Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
haften nur dann als Gesamtschuldner, wenn sie gleichzeitig beschenkt worden sind[47]. Der Gesamtschuldnerausgleich richtet sich auch dann nach § 426, wenn ein Sozialhilfeträger den Anspruch auf sich übergeleitet hat[48]. Der Schenker kann nicht im Voraus bestimmen, welcher Beschenkte letztlich den Notbