Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
einer juristischen Person), vermutlich nur dem anderen Gesellschafter zugute kommen. In diesem Fall fehlt der Vereinbarung das vorbeschriebene aleatorische Element. Die Erhöhung der Beteiligung der anderen Gesellschafter aufgrund des Abfindungsausschlusses führt damit zu einer ergänzungspflichtigen Schenkung gemäß § 2325 BGB.[396]
296
(2) Bei einer rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt der allseitige Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer bindenden gegenseitigen Erbeinsetzung.[397] Haben etwa Ehegatten gemeinsam Grundbesitz und setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein, würde diese Konstruktion selbstverständlich Pflichtteilsansprüche auslösen. Dies muss aber auch dann gelten, wenn die Ehegatten den gemeinsamen Grundbesitz in eine Personengesellschaft einbringen, deren alleiniger Zweck das Halten dieses Vermögens ist, und einen allseitigen Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter vereinbaren. Der Abfindungsausschluss bei vermögensverwaltenden Gesellschaften ist demnach als unentgeltliche Zuwendung zu werten.
297
Praxishinweis:
Derjenige, der einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, hat darzulegen und zu beweisen, dass der allseitige Abfindungsausschluss und damit die Erhöhung der Beteiligung der verbleibenden Gesellschafter unentgeltlich erfolgt ist.[398] Dies wird ihm oftmals nicht gelingen. Daher wird bei einem ausschließlich aus nahestehenden Personen bestehenden Gesellschafterkreis einer vermögensverwaltenden Gesellschaft die Unentgeltlichkeit des Vorgangs vermutet.[399] Im Übrigen beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB nicht vor dem Tod des Erblassers.
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Grundsätzlich löst die Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters in eine (gegebenenfalls neu zu gründende) Gesellschaft keine Ergänzungsansprüche nach § 2325 BGB aus. Das Entgelt wird in der Verpflichtung zum Einsatz der vollen Arbeitskraft sowie in der Übernahme der persönlichen Haftung, § 128 HGB (analog), gesehen.[400] Gleichwohl kann nach BGH bei einer Gesamtbetrachtung eine (gemischte) Schenkung vorliegen. Indizien hierfür sind das Haftungsrisiko (das bei einer rein vermögensverwaltenden Gesellschaft faktisch kaum besteht), der tatsächliche Arbeits-[401] und Kapitaleinsatz sowie eine Risikodisparität mit Abfindungsausschluss (vgl. oben Rn. 295). Vor diesem Hintergrund ist die Einräumung einer Kommanditbeteiligung mangels Haftungsübernahme und Pflicht zur Geschäftsführung stets als ergänzungspflichtige Schenkung einzustufen.[402] Anders mag dies sein, wenn der neue Kommanditist innerhalb der Gesellschaft besondere Pflichten, etwa im Bereich der Geschäftsführung, übernimmt. Dann kann trotz fehlenden Kapitaleinsatzes eine entgeltliche Zuwendung vorliegen.[403] Regelmäßig wird auch die Aufnahme als stiller Gesellschafter ein Schenkung i.S.d. § 2325 BGB darstellen.[404]
299
Wird danach die Aufnahme eines Gesellschafters in eine gegebenenfalls noch zu gründende Gesellschaft als Schenkung qualifiziert, ist fraglich, ob die Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB bereits mit Eintritt des Beschenkten in die Gesellschaft beginnt oder erst mit dem Tod des bisherigen Erblassers.[405] Entscheidend ist, ob der Schenker den (neuen) Geschäftsanteil wirtschaftlich aus seinem Vermögen ausgegliedert hat. Dies wird dann nicht der Fall sein, wenn, etwa bei einem Familien-Pool, der Schenker sich besondere Stimm- oder Gewinnrechte oder den Nießbrauch vorbehalten hat oder ein Abfindungsausschluss vereinbart wurde. In diesen Fällen beginnt die Zehn-Jahres-Frist erst mit dem Tod des Gesellschafters.[406]
