Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
vgl. Rn. 228) die unbeschränkte Haftung übernehmen. Als weitere Gestaltungsinstrumente werden die Weisungsgeberlösung (vgl. Rn. 236), die beaufsichtigende Testamentsvollstreckung (vgl. Rn. 240) und die Umwandlungsanordnung (vgl. Rn. 242) diskutiert. Ordnet der Erblasser Verwaltungstestamentsvollstreckung über sein einzelkaufmännisches Unternehmen an, ohne nähere Bestimmungen über die Art und Weise der Testamentsvollstreckung zu treffen, gilt im Zweifel die Treuhandlösung als angeordnet.[261]
d) Vollmachtslösung
222
Vollmachtslösung bedeutet, dass der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft im Namen der Erben als deren Bevollmächtigter weiter. Es haften damit allein die Erben persönlich und unbeschränkt. Mittels Testamentsvollstreckung und Vollmacht kann der Verwaltungsvollstrecker damit sowohl den Nachlass als auch die Erben verpflichten. Die erforderliche (widerrufliche) Vollmacht kann entweder der Erblasser selbst mit Wirkung über seinen Tod hinaus erteilen oder die Erben durch Auflage oder auflösende Bedingung der Erbeinsetzung zur Erteilung einer entsprechenden Vollmacht an den Testamentsvollstrecker verpflichten.[262] Ein Weisungsrecht der Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker im Innenverhältnis sollte im Interesse der unabhängigen Führung des Unternehmens durch den Testamentsvollstrecker nicht angeordnet werden.
223
Formulierungsbeispiel postmortale Vollmacht in letztwilliger Verfügung:[263]
„Zur Verstärkung der Position des Testamentsvollstreckers werde ich diesem in separaten Urkunde Vollmacht erteilen, vom Zeitpunkt meines Ablebens an in meinem Namen mit Wirkung für und gegen meine Erben alle Handlungen im weitest gesetzlich möglichen Sinne betreffend mein Unternehmen … vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA … vorzunehmen. Ich weise den Notar an, dem Testamentsvollstrecker eine Ausfertigung der Vollmacht gegen Nachweis seiner Stellung als Testamentsvollstrecker zu erteilen. Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Notar ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder eine beglaubigte Abschrift des Testaments und der Eröffnungsniederschrift vorgelegt ist. Ich mache meinen Erben zur Auflage, diese Vollmacht auf die Dauer der Testamentsvollstreckung zu dulden und nicht zu widerrufen.“
224
Die Erben bleiben bei der Vollmachtslösung Inhaber des Unternehmens und werden als solche im Handelsregister eingetragen. Nur die Erben, nicht auch der Testamentsvollstrecker müssen die Anmeldung zum Register vornehmen. Ein Testamentsvollstreckervermerk wird nach richtiger Ansicht nicht eingetragen.[264]
225
Haftungsrechtlich gibt es keine Besonderheiten: Die Erben haften persönlich und unbeschränkt für Neuschulden. Für Altschulden, die vom Erblasser herrühren, haften die Erben erbrechtlich beschränkbar und handelsrechtlich nur, sofern sie die Firma mit oder ohne Nachfolgezusatz übernehmen, jedoch mit der Möglichkeit nach §§ 25, 27 HGB eine Beschränkung der Haftung herbeizuführen (vgl. hierzu näher Rn. 14 ff.). Der Testamentsvollstrecker haftet weder für Alt- noch für Neuschulden.
