Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
nach § 377 II, III HGB alle Mängelrechte des Käufers[442], auch die Schadensersatzansprüche aus Vertragsverletzung oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen, wenn sie auf dem Sachmangel beruhen[443], es sei denn, der Käufer habe nach § 377 IV HGB den Mangel rechtzeitig gerügt oder der Verkäufer nach § 377 V HGB den Mangel arglistig verschwiegen. Unberührt bleiben Schadensersatzansprüche wegen anderer Vertragsverletzungen, etwa wegen fehlender Aufklärung, Warnung oder Verpackung[444], und erst recht Ansprüche aus unerlaubter Handlung[445].
5.3 Die rechtsvernichtende Einwendung des Ablaufs der Rügefrist
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Die Einwendung des Verkäufers aus § 377 II, III HGB hat drei Voraussetzungen: einen beiderseitigen Handelskauf[446], die Ablieferung der Ware und den Ablauf der Untersuchungs- und Rügefrist. Die Beweislast trägt der Verkäufer[447].
§ 377 HGB erfasst den Stückwie den Gattungskauf. Die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers entsteht mit der Ablieferung. Abgeliefert ist die Ware erst, wenn der Käufer sie ungehindert untersuchen kann[448]. Auch die fehlerhafte Mängelbeseitigung oder Ersatzlieferung ist zu rügen[449].
Beginn und Dauer der Untersuchungs- und Rügefrist hängen davon ab, ob der Mangel der Ware offen zu Tage liegt oder im Verborgenen blüht. Offene Mängel sind nach unverzüglicher Untersuchung unverzüglich anzuzeigen, versteckte erst unverzüglich nach Entdeckung (§ 377 I, III HGB)[450]. Offen zu Tage liegt ein Mangel schon dann, wenn der Käufer ihn mit zumutbarer Anstrengung leicht finden kann[451]. Letztlich zählt zwar nur die rechtzeitige Mängelrüge, die erforderliche Dauer der Untersuchung bestimmt aber entscheidend die Länge der Rügefrist. Wo und wie die abgelieferte Ware zu untersuchen ist, sagen die Gepflogenheiten des Handelsverkehrs, vor allem aber die Höhe des Aufwands und des Schadensrisikos[452].
Beispiele
- | Zu untersuchen ist am Ablieferungsort, möglichst schon im Abladehafen (BGH 60, 5: fob-Ölkauf). |
- | Große Warenmengen sind durch Stichproben an verschiedenen Stellen der Ladung zu untersuchen (BGH BB 77, 1019: Pilzkonserven; RG 106, 362: Konserven; OLG Düsseldorf DB 73, 1395: paketweise verpacktes Fotoalbenpapier). |
- | Tiefgefrorenes Fleisch ist stichprobenweise aufzutauen (OLG Oldenburg NJW 98, 388). |
- | Lässt der Käufer die Ware direkt an seinen Abnehmer ausliefern, darf er diesem auch die Untersuchung überlassen, behält aber das Risiko einer verspäteten Mängelanzeige (BGH NJW 78, 2394). |
5.4 Der Gegeneinwand der rechtzeitigen Mängelrüge
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Der Käufer behält seine Mängelrechte, wenn er den Mangel unverzüglich, also „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 II BGB), anzeigt. Dafür trägt er die Beweislast. „Unverzüglich“ ist zwar ein unbeweisbarer Rechtsbegriff, beweisbar sind aber die Tatsachen für eine unverzügliche Mängelrüge. Der Käufer muss nachweisen, dass und wann er den Mangel gegenüber dem Verkäufer gerügt habe[453].
Die Mängelrüge ist keine Willenserklärung, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung, analog § 130 aber gleichfalls empfangsbedürftig[454]. Die rechtzeitige Absendung der schriftlichen Rüge wahrt nach § 377 IV HGB zwar die Rügefrist, den Zugang ersetzt sie aber nicht[455]. Die Mängelrüge ist formfrei, so dass ein Telefonanruf genügt. Wenn der Käufer den Verkäufer aber nicht sogleich erreicht, hilft ihm nur eine rasche schriftliche Rüge[456]. Sie muss den Mangel, nicht auch dessen Ursache, so genau beschreiben, dass der Verkäufer ihn beseitigen und der Käufer später nicht auf andere ungerügte Mängel ausweichen kann[457].
