Handbuch Umwandlungsrecht. Andreas Kühn

Handbuch Umwandlungsrecht - Andreas Kühn


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Rechte und Pflichten sowohl bei arbeitsrechtlichem als auch bei umwandlungsrechtlichem Übergang von Arbeitsverhältnissen vollständig auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Eine Änderung der Arbeitsverträge im Hinblick auf inkorporierte Tarifnormen unterliegt grundsätzlich einer einjährigen Sperre nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB.[163]

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      Umwandlungsfälle können in unterschiedlicher Hinsicht Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des Unternehmens haben. Zu den individualarbeitsrechtlichen Folgen vgl. vorstehend Rn. 32 ff. Bei den kollektivarbeitsrechtlichen Wirkungen sind verschiedene Ansatzpunkte gegeben. Zum einen sieht das Umwandlungsgesetz selbst in §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3, 194 Abs. 2 UmwG die Beteiligung der Betriebsräte vor. Zum anderen bestehen betriebsverfassungsrechtliche Informations- und Beteiligungspflichten sowie Übergangsmandate der Betriebsräte nach dem BetrVG, vgl. unten Rn. 43, 44. Darüber hinaus ist die mögliche Auswirkung eines Umwandlungsfalles auf den mitbestimmungsrechtlichen Status des Unternehmens zu prüfen (vgl. §§ 325, 203 UmwG).

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      Die Zuleitungspflicht an den Betriebsrat gem. §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3, 194 Abs. 2 UmwG muss bei der Abwicklung eines Umwandlungsfalles, insbesondere auch vom beurkundenden Notar, strikt beachtet werden. Die Zuleitung muss jeweils einen Monat vor Beurkundung der Gesellschafterversammlung des betreffenden Rechtsträgers über die Zustimmung zum Umwandlungsvorgang erfolgt sein.[164] Es ist nunmehr wohl herrschende Meinung, dass der Betriebsrat auf die Einhaltung dieser Monatsfrist, nicht aber auf die Zuleitung an sich verzichten kann.[165] Zu Recht weist Sagasser/Schmidt jedoch darauf hin, dass eine vorherige Abklärung mit dem zuständigen Registergericht sinnvoll ist.[166] Durch die Zuleitung soll der Betriebsrat insbesondere in die Lage versetzt werden, die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte rechtzeitig und sachgerecht auszuüben.[167] Ein Mitgestaltungs- oder Widerspruchsrecht besteht jedoch nicht. Zuzuleiten ist der Umwandlungsvertrag oder -plan. Erfolgt die Umwandlung zur Neugründung, hat die Zuleitung einschließlich der Satzung oder des Statuts des neuen Rechtsträgers zu erfolgen. Sonstige Anlagen, insbesondere bei Spaltungsvorgängen zur näheren Bezeichnung des Spaltungsgegenstandes, sind dem Betriebsrat insoweit zuzuleiten, als der Inhalt dieser Anlagen „Ausstrahlungswirkungen“ auf die Rechte der Arbeitnehmer hat.[168] Unabhängig von der Frage, wann ein geänderter Entwurf dem Betriebsrat nochmals zugeleitet werden muss, muss bei der Erstzuleitung des Entwurfes darauf geachtet werden, dass dieser nicht nur hinsichtlich der Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG vollständig ist, sondern dass er auch die übrigen Anforderungen des § 5 Abs. 1 UmwG an den Mindestinhalt des Verschmelzungsvertrages bezogen auf die konkret geplante Verschmelzung erfüllt.[169] Trotz dieses Vollständigkeitsgebotes hat sich zu Recht die herrschende Meinung herausgebildet, dass bei nachträglichen Änderungen des Entwurfes eine erneute Zuleitung nur dann zu erfolgen hat, wenn diese Änderungen Auswirkungen, es genügen jedoch „Ausstrahlungswirkungen“, auf die Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen gemäß den Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG haben.[170] Bei umfangreicheren Änderungen sollte, auch wenn eine Zuleitungspflicht inhaltlich nach den vorstehenden Überlegungen verneint werden könnte, dem Betriebsrat der geänderte Entwurf unter dessen Verzicht auf die Einhaltung der Zuleitungsfrist erneut vorsorglich zugeleitet werden.[171] Die Umwandlungsbeschlüsse der beteiligten Rechtsträger unterliegen nicht der Zuleitungspflicht.

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      Eine immer wieder schwierig zu klärende Frage ist, welchen Betriebsräten die Unterlagen gem. UmwG zuzuleiten sind. Hierüber besteht in der Literatur keine vollständige Einigkeit. Welcher Betriebsrat zuständig ist, ergibt sich aus den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Besteht für ein Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat, müssen diesem alle Umwandlungsvorhaben zugeleitet werden, da diese aus ihrer Natur heraus unternehmensbezogen sind.[172] Besteht ein Konzernbetriebsrat, ist umstritten, ob die Zuleitung an diesen ausreicht und/oder ergänzend notwendig ist.[173] Aufgrund des derzeitigen Meinungsstandes muss davon ausgegangen werden, dass die Monatsfrist der §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3 UmwG in Gang gesetzt wird, wenn die Zuleitung bei dem Betriebsrat des betreffenden Rechtsträgers, somit bei dem Einzel- bzw. Gesamtbetriebsrat, erfolgt ist. Aufgrund des bestehenden Meinungsstreits empfiehlt sich aber auch die ergänzende Zuleitung an den Konzernbetriebsrat. Widmann/Mayer empfiehlt zudem unter Bezugnahme auf weitere Literaturstellen auch bei Vorhandensein eines Gesamtbetriebsrats im Interesse der Rechtssicherheit die Zuleitung an die Betriebsräte der einzelnen Betriebe.[174] Empfangszuständig ist der Vorsitzende des Betriebsverfassungsorgans, im Fall seiner Verhinderung dessen Stellvertreter (§ 26 Abs. 2 S. 2, § 51 Abs. 1, § 59 Abs. 1 BetrVG). Sind sowohl der Betriebsratsvorsitzende als auch sein Stellvertreter verhindert und hat der Betriebsrat versäumt, für diesen Fall Vorkehrungen zu treffen, kann die Zuleitung grundsätzlich gegenüber jedem Betriebsratsmitglied erfolgen.[175]

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      Besteht kein Betriebsrat, entfällt die Zuleitungspflicht. Es gibt keine ersatzweise Zuleitungspflicht an die betroffenen Arbeitnehmer. Gegenüber dem Registergericht muss das Nichtbestehen eines Betriebsrates glaubhaft gemacht werden. Dies erfolgt in der Regel durch Erklärung der beteiligten Rechtsträger und Gesellschafter in den Urkunden sowie einfache Versicherung der Anmeldenden in der betreffenden Registeranmeldung. Die teilweise in den Formularbüchern erwähnte eidesstattliche Versicherung der Anmeldenden wird nach gängiger Praxis der Registergerichte nur in extremen Ausnahmefällen gefordert. Unterbleibt die Zuleitung oder ist sie verspätet, liegt ein Anmeldungshindernis vor (Folgerung aus §§ 125 S. 1, 17 Abs. 1 UmwG).

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      Ebenfalls, aber nicht ausschließlich, haben die Vorschriften der §§ 125 S. 1, 61 S. 1, 122d S. 1 UmwG die rechtzeitige Information der Arbeitnehmer als Hintergrund. Durch sie ist geregelt, dass bei Beteiligung von Aktiengesellschaften als Rechtsträger von Umwandlungsvorgängen (Verschmelzung, Spaltung) sowie bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen die Entwürfe des Umwandlungsvertrages bzw. des Verschmelzungsplans einen Monat vor dem Hauptversammlungstermin, der die Zustimmung zum Umwandlungsvorgang auf der Tagesordnung hat, beim Handelsregister eingereicht sein müssen. Bejaht man diesen weiteren Schutzzweck der §§ 61, 122d UmwG, steht dies auch einer Verzichtbarkeit der Zuleitung der Entwürfe durch alle Aktionäre entgegen, welche teilweise diskutiert wird.[176]

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      Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) ist am 29.12.2006 in Kraft getreten und regelt alle Fragen der Arbeitnehmerbeteiligung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Die Arbeitnehmerbeteiligung ist in einigen – jedoch nicht in allen – Punkten den Mitbestimmungsregelungen bei der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE),[177] in Deutschland im SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) umgesetzt, nachgebildet. Mitbestimmung i.S.d. MgVG ist ausschließlich die »Unternehmensmitbestimmung«, d.h. also die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan des Unternehmens, nicht etwa die Bildung eines international zusammengesetzten Betriebsratsgremiums. Grundsätzlich finden gem. § 4 MgVG die Mitbestimmungsregelungen des Staates Anwendung, in welchem der übernehmende Rechtsträger seinen Satzungssitz hat. Diese Regel wird jedoch für bestimmte Arbeitnehmergruppen dann durchbrochen, wenn das anzuwendende Mitbestimmungsrecht nicht den gleichen Umfang an Mitbestimmung vorsieht, wie sie bei den übertragenden Rechtsträgern bestand (§ 5 Abs. 2 MgVG), oder Betriebe des übernehmenden Rechtsträgers sich in einem anderen Mitgliedsstaat befinden (§ 5 Abs. 3 MgVG), oder bei einem der beteiligten Rechtsträger in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung des Verschmelzungsplans durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt waren und diese Gesellschaft gem. den Vorgaben des § 2 Abs. 7 MgVG mitbestimmt war (§ 5 Abs. 1 MgVG). In diesen Fällen


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