Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
Angaben enthalten:
1.2.1 Gründer
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Anzugeben sind die Gründer. Als Gründer der AG bezeichnet das Gesetz diejenigen Aktionäre, die die Satzung feststellen (§ 28 AktG).[36] Nur wer mindestens eine Aktie übernimmt, kann auch Gründer sein.[37] Während bis 1994 noch mindestens fünf Gründer notwendig waren, hat das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts die schon seit 1980 aus dem GmbH-Recht bekannte Einpersonen-Gründung zugelassen. Damit besteht für die früher bei wirtschaftlich gewollter Einpersonen-Gründung notwendige Einschaltung von „Strohmännern“ bzw. „Gründungshelfern“ kein Bedürfnis mehr. Gründer einer AG können neben natürlichen auch juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, nicht rechtsfähige Vereine, Vor-AG[38] und Vor-GmbH sowie Gesellschaften bürgerlichen Rechts sein, soweit sie als Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen agieren.[39] In der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligen sich an der Gründung z.B. Bankenkonsortien, wenn die Aktien dem Publikum angeboten werden sollen. Das Bankenkonsortium übernimmt die Aktien und bietet sie anschließend auf dem Markt an. Die Banken sind dann Gründer mit allen zivil- und strafrechtlichen Risiken (§§ 46, 399 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 AktG). Maßstab für die erforderlichen Angaben zu den Gründern im Gründungsprotokoll ist die Identifizierbarkeit. Deshalb sind bei natürlichen Personen Vor- und Zunamen und Anschrift anzugeben, bei juristischen Personen sowie bei Personenhandelsgesellschaften Firma und Sitz. Da die entsprechenden Daten der Beteiligten aus beurkundungsrechtlichen Gründen bereits zu Anfang der Gründungsurkunde aufgeführt werden, reicht an späterer Stelle im Gründungsprotokoll die bloße Namensnennung.[40]
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Eine Vertretung beim Gründungsakt ist möglich. Gründer ist dann der Vertretene, nicht der Vertreter. Soweit es sich nicht um die Vertretung eines Einmann-Gründers handelt (vgl. § 180 S. 1 BGB),[41] ist auch eine vollmachtlose Vertretung möglich. Vollmacht und Genehmigung bedürfen der notariellen Beglaubigung und, falls diese im Ausland erfolgt, ggf. der Legalisation oder Apostille. Das von § 23 Abs. 1 S. 2 AktG aufgestellte Formerfordernis wird inzwischen überwiegend als eigenständige Wirksamkeitsvoraussetzung und nicht nur als bloße Ordnungsvorschrift eingestuft.[42] Die Nichteinhaltung der Form führt danach zur Nichtigkeit der Vollmacht gem. § 125 BGB. Die wegen Fehlens einer formgerechten Vollmacht zunächst schwebend unwirksame Erklärung eines Vertreters bei der Satzungsfeststellung kann allerdings nachträglich (formgerecht) genehmigt werden. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, in dem eine formgerechte Vollmacht zwar schon existierte, jedoch beim Notartermin nicht vorlag. Hierbei handelt es sich um keinen Fall der vollmachtlosen Vertretung, vielmehr kann die Vollmacht ohne weiteres bis zur Eintragung in das Handelsregister nachgereicht werden.[43]
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Erfolgt die Vertretung durch gesetzliche Vertreter, sind die üblichen Nachweise zu erbringen (Registerauszug, Bestellungsurkunde etc.). Im Falle von Prokuristen – bei denen es sich der Sache nach um rechtsgeschäftliche Vertreter handelt – wird darüber diskutiert, ob diese für die Zwecke der Gründung gesetzlichen Vertretern gleich zu behandeln sind, mit den entsprechenden Folgen für die erforderlichen Nachweise.[44] Da der Eintragung eines Prokuristen in das Handelsregister eine (letztlich als Erteilung einer Außenvollmacht wirkende) öffentlich beglaubigte Anmeldung zugrunde liegt (§ 12 HGB), sollte die Vorlage des Handelsregisterauszuges in jedem Falle genügen.[45] Bei ausländischen Gesellschaften als Gründern ist sicherzustellen, dass dem Handelsregister die Existenz der Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis der für die ausländische Gesellschaft Handelnden in geeigneter Form (ggf. mit Legalisierung/Apostille) nachgewiesen werden kann.
