand (BGH GRUR 1996, 202 – UHQ), sind nur noch dann freihaltungsbedürftig, wenn sie unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 2 fallen, was insb der Fall ist, wenn sie die Art oder Beschaffenheit der Waren bezeichnen. Ein allg Freihaltungsbedürfnis, das der BGH in der RBB-Entsch wegen der Übung der Unternehmen, die Initialen ihrer Firmennamen als Buchstabenkombinationen zu verwenden, angenommen hatte (BGH GRUR 1998, 165 – RBB), stellt eine unzulässige Ausdehnung des Tatbestands dar (Goldmann/Rau GRUR 1999, 216, 219; Krings WRP 1999, 50, 53). Nunmehr hat der BGH seine frühere Rspr aufgegeben und geht von der Schutzfähigkeit derartiger Buchstabenfolgen aus, soweit nicht im Einzelfall ein Freihaltungsbedürfnis festgestellt werden kann. Erst im Kollisionsfall ist die Kennzeichnungsschwäche derartiger Buchstabenkombinationen zu berücksichtigen (BGH GRUR 2001, 344, 345 – DB Immobilienfonds; vgl OLG Düsseldorf GRUR-RR 2001, 106, 108 – GVP; BGH GRUR 2001, 161 – Buchstabe „K“; GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe „Z“; BGH GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B). Wie der BGH sogar von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH GRUR 2002, 1067, 1068 f – OKV/DKV; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2016, 283 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANGEMENTAKADEMIE; Gründig-Schnelle GRUR 2003, 1002, 1004; allgemein zu Abkürzungen Bugdahl MarkenR 2017, 456), verbietet sich allerdings angesichts der häufigen Verwendung derartiger, meist durch die Initialen des Firmennamens gebildeter Marken (OLG München GRUR-RR 2002, 107, 108 – mbp.de/MB'&P; Fuchs-Wissemann GRUR 1999, 855, 857 f; v Gierke WRP 2000, 877, 878 f; Goldmann/Rau GRUR 1999, 216; vgl auch Berlit WRP 2012, 1042). Auf die Zurückverweisung hin hat das BPatG die Anmeldung des Buchstaben „K“ unter Nachweis eines beschreibenden Charakters für den größten Teil der Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, iÜ aber ein Freihaltungsbedürfnis verneint und eine Registrierung als Marke zugelassen (BPatG GRUR 2003, 345, 346 – Buchstabe „K“; so auch BPatG GRUR 2003, 347, 348 – Buchstabe „E“ für Windkraftanlagen). Der Buchstabe „M“ für „Sportwagen“ ist nicht beschreibend, da es sich nicht um eine übliche Abkürzung für „Motor“ oder eine sonstige Sachangabe in Verbindung mit „Sportwagen“ handelt (BPatG GRUR-Prax 2018, 330). Für die Kombination von Buchstaben und Zahlen gelten die gleichen Maßstäbe wie für bloße Buchstabenkombinationen (BGH GRUR 2002, 884 – B-2 alloy; vgl auch BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 261/02 – b2, wo eine – am unteren Rand liegende – normale Kennzeichnungskraft angenommen wird für ua „Software). Eine Beschaffenheitsangabe und damit freihaltungsbedürftige Buchstabenkombination ist insb bei gebräuchlichen Abkürzungen von Sachbezeichnungen gegeben, die sich wie „Kfz“ für Kraftfahrzeug oder „D“ für Diesel so verselbstständigt haben, dass es eines Rückgriff auf das Grundwort nicht mehr bedarf (BPatG GRUR 1999, 330 – CT; BPatG Mitt 1997, 70, 71 – UHQ; vgl auch Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 187 f; ders GRUR 1999, 855, 857; Goldmann/Rau GRUR 1999, 216, 219). Aber auch noch nicht gebräuchliche Abkürzungen können einem – zumindest künftigen – Freihaltungsbedürfnis unterliegen, wenn – etwa wegen der Abkürzungsfreudigkeit in speziellen Bereichen wie dem Kraftfahrzeugwesen – eine Eignung zur Beschreibung zu bejahen und ein Bedürfnis der Mitbewerber an der freien Verwendung prognostizierbar ist (Ullmann WRP 1999, 461 f). Besteht eine Marke aus einer beschreibenden Wortfolge und aus einer Buchstabenkombination, die für sich genommen schutzfähig wäre, in der konkreten Gestaltung der Gesamtmarke wegen der Übereinstimmung mit den Anlauten der beschreibenden Worte aber nur als Abkürzung dieser Bezeichnungen wirkt, so wird der Verkehr auch die Abkürzung als beschreibend auffassen (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 3/05 – TRM Tenant Relocation Management; vgl die Vorlagebeschlüsse BPatG GRUR 2011, 524 – NAI – Der Natur-Aktien-Index und GRUR 2011, 527 – Multi Market Fund MMF; vgl auch BGH GRUR 2008, 714, 719 – idw).
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Bedenken gegen die Eintragung bestehen bei Bild- und Formmarken, die eine naturgetreue Abbildung der Ware enthalten. Da die naturgetreue Abbildung der Ware deren Beschreibung und damit auch ihrer Eigenschaften schlechthin ist (BPatG GRUR 2003, 245, 246 – Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf), war und ist eine derartige Darstellung nach § 8 Abs 2 Nr 2 an und für sich nicht schutzfähig. Indes soll die in § 3 Abs 1 ausdrücklich vorgesehene dreidimensionale Marke gerade die Möglichkeit eröffnen, die Form der Ware schützen zu lassen. Dieses Spannungsverhältnis ließe sich dadurch lösen, dass § 3 Abs 2 als Spezialregelung des Freihaltungsbedürfnisses hinsichtlich Formmarken verstanden wird, so dass eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 ausgeschlossen wäre (so Eichmann GRUR 1995, 184, 188; Bauer GRUR 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 185). Der BGH und auch der EuGH bejahen eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 neben § 3 Abs 2 (BGH GRUR 2001, 334, 337 – Gabelstapler; WRP 2001, 265, 269 – Stabtaschenlampen; WRP 2001, 269, 273 – Rado-Uhr; so auch in den Folgeentsch BGH GRUR 2004, 502 – Gabelstapler II, 2004, 505 Rado-Uhr II, 2004, 506 – Stabtaschenlampe II, wo jeweils zur Feststellung eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs 2 Nr 2 an das BPatG zurückverwiesen worden ist, wo bei Gabelstablern und Taschenlampen sowie der Rado-Uhr ein Freihaltungsbedürfnis bejaht und die Eintragung versagt worden ist; BPatG BlPMZ 2005, 267 – Gabelstapler III und GRUR 2006, 946, 949 – Taschenlampen II; Mitt 2007, 37 – Rado-Uhr II; BGH GRUR 2006, 679, 681 – Porsche Boxster; EuGH GRUR 2003, 514, 518 – Linde; vgl auch Rohnke MarkenR 2001, 199; Ströbele FS v Mühlendahl, S 235, 248 f). Dies ist nicht unbedenklich, weil die beschreibenden Zeichen und Angaben iSv § 8 Abs 2 Nr 2 auf Wort- und Bildmarken zugeschnitten sind, nicht aber auf die Ware selbst darstellende Formmarken, bei denen die Darstellung der Ware ihre Beschreibung schlechthin ist (vgl Eichmann GRUR 1995, 184, 188; Bauer GRUR 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 185). Für den BGH mag immerhin die Erwägung sprechen, dass bei einer engen, anmelderfreundlichen Auslegung von § 3 Abs 2 und einer Anwendung von § 8 Abs 2 Nr 2 das Eintragungshindernis durch Verkehrsdurchsetzung gem § 8 Abs 3 überwunden werden kann (BGH GRUR 2001, 334, 337; GRUR 2006, 588, 590 – Rasierer mit drei Scherköpfen und 588, 589 – Scherkopf). Dies würde aber dem erheblichen Freihaltungsinteresse, das an technischen Formen besteht, nicht gerecht und würde große Unternehmen begünstigen, die durch entspr Werbeaufwendungen die Voraussetzungen für eine Verkehrsdurchsetzung und damit für eine Monopolisierung schaffen könnten (vgl BGH GRUR 2010, 231, 234 – Legostein; EuGH GRUR 2010, 1008 – Roter Lego-Stein; vgl auch Sujecki MarkenR 2011, 9; Jaeschke GRUR 2008, 749; Würtenberger GRUR 2003, 912, 913 ff). Das BPatG hat die Form einer sog Milchschnitte nicht als durch die Art der Ware bedingt angesehen (PAVIS PROMA – 32W (pat) 308/02 – so auch BGH GRUR 2008, 510, 511 f – Milchschnitte), weil es verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung gebe, und hierdurch die Möglichkeit einer Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung eröffnet (vgl Würtenberger GRUR 2003, 912, 913). Der BGH bejaht demgegenüber eine Anwendbarkeit von § 8 Abs 2 Nr 2 auch auf Formmarken. Sofern die Marke, die aus der Form oder der – üblichen – Verpackung der Ware besteht, nicht wegen fehlender