Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn
Mit Urteil vom 21.12.2016 bestätigte er die Unzulässigkeit einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung für Zwecke der Bekämpfung von Straftaten.[120] Die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland durch eine Anpassung des TKG[121] war bereits im Jahr 2010 vom BVerfG wegen Verstoß gegen Art. 10 GG für nichtig erklärt worden.[122] Mit dem Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten ist am 18.12.2015 in Deutschland eine neue Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten.
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Auch im Bereich des Datenschutzes sind mittlerweile weitreichende Harmonisierungsmaßnahmen getroffen worden. Im Zuge der von der Kommission 2012 eingeläuteten EU-Datenschutzreform hat die EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) die RL 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr abgelöst. Die Verordnung wird ab dem 25.5.2018 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gelten. Sie enthält Maßgaben für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen, die damit EU-weit vereinheitlicht werden. Auf nationaler Ebene besteht derzeit noch Regelungsbedarf, insbesondere für den Bereich der Presse und des Rundfunks zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit.[123] Aktuell liegt zudem ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation vor.[124] Mit ihr sollen Internetdienste, die der Individualkommunikation dienen, (bspw. VoIP-Telefonie, Instant-Messaging oder webgestützte E-Mail-Dienste) in den Datenschutzrahmen einbezogen werden.
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Im IT-Recht schuf die damalige EG durch die E-Commerce-Richtlinie[125] (RL 2000/31/EG) einen einheitlichen Rahmen für den Geschäftsverkehr im Internet. Erfasst sind „Dienste der Informationsgesellschaft“. Dazu zählt jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Ausgenommen sind TV-Dienstleistungen und -Sendungen sowie nicht kommerzielle Dienste zwischen Nutzern (z.B. E-Mail). Die Richtlinie legt für die übrigen Dienste die Anwendung des Rechts des Mitgliedstaats, in dem der Anbieter seine Niederlassung hat, fest und regelt den Schutz vor Spam-Nachrichten sowie die Provider-Haftung. Die Richtlinie 98/84/EG über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten (Zugangskontrolldiensterichtlinie) bezweckt die Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung von ausschließlich entgeltlich empfangbaren Diensten wie Pay-TV.
Anmerkungen
Hierzu 3. Kap.
Beispiel hierfür ist die Umsetzung der europäischen „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ (AVMD-Richtlinie), deren neu eingeführte Begrifflichkeit der sog. audiovisuellen Mediendienste mit dem nationalen System der Regulierung von Rundfunk und Telemedien in Einklang zu bringen war. Vgl. hierzu Rn. 34 ff. sowie 3. Kap.
Dörr/Kreile/Cole/Heer-Reißmann Abschn. B. Rn. 1 ff.; zur Ätherfreiheit auch Gornig EuGRZ 1988, 1 ff.
Der Grundsatz des prior consent findet sich etwa in Art. 34 der Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion.
Letztere ist allerdings lediglich eine unverbindliche Erklärung der UN-Generalversammlung und das dort beschriebene Recht, Nachrichten und Gedanken durch jedes Ausdrucksmittel und unabhängig von Staatsgrenzen einzuholen, zu empfangen und zu verbreiten, kein geltendes Völkerrecht.
Dazu Dörr/Kreile/Cole/Heer-Reißmann Abschn. B. Rn. 5 ff.
Zur Vergabe von Internetdomainnamen durch DENIC und ICANN s. 22. Kap. Rn. 253 ff. Die zuvor auf mehrere Einrichtungen verteilte Administration der technischen Nutzbarkeit des Internets sowie der Vergabe der sog. Top Level Domains im World Wide Web wurde 1998 durch Gründung der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) vereinheitlicht. Bei Streit über die Zuordnung einer Domain kann nach den Regeln der ICANN ein Streitschlichtungsverfahren auf Grundlage der einheitlichen Richtlinie zur Lösung von Streitigkeiten über Domainnamen (Uniform Domain Dispute Resolution Policy, UDRP) unter Anwendung entspr. Verfahrensregeln (Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy) durchgeführt werden. Nationale Domainstreitigkeiten werden hier nur dann erfasst, wenn die nationale Vergabestelle sich der ICANN unterwirft, was für das DENIC (Deutsches Network Information Center) nicht zutrifft.
Weitere Aufgaben der ITU sind die Standardisierung der Funktechnik, vgl. Art. 17 ff. ITU-Konstitution, sowie die Entwicklung des Fernmeldewesens, vgl. Art. 21 ITU-Konstitution.
Dazu Geppert/Schütz/Attendorn/Riegner/Kühn/Korehnke Beck'scher TKG-Kommentar, B Teil 5 Abschn. 1 Rn. 6 ff.
Frequenzverordnung v. 27.8.2013 (BGBl I S. 3326), geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 21.5.2015 (BGBl I S. 780). Diese löste die frühere „Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung“ ab.
Die Final Acts der WCIT-12 sind abrufbar unter www.itu.int/en/wcit-12/Documents/final-acts-wcit-12.pdf.
Zum Standpunkt Deutschlands und der USA vgl. MMR-Aktuell 2012, 339462.
Nur Antigua und Barbuda, Nauru sowie die Salomonen sind weder Vertragspartner der alten noch der neuen ITR.
Vgl. zu den Ergebnissen der WRC-07 Holznagel MMR 2008, 207, 210.
VHF 174 – 230 MHz und UHF 470-862 MHz.
Die Digitalisierung im UKW-Band (87,6–108 MHz) wurde nicht verhandelt.
Zum Ergebnis der Weltfunkkonferenz Mezger/Vieracker epd medien 17/2012, S. 7 f.