Praxishandbuch Open Source. Christian Galetzka
sondern vielmehr auf die Freiheit des Benutzers im Umgang mit der Software. Ein Benutzer soll durch entsprechende Lizenzierung die Möglichkeit haben, die Software entsprechend seiner eigenen Bedürfnisse anzupassen und die Software sowohl in der ursprünglichen als auch in einer veränderten Form an andere Nutzer weiterzugeben. In der Free Software Definition – erstmals 1986 durch die FSF veröffentlicht – werden diese Freiheiten mit dem folgenden Satz knapp zusammengefasst: „Free software is a matter of the users’freedom to run, copy, distribute, study, change and improve the software.“51 Die Grundvoraussetzung Freier Software ist also eine umfassende Einräumung von Nutzungsrechten, die es jedem Nutzer ermöglichen, die Software frei zu kopieren, zu bearbeiten, zu untersuchen und zu verbreiten. Durch eine entsprechende Lizenzierung sollen also vielfältige Nutzungsmöglichkeiten geschaffen werden, ohne das eine Lizenzgebühr dafür erhoben wird.
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Da durch die Bezeichnung „frei“ häufig falsche Assoziationen ausgelöst wurden und das Konzept Freier Software missverstanden wurde, gründete sich Ende der 1990er die Open Source Initiative (OSI) und führte den Begriff der Open Source Software ein. Mit diesem Begriff sollte das Kriterium des offenen und für jedermann verfügbaren Source Code stärker in den Vordergrund gerückt werden. Man wollte dem Missverständnis entgegenwirken, dass eine kommerzielle Verwertung Freier Software nicht möglich sei. Die OSI entwickelte dazu ebenfalls eine Definition des Begriffs Open Source Software und legte in ihrer Open Source Definition fest, welche Kriterien eine Lizenz erfüllen muss, um als Open Source Lizenz zu gelten. Darunter fällt vor allem, dass die Software von jedem Nutzer genutzt, bearbeitet und weitergegeben werden darf, ebenfalls sowohl in der ursprünglichen als auch in einer durch den Nutzer bearbeiteten Version, ohne dass hierfür Lizenzgebühren anfallen. Darüber hinaus sollen aus der Software abgeleitete Werke Dritten unter denselben Lizenzbedingungen zur Verfügung gestellt werden können. Änderungen an der Ursprungssoftware sollen kenntlich gemacht und es soll dem Nutzer ermöglicht werden, Zugriff auf den Source Code zu erhalten, insbesondere wenn er die Software nur als ausführbare Datei erhalten hat.52
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Wie oben bereits erwähnt, wird, nach Betrachtung der für die beiden Begriffe Freie Software und Open Source Software definierten Voraussetzungen, deutlich, dass diese sich sehr stark ähneln und daher – zumindest aus der lizenzrechtlichen Sicht – in der Regel keiner strikten Trennung bedürfen. Auch wenn sich die hinter den Begrifflichkeiten stehenden Ideale und Philosophien (siehe Rn. 7ff.) unterscheiden und die FOSS Gemeinde teilweise sogar in zwei Lager spalten, sind diese für einen praxisrelevanten Einsatz von FOSS nicht relevant. Es geht vielmehr darum festzustellen, ob es sich bei der eingesetzten Software überhaupt um FOSS handelt und ob die entsprechenden Lizenzbedingungen eingehalten werden können. Deutlich wird dies auch dadurch, dass die meisten der gängigen Open Source Lizenzen sowohl von der FSF als auch von der OSI als Open Source Lizenzen anerkannt werden.
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Backup: Wenn es sich bei Freier Software und Open Source Software doch (zumindest annähernd) um dieselbe Software handelt, spielt eine Unterscheidung dann überhaupt eine Rolle und wenn ja, wann?
Der Begriff Open Source steht für Kriterien, die von dem Begriff Freie Software mit umfasst werden, an einigen Stellen jedoch auch weniger restriktiv sind. Der freigegebene Source Code Freier Software erfüllt in der Regel auch immer die Anforderungen an Open Source. Umgekehrt erfüllt Open Source zwar in den überwiegenden Fällen die Anforderungen, die an Freie Software zu stellen sind, aber eben nicht immer.
Die FSF hält z.B. einige der Open Source Lizenzen für zu restriktiv, wenn diese es nicht gestatten, veränderte Versionen der Software zu erstellen oder zu vertreiben. Ebenso hat die Freie Software-Bewegung ein Problem damit, wenn Source Code unter schwachen Lizenzen ohne Copyleft lizenziert wird und die daraus erstellten, ausführbaren Dateien dann zusätzlich unfreie Bedingungen enthalten. Auch der Einsatz von Prüfsignaturen, die verhindern, dass der Nutzer abweichende Versionen der Software installiert und ausführt – sog. Tivoisierung (siehe ausführlich Rn. 628ff.) – widerspricht dem Gedanken Freier Software.
