Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
Kapitalerhöhung verpflichtet.[438]
2.1.2.1 Bedienung von Wandelschuldverschreibungen
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Bedingtes Kapital kann zur Bedienung von Wandelschuldverschreibungen geschaffen werden, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird. Gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG kann eine Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen für höchstens fünf Jahre erteilt werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen Optionsanleihen und Wandelanleihen.[439] Optionsanleihen gewähren dem Gläubiger das Recht, bei der Erbringung einer Gegenleistung neue Aktien zu beziehen, ohne dass sich der Bestand des Gläubigerrechts ändert. Optionsanleihen sind zumeist separat verbrieft und handelbar. Bei der Wandelanleihe wandelt der Berechtigte seinen meist aus einem Darlehen folgenden Rückzahlungsanspruch gegen die AG in eine Beteiligung in Aktien um. Durch die Aktienrechtsnovelle 2016, verkündet durch Gesetz v. 22.12.2015,[440] wurde ausdrücklich festgelegt, dass Wandelschuldverschreibungen so ausgestaltet werden können, dass nicht den Gläubigern, sondern der Gesellschaft ein Umtauschrecht eingeräumt wird (umgekehrte Wandelanleihe). § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG n.F. stellt klar, dass bedingtes Kapital auch zur Bedienung solcher umgekehrter Wandelanleihen geschaffen werden kann. Wird die bedingte Kapitalerhöhung nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG n.F. nur zu dem Zweck beschlossen, der Gesellschaft zur Sanierung oder zur Erfüllung bankaufsichtsrechtlicher Anforderungen einen Umtausch zu ermöglichen, gilt gem. § 192 Abs. 3 S. 3 bzw. S. 4 AktG n.F. die quantitative Höchstgrenze aus § 192 Abs. 3 S. 1 AktG nicht. Eine Anrechnung des zu diesen Zwecken geschaffenen bedingten Kapitals auf sonstiges bedingtes Kapital erfolgt gem. § 192 Abs. 3 S. 5 AktG n.F. nicht.
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Bedingtes Kapital kann weiterhin auch zur Sicherung von Wandlungs- bzw. Bezugsrechten aus Wandel- und Optionsgenussrechten geschaffen werden.[441] Dies gilt ebenso für sogenannte Pflichtwandelanleihen oder mandatory convertible bonds, die zusätzlich zu einem Bezugsrecht ggf. auch eine Bezugspflicht regeln.[442]
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Sehr umstritten ist die Frage, ob die Schaffung bedingten Kapitals für die Ausgabe von Optionsaktien, welche das Recht zum Bezug weiterer Aktien beinhalten, und für die Ausgabe „nackter“ Optionen zulässig ist.[443] Da sowohl für Wandel-/Optionsanleihen als auch für Wandel/Optionsgenussscheine, Optionsaktien und „nackte“ Optionen die Voraussetzungen ihrer Schaffung im Wesentlichen gleich sind, spricht viel dafür, sie gleich zu behandeln und in all diesen Konstellationen die Schaffung bedingten Kapitals für zulässig zu erachten.[444] Dafür spricht auch, dass sonst in jedem Fall der Schaffung bedingten Kapitals Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden müssten.