1.2.2 Angaben zu den Aktien
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Bei Nennbetragsaktien (§ 8 Abs. 2 AktG) ist der Nennbetrag, bei Stückaktien (§ 8 Abs. 3 AktG) statt des Nennbetrags die Zahl der Aktien anzugeben. Bei beiden Aktienarten sind daneben der Ausgabebetrag (auch wenn mit dem Nennbetrag oder dem anteiligen Betrag des Grundkapitals übereinstimmend) und – im Falle verschiedener Aktiengattungen (s. hierzu 2. Kap. Rn. 70 ff.) – die Aktiengattungen zu bezeichnen, die jeder Gründer übernimmt. Über den Wortlaut von § 23 Abs. 2 Ziff. 2 AktG hinaus, der sich an sich mit Summenangaben begnügt, wird daneben überwiegend verlangt, dass bei verschiedenen Aktiengattungen und/oder Ausgabebeträgen auch eine entsprechende Einzelaufschlüsselung für jeden Gründer erfolgt.[46] Die Gründer müssen sämtliche Aktien übernehmen. Mit der Übernahme aller Aktien ist die Gesellschaft errichtet; entstanden ist die sog. Vorgesellschaft (§ 29 AktG, vgl. hierzu unten Rn. 40 ff). Die AG entsteht als eigene Rechtspersönlichkeit hingegen erst mit der Eintragung in das Handelsregister (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG).
1.2.3 Eingezahlter Betrag des Grundkapitals
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Anzugeben ist im Gründungsprotokoll ferner der eingezahlte Betrag des Grundkapitals (§ 23 Abs. 1 Ziff. 2 AktG). Dieses Erfordernis stellt in der Systematik der Kapitalaufbringung an sich einen Fremdkörper dar und lässt sich wohl nur mit der (missglückten) Umsetzung europarechtlicher Vorgaben erklären.[47] Zum einen wäre eine im Zeitpunkt der Satzungsfeststellung schon geleistete Zahlung eine regelmäßig unzulässige oder zumindest problematische Voreinzahlung[48], zum anderen ist zum Zeitpunkt der Satzungsfeststellung der Vorstand, zu dessen freier Verfügung die eingezahlten Beträge gem. § 37 Abs. 1 AktG zu leisten sind, noch gar nicht bestellt.[49] Sinnvoll ist daher im Gründungsprotokoll nur die Angabe, wann und in welchem Umfang die übernommenen Einlagen effektiv zu zahlen sind.[50] Bei der nachfolgenden Anmeldung der Gesellschaft muss dann erklärt und nachgewiesen werden, dass inzwischen mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages (§ 9 Abs. 1 AktG) und, falls der Ausgabebetrag über dem geringsten Ausgabebetrag festgesetzt worden ist, der gesamte Mehrbetrag (Agio) eingezahlt ist und endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht (§ 37 Abs. 1 S. 2 AktG).
1.3 Organbestellung
1.3.1 Bestellung des ersten Aufsichtsrats und des ersten Abschlussprüfers
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Im nächsten Schritt haben die Gründer den ersten Aufsichtsrat sowie den Abschlussprüfer für das erste Geschäftsjahr zu bestellen (§ 30 Abs. 1 AktG). Beide Bestellungsakte bedürfen – aus Gründen der Rechtssicherheit[51] – notarieller Beurkundung und erfolgen daher zweckmäßigerweise gleich im Gründungsprotokoll. Ohne Aufsichtsrat oder ohne vollständig besetzten Aufsichtsrat kann die Gesellschaft nicht in das Handelsregister eingetragen werden.[52] Nicht ein erster Aufsichtsrat gem. § 30 AktG, sondern ein regulärer Aufsichtsrat ist zu bestellen, wenn die AG im Wege des Formwechsels entsteht (§ 197 S. 2 UmwG).[53]
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Die Bestellung des ersten Aufsichtsrats erfolgt durch Beschluss der Gründer. Vorbehaltlich einer anderen Regelung in der Satzung ist hierzu die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend (§ 133 AktG). Das Stimmrecht richtet sich nach den übernommenen Aktien. Da die Bestellung des ersten Aufsichtsrats üblicherweise im Gründungsprotokoll erfolgt, ist die Streitfrage, ob die Bestellung nur bei Mitwirkung aller Gründer wirksam ist, oder ob die Mehrheit der anwesenden Gründer genügt, wenig praxisrelevant. Ein Beschluss der Mehrheit der Gründer wird jedenfalls überwiegend dann als ausreichend angesehen, wenn allen Gründern der Termin der Beschlussfassung so ordnungsgemäß und rechtzeitig mitgeteilt wurde, dass sie Gelegenheit zur Stimmrechtsausübung hatten.[54] Besteht ein satzungsmäßiges Entsenderecht, so verdrängt dieses im Falle seiner Ausübung die Zuständigkeit der Gründer für die Bestellung