Um der Verwendung Freier Software unter solchen Rahmenbedingungen entgegenzuwirken, hat die FSF die GNU General Public License Version 3 (GPL-3.0) entwickelt.53 Während der Begriff Open Source und die Open Source-Bewegung eher auf praktischen Erwägungen gründen, stell der Begriff der Freien Software die Prinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit in den Vordergrund. Stallman betont in seinen Veröffentlichungen aber immer wieder, dass die beiden Bewegungen zwar unterschiedlicher Meinung über die Grundsätze sind, in den praktischen Empfehlungen aber mehr oder weniger übereinstimmen. Eine Zusammenarbeit sowie eine Vermischung von Freier und Open Source Software sind also durchaus möglich.54
b) FOSS ≠ Closed Source Software
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Zwar haben wir anhand der oben angeführten Definitionen nun eine bessere Idee davon, was FOSS eigentlich bedeutet. Wie so häufig wird das Ganze aber erst in Abgrenzung zu anderen Formen von Lizenzmodellen interessant. Denn neben FOSS stößt man auch noch auf weitere Konzepte „kostenloser“ oder „frei verwendbarer“ Software. Diese sind nicht immer trennscharf abzugrenzen und führen daher gelegentlich zu Verwechslungen.
aa) Kommerzielle Software
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Kommerzielle Software oder auch proprietäre Software wird in der Regel als Gegenbegriff zur FOSS verwendet und bezieht sich auf herkömmlich lizenzierte Software. Dabei ist der Begriff „proprietär“ genau genommen kein solides Abgrenzungskriterium, denn der Begriff bezieht sich auf die Rechtsinhaberschaft, die grundsätzlich auch bei FOSS gegeben ist. Bei FOSS haben die Rechtsinhaber lediglich darauf verzichtet, Lizenzgebühren für die Einräumung von Nutzungsrechten zu erheben. Teilwiese wird auch der Begriff Closed Source Software verwendet. Aber auch dieser ist nur bedingt für eine Abgrenzung geeignet. Denn der offen zugängliche Source Code stellt eben auch nur ein Kriterium für die Einordnung als FOSS dar und nicht das einzige. Auf jeden Fall stellt die kommerzielle Software die stärkste Abgrenzung gegenüber FOSS dar, da hier in der Regel sowohl Lizenzgebühren für die Nutzung verlangt werden als auch strenge Beschränkungen bzgl. der Bearbeitung und Veränderung vorliegen oder diese überhaupt nicht gestattet sind.
bb) Freeware
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Auch bei sogenannter Freeware, die vom Namen her zunächst den Eindruck Freier Software vermitteln mag, handelt sich es sich dem Grunde nach um kommerzielle Software. Einzige Voraussetzung zur Einordnung einer Software als Freeware ist die kostenfreie Überlassung der Software an den Nutzer. In diesem Punkt ähneln sich Freeware und FOSS. Daher kommt es hier aufgrund der Ähnlichkeit der Begriffe gelegentlich zu Verwechslungen. Damit enden die Gemeinsamkeiten aber auch. Denn anders als bei FOSS erhält der Nutzer bei Freeware in der Regel nur sehr eingeschränkte Nutzungsrechte. Häufig wird die Nutzung auf eine nicht-kommerzielle Verwendung beschränkt und eine Weiterverbreitung der Software sowie eine Bearbeitung und Veränderungen untersagt. Auch der Source Code wird bei Freeware regelmäßig nicht offengelegt. Die Einräumung der Nutzungsrechte für Freeware erfolgt über sogenannte End User License Agreements – kurz EULA – und nicht über FOSS Lizenzen. Freeware ist also dem Bereich kommerzieller Software zuzuordnen. Die in diesem Buch erläuterten Rahmenbedingungen zum Umgang mit FOSS finden daher keine Anwendung auf Freeware.
cc) Shareware
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Ein weiterer Unterfall kommerzieller Software ist Shareware. Auch hierbei handelt es sich um reguläre kommerzielle Software, die dem Nutzer lediglich für einen gewissen Zeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Nach Ablauf einer zeitlich begrenzten Testphase wird die Nutzung der Software häufig technisch behindert oder zumindest stark eingeschränkt, sofern der Nutzer keine weitergehende Lizenz zur Nutzung erwirbt. Aufgrund der kommerziellen Natur der Shareware fällt auch diese nicht