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Bei den Beschlüssen zur Schaffung des bedingten Kapitals und zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen handelt es sich um separate Beschlüsse, die von der HV gleichwohl gleichzeitig gefasst werden können.[445] Bei nicht gleichzeitigem Beschluss muss differenziert werden. Wird die bedingte Kapitalerhöhung beschlossen, ohne dass bereits Wandelschuldverschreibungen ausgegeben wurden, so muss der Kapitalerhöhungsbeschluss die Anweisung zur Einräumung von Bezugsrechten enthalten oder unter einer aufschiebenden Bedingung gefasst werden.[446] Der umgekehrte Fall ist unproblematischer. Es besteht jedoch keine Verpflichtung der HV, der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen auch die Schaffung bedingten Kapitals folgen zu lassen.[447]
2.1.2.2 Zusammenschlüsse von Unternehmen
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Gem. § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG ist die bedingte Kapitalerhöhung auch zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen zulässig. Unternehmen können dabei Aktiengesellschaften, GmbHs, Personengesellschaften, aber auch Einzelkaufleute sein, die sich mit der das bedingte Kapital ausgebenden AG zusammenschließen wollen.[448]
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Die überwiegende Meinung geht davon aus, dass insoweit jeder Unternehmenszusammenschluss, zu dessen Durchführung Aktien der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen sind, den Anforderungen des § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG genügt.[449] Ausgenommen wird die Verschmelzung durch Neugründung, weil die Aktien durch die Neugründung entstehen.[450]
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In der Praxis wird das bedingte Kapital häufig zur Absicherung der Verpflichtung zur Abfindung in Aktien im Rahmen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AktG) eingesetzt.[451] Weitere Beispielsfälle von geringerer Bedeutung sind die Verschmelzung durch Aufnahme einer anderen Gesellschaft (§§ 4 ff., 60 ff. UmwG), die Spaltung und Ausgliederung zur Aufnahme (§§ 126 ff., 141 ff., 153 ff. UmwG) und die Eingliederung einer anderen Gesellschaft in die AG (§§ 319 ff. AktG).[452]
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Die Schaffung bedingten Kapitals ist in diesem Zusammenhang auch zur Abwehr späterer Übernahmeversuche[453] einsetzbar, indem mit einem befreundeten Unternehmen ein schneller Zusammenschluss vorbereitet werden kann. Dabei werden den Gesellschaftern des befreundeten Unternehmens Bezugsrechte mit der Möglichkeit zur Ausübung für einen Zeitraum von fünf Jahren gewährt.[454] Innerhalb dieses Zeitraums ist eine feindliche Übernahme dann wesentlich erschwert, weil die Ausübbarkeit der Bezugsrechte die Übernahme erschwert.
2.1.2.3 Bezugsrechte für Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung
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Nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG kann bedingtes Kapital zur Sicherung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens ausgegeben werden. Zweck der Vorschrift ist es vor allem, Vorstandsmitgliedern und Führungskräften die Möglichkeit einer erfolgsorientierten Vergütung zu verschaffen. Aktienoptionen sind Teil des Shareholder-value-Konzepts,[455] denn dadurch werden die Interessen der Aktionäre und des Managements enger miteinander verknüpft.[456] Die Ausgabe von Aktienoptionen hat dabei gegenüber anderen Mitarbeiterbeteiligungsmodellen einige Vorzüge aufzuweisen. Aktienoptionen belasten weder die Liquidität noch das Unternehmensergebnis.
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Die Regelung ist jedoch wenig praxisrelevant, da Aktien an Mitarbeiter regelmäßig als genehmigtes Kapital ausgegeben werden.
2.2 Kapitalerhöhungsbeschluss
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Die Formulierung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG, wonach die bedingte Kapitalerhöhung im Wege des „Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses“ beschlossen werden kann, wird allgemein als unglücklich empfunden.[457] Speziell die Formulierung „Zustimmung“ könnte den Schluss nahe legen, dass die HV der Schaffung des bedingten Kapitals (durch den Vorstand) nur noch zustimmen müsste. Dies ist nicht der Fall. Wie bei jeder Kapitalerhöhung besteht zunächst ein Initiativ- und Gestaltungsrecht der HV zur Schaffung des bedingten Kapitals. Die HV weist den Vorstand und den Aufsichtsrat nach § 83 Abs. 2 AktG zur Durchführung der Kapitalmaßnahme an (Zustimmungsbeschluss).[458] Der Beschluss kann dabei weitreichende inhaltliche Regelungen zum Optionsplan und den Inhalten der Bezugsrechte offenlassen oder sie direkt an die Verwaltung delegieren. Die wesentlichen Eckpunkte des Optionsplans sind jedoch bereits zu regeln.
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Im Ergebnis ist mit der Formulierung inhaltlich gemeint, dass die HV den Vorstand zur Ausführung der bedingten Kapitalerhöhung verpflichten kann, und es dann zulässig ist, die Durchführung des Aktienoptionsprogramms i.S.v. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG dem pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands zu überlassen (Ermächtigungsbeschluss).[459]