226
Problematisch ist die Vollmachtslösung, wenn die Erben noch minderjährig sind. Zwar bedarf die Fortführung des ererbten Geschäfts auch in ungeteilter Erbengemeinschaft nicht der familiengerichtlichen Genehmigung nach §§ 1822 Nr. 3, 1823 (vgl. hierzu Rn. 38). Auch ist die Erteilung einer Vollmacht durch den Vermögenssorgeberechtigten eines Minderjährigen (§§ 1626, 1629 BGB) grds. nicht genehmigungspflichtig nach § 1822 BGB. Hier dient die Vollmacht allerdings dem selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so dass entsprechend dem Rechtsgedanken des § 112 S. 1 BGB eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich sein wird.[265] Darüber hinaus besteht das generelle Problem aus Sicht des Geschäftsverkehrs, dass der Minderjährige mit Eintritt der Volljährigkeit seine Haftung nach § 1629a BGB beschränken kann (vgl. hierzu Rn. 38).[266]
227
Praxishinweis:
Die Vollmachtslösung ist nicht unproblematisch. Auch wenn die Erben wirksam eine Vollmacht erteilt haben (bzw. die Vollmacht des Erblassers nicht widerrufen), bleiben sie im Außenverhältnis weiterhin berechtigt, selbst Rechtsgeschäfte für das Einzelunternehmen zu tätigen.[267] Die Vollmacht hat also keine verdrängende Wirkung. Darüber hinaus wird zunehmend angezweifelt, ob ein Erbe mittels erbrechtlicher Verfügung gezwungen werden kann, gegen seinen Willen ein Handelsgeschäft selbst (wenn auch durch einen Vertreter) fortzuführen mit der Folge einer unbeschränkten persönlichen Haftung.[268]
e) Treuhandlösung
228
Bei der Treuhandlösung führt der Treuhänder das Unternehmen nach außen in eigenem Namen fort. Im Innenverhältnis handelt er für Rechnung und auf Risiko der Erben als deren Treuhänder. Da die Treuhandlösung damit über die gewöhnlichen Aufgaben einer Testamentsvollstreckung hinausgeht, sollte der Erblasser die Erben erbrechtlich (z.B. Auflage oder Bedingungen) verpflichten, dem Testamentsvollstrecker sämtliche zur Durchführung der Treuhand erforderlichen Befugnisse einzuräumen.
229
Fehlt es an einer solchen Bestimmung, enthält die Anordnung einer Testamentsvollstreckung mit Treuhandlösung im Zweifel zugleich die Auflage, die zur Durchführung des Treuhandverhältnisses erforderlichen Befugnisse zu gestatten.[269] Im Übrigen unterscheidet sich der Treuhand-Testamentsvollstrecker nicht von einem normalen Verwaltungstestamentsvollstrecker.[270] Insbesondere muss auch der Treuhand-Testamentsvollstrecker den Erben gegenüber die (haftungsträchtigen) Verpflichtungen der §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB erfüllen, von denen der Testamentsvollstrecker auch nicht befreit werden kann, § 2220 BGB. Sind die Erben minderjährig ist die Zustimmung des Familiengerichts zur Treuhandlösung nicht erforderlich. Der Minderjährige ist über § 1629a BGB ausreichend geschützt, so dass eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 BGB ausscheidet.[271]
230
Hinsichtlich der Haftung des Testamentsvollstreckers und der Erben im Rahmen der Treuhandlösung gilt folgendes: Für neu begründete Geschäftsschulden haftet der Testamentsvollstrecker unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen und darüber hinaus auch der Nachlass, sofern der Testamentsvollstrecker die Verbindlichkeiten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft eingegangen ist.[272] Für Altschulden des Erblassers kann der Testamentsvollstrecker die Haftung entsprechend §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB auf den Nachlass beschränken.[273] Für neu begründete Geschäftsschulden haften die Erben grds. nicht persönlich. Wenn allerdings der Testamentsvollstrecker nach Ende der Testamentsvollstreckung das Unternehmen den Erben überlässt (oder sonst freigibt), gilt dies als ein Erwerb unter Lebenden, auf den § 25 HGB anwendbar ist.[274] Für Altschulden des Erblassers haften die Erben nicht persönlich, sofern die Begründung des Treuhandverhältnisses, i.e. die Einstellung des Betriebs, innerhalb der dreimonatigen Frist des § 27 Abs. 2 HGB erfolgt.[275] Der Testamentsvollstrecker hat gegen die Erben einen Anspruch auf Befreiung von seiner unbeschränkten Außenhaftung für die vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten, §§ 2218, 675, 670 BGB.[276] Das Gleiche gilt für neue Geschäftsverbindlichkeiten, vorausgesetzt diese Verbindlichkeiten waren zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich. Das Risiko der Durchsetzbarkeit des Befreiungsanspruchs trägt der Testamentsvollstrecker. Umstritten ist, ob die Erben diese Haftung gegenüber