Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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      Der unberechtigte Besitzer kann vom Eigentümer für seine Verwendungen, die er auf die fremde Sache gemacht hat, nur nach §§ 994, 996, 999 einen Ersatz verlangen. Diese Spezialvorschriften schließen, wie § 996 noch eigens betont, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff. regelmäßig aus.

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      Das Gesetz unterscheidet in §§ 994-996 sowohl zwischen notwendigen und werterhöhenden (nützlichen) Verwendungen als auch zwischen dem auf Herausgabe verklagten oder bösgläubigen und dem unverklagten gutgläubigen Besitzer. Diese doppelte Unterscheidung macht die gesetzliche Regelung unübersichtlich.

      Kurz gesagt: Der unverklagte gutgläubige Besitzer hat nach §§ 994 I 1, 996 stets Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen und wertsteigernden (nützlichen) Verwendungen, während der auf Herausgabe verklagte und der bösgläubige Besitzer nach § 994 II mit §§ 677 ff. nur Ersatz für ihre notwendigen Verwendungen verlangen können und nur unter den strengen Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.

      Andere als notwendige oder wertsteigernde Verwendungen werden nie ersetzt.

      § 999 regelt den besonderen Fall, dass während der Verwendungszeit der Eigentümer oder der Besitzer wechselt, und ergänzt die §§ 994, 996.

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      Obwohl die §§ 994 ff. auf den unberechtigten Eigenbesitzer zugeschnitten sind, gelten sie auch für den unberechtigten Fremdbesitzer, freilich mit einer Einschränkung: Damit der unberechtigte Fremdbesitzer nicht besser fahre als der berechtigte, werden ihm seine Verwendungen nur dann nach §§ 994 ff. ersetzt, wenn er sie auch im Rahmen seines vermeintlichen Besitzrechts, etwa aus Miete oder Pacht, ersetzt bekäme[67].

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      Da Reparaturkosten in der Regel notwendige Verwendungen auf die beschädigte Sache sind, bietet sich § 994 mit §§ 1000 ff. als Anspruchsgrundlage an. Man muss jedoch drei Fälle unterscheiden (RN 198, 199, 202):

- Hat der Eigentümer selbst den Reparaturauftrag erteilt, ist § 994 nicht anwendbar. Da der Unternehmer nach §§ 647, 986 ein Recht zum Besitz hat, ist der Herausgabeanspruch aus § 985 unbegründet, und es fehlt ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.
- Hat ein Nichteigentümer, etwa ein Mieter, den Reparaturauftrag erteilt, muss man weiter unterscheiden:
- War der Nichteigentümer gegenüber dem Eigentümer nicht nur zum Besitz, sondern auch zur Instandhaltung der fremden Sache berechtigt oder gar verpflichtet, erlangt auch der Unternehmer für die Dauer dieses Besitzrechts ein Recht zum Besitz nach § 986 I 1, das den Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 ausschließt. Ohne ein EigentümerBesitzer-Verhältnis sind auch die §§ 994 ff. nicht anwendbar. Ein gesetzliches Unternehmerpfandrecht nach § 647 erwirbt der Unternehmer nicht, auch nicht kraft guten Glaubens (RN 1371), und kann seinen Anspruch auf den Werklohn nur gegen seinen Vertragspartner geltendmachen.
- War der Nichteigentümer gegenüber dem Eigentümer entweder nicht zum Besitz oder nicht zur Weitergabe des Besitzes berechtigt, erlangt auch der Unternehmer kein Recht zum Besitz gegenüber dem Eigentümer, und es entsteht ein Eigentümer-BesitzerVerhältnis nach §§ 987 ff. Dies gilt auch dann, wenn das Besitzrecht des Nichteigentümers erlischt, denn damit verliert auch der Unternehmer sein abgeleitetes Besitzrecht[68]. Die Rechtsprechung unterscheidet auch nicht danach, ob der Besitzer die Verwendungen (Reparatur) während oder nach der Zeit seines Besitzrechts gemacht hat, sondern behandelt beide Fälle gleich und gibt dem unberechtigt besitzenden Unternehmer die Ansprüche aus §§ 994 ff.[69].
2. Die Rechtsfolge des Anspruchs auf Verwendungsersatz

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      Rechtsfolge der §§ 994, 996, 999 ist ein dinglicher Anspruch des unberechtigten Besitzers gegen den Eigentümer auf Verwendungsersatz.

      Verwendungen sind Aufwendungen zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung einer Sache[70]. Nach dieser engen Definition des BGH sind Aufwendungen, welche die Sache umgestalten, keine Verwendungen mehr[71].

      Beispiele

       Verwendungen sind:

- die Reparatur einer beschädigten oder fehlerhaften Sache samt Material- und Arbeitslohnkosten (BGH 27, 317; 34, 122; 51, 250; NJW 2002, 2875);
- die Renovierung eines Hauses durch geldwerte Eigenarbeit des Besitzers (BGH 131, 220);
- der Wiederaufbau eines zerstörten Hauses (BGH 41, 341);
- die Kosten der Bestellung eines landwirtschaftlichen Grundstücks nach § 998;
- die Mietzinszahlung für eine Imbissstube zwecks Erhaltung der Einrichtung, der Ausstattung und der Warenvorräte (BGH NJW 78, 1256: nach Rücktritt vom Kaufvertrag über den Gewerbebetrieb).

       Keine Verwendungen sind:

- die Bebauung eines unbebauten Grundstücks oder der Bau eines achtstöckigen Wohnblocks an Stelle von 2 Einzelhäusern (BGH 41, 157; NJW 2002, 3478);
- die Kosten für den Erwerb der Sache (BGH DB 86, 1563).

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      Verwendungsersatz ist in aller Regel Geldersatz in Höhe des Aufwands, den auch der Eigentümer selbst hätte investieren müssen[72], der Anspruch auf Verwendungsersatz also ein Zahlungsanspruch, der nach § 256 zu verzinsen ist. Besteht die Verwendung in einer vertraglichen Verpflichtung, etwa durch Abschluss eines Reparaturvertrags, hat der unberechtigte Besitzer nach § 257 Anspruch auf Schuldbefreiung.

      Wie aber macht der Besitzer seinen Anspruch auf Verwendungsersatz geltend? Die §§ 1000-1003 beantworten die Frage so, dass die Angelegenheit rasch abgewickelt werden kann[73].

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      Nach § 1000 S. 1 kann der Besitzer seinen Verwendungsersatz


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