a) Schiedsgerichtsverfahren
300
Voraussetzung für die Entscheidung durch ein Schiedsgericht ist, dass die Angelegenheit schiedsfähig ist.[407] Schiedsfähig sind grundsätzlich nur vermögensrechtliche Ansprüche. Nicht vermögensrechtliche Ansprüche hingegen sind nur schiedsfähig, wenn über den Gegenstand ein Vergleich geschlossen werden kann, § 1030 ZPO. Nachlassstreitigkeiten, namentlich im unternehmerischen Bereich, beziehen sich regelmäßig auf vermögensrechtliche Streitigkeiten, so dass eine Streitübertragung auf Schiedsgerichte möglich ist.[408]
301
Dies gilt jedoch nicht für die Erbscheinserteilung.[409] Der Schiedsspruch hat nur Wirkung zwischen den Parteien, § 1055 ZPO. Die Wirkung des Erbscheins hingegen geht über diese Beziehung hinaus und betrifft den Rechtsverkehr im Allgemeinen, §§ 2365 f. BGB. Einschränkungen gelten auch für den Testamentsvollstrecker. Dieser kann die Annahme seines Amtes nur gegenüber dem Nachlassgericht, nicht auch gegenüber einem privaten Schiedsgericht erklären, § 2202 BGB. Gleichermaßen kann auch nur das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker entlassen.[410]
302
Der Erblasser kann aufgrund einer Anordnung in einer Verfügung von Todes wegen, § 1066 ZPO, auch einseitig die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts verbindlich anordnen. Die Anordnung kann auch getrennt von einer Verfügung von Todes wegen erfolgen.[411] Noch nicht abschließend geklärt ist, für welche Personenkreise die Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit tatsächlich gilt.
303
Richtigerweise sind diejenigen Personen, die erbrechtlich bedacht werden (z.B. Erben, Vermächtnisnehmer), auch an die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts gebunden. Denn dieser Personenkreis könnte durch Ausschlagung die Bindung an die Schiedsklausel beseitigen. Demgegenüber können Streitigkeiten mit Pflichtteilsberechtigten und Nachlassgläubigern nur mit deren Zustimmung, §§ 1029 ff. ZPO, auf ein Schiedsgericht übertragen werden.[412]
304
Was das zuständige Schiedsgericht betrifft, kann der Erblasser zwischen einem ad hoc zu bildenden Schiedsgericht und einem institutionellen Schiedsgericht, § 1034 ff. ZPO, wählen. Als institutionelle Schiedsgerichte für erbrechtliche Streitigkeiten sind insbesondere bekannt die „Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V.“ (www.dvev.de) und der „Deutsche Schiedsgerichtshof“ (www.dnotv.de).[413] Der Erblasser kann auch den Testamentsvollstrecker als Schiedsrichter benennen. Dies gilt freilich nicht für Streitigkeiten, die sich auf dessen Stellung als Testamentsvollstrecker beziehen. Niemand kann Richter in eigener Sache sein.[414] Angesichts der auch im Übrigen bestehenden potentiellen Interessenkonflikte, die der Testamentsvollstrecker unterliegen kann, sollte von der Bestimmung des Testamentsvollstreckers zum Schiedsrichter nur vorsichtig Gebrauch gemacht werden.
305
Formulierungsbeispiel:[415]
Über alle Streitigkeiten zwischen Erben und sonstigen Nachlassbeteiligten über die heute getroffene Verfügung von Todes wegen entscheidet unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten ein Schiedsgericht. Das Schiedsgericht ist insbesondere zuständig für Streitigkeiten über
– | die Auslegung der heute getroffenen Verfügung von Todes wegen, |
– | die Auseinandersetzung des Nachlasses, |
– | die Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Erben, Vermächtnisnehmern, Auflagenbegünstigten und sonstigen Begünstigten, |
– | die Entscheidung über Streitigkeiten mit den Testamentsvollstreckern und zwischen den Testamentsvollstreckern, |
– | die verbindliche Bewertung des Nachlasses oder einzelner Vermögenswerte, |
– | die Ausübung von Bestimmungsrechten. |