5.5 Der Arglisteinwand des Käufers
Nach § 377 V HGB behält der Käufer seine Mängelrechte auch ohne Mängelrüge, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat[458]. Auch dafür trägt der Käufer die Beweislast.
5.6 Falschlieferung und Mengenfehler
§ 378 HGB, der die Rügelast des § 377 HGB auf genehmigungsfähige Falschlieferungen und Mengenfehler ausgedehnt hatte, ist durch die Schuldrechtsreform aufgehoben worden, da bereits § 434 III BGB beides als Sachmängel behandelt[459].
1. Kapitel Das gesetzliche System
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§ 516 I definiert die Schenkung als vertragliche unentgeltliche Zuwendung, meint damit aber nicht das Schenkungsversprechen, das erst in § 518 auftritt, sondern die Handschenkung, die wie der Handkauf das Verpflichtungsmit dem Erfüllungsgeschäft zusammenfasst und das Schenkungsversprechen durch die Rechtsgrundabrede: „schenkungshalber“ oder „schenkweise“ ersetzt.
Anders als das Kaufrecht beginnt das Schenkungsrecht nicht mit einer Anspruchsgrundlage. Die §§ 516, 517 handeln von der Handschenkung, und § 518 regelt nur die Form des Schenkungsversprechens. Die §§ 519, 528, 529 behandeln die Verarmung des Schenkers und die §§ 530-534 den groben Undank des Beschenkten. Diese Spezialregeln verdrängen weithin die allgemeine Vorschrift des § 313 über die Störung der Geschäftsgrundlage[1].
Die §§ 516-534 regeln die Schenkung unter Lebenden. Das Schenkungsversprechen nach § 518 soll, zumindest bedingt, noch zu Lebzeiten des Schenkers wirksam werden[2], mag es auch erst nach dessen Tod erfüllt werden und dem Erben zur Last fallen[3]. Dagegen soll das Schenkungsversprechen von Todes wegen nach § 2301 nur gelten, wenn der Beschenkte den Schenker überlebe; die Überlebensbedingung unterwirft es weitgehend dem Erbrecht[4].
1. Die Anspruchsgrundlage
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Anspruchsgrundlage ist ein nach § 518 I notariell beurkundetes vertragliches Schenkungsversprechen. Die Beweislast trägt der Anspruchsteller[5].
Wer sich jedoch gegen eine Kaufpreis-, Darlehens- oder Bereicherungsklage damit verteidigt, die Sache oder Geldsumme sei ihm geschenkt worden, muss die Schenkung nicht beweisen, denn er bestreitet damit nur den anspruchsbegründenden Kauf- oder Darlehensvertrag oder die rechtsgrundlose Bereicherung[6]. Auch wer eine Klage auf Herausgabe einer beweglichen Sache aus Vertrag, Eigentum, ungerechtfertigter Bereicherung oder unerlaubter Handlung damit abwehrt, die Sache sei ihm geschenkt worden, muss dies nicht beweisen, denn ihm hilft die gesetzliche Vermutung des § 1006 I 1, dass er mit dem Besitz auch Eigentum erworben habe[7].
2. Die Rechtsfolge des Schenkungsversprechens
Rechtsfolge des formgültigen vertraglichen Schenkungsversprechens ist ein Anspruch des Beschenkten gegen den Schenker auf das versprochene Geschenk. Gemäß § 516 ist dies eine Zuwendung aus dem Vermögen des Schenkers, die den Beschenkten bereichert. Schenken kann man Sachen und Rechte[8], gemäß § 518 I 2 auch selbständige Schuldanerkenntnisse und Schuldversprechen[9], außerdem Schulderlass[10] und Schuldbefreiung. Der Parteiwille bestimmt, was geschenkt werden soll, die überlassene Geldsumme selbst oder die Sache, die der Beschenkte damit erwerben soll[11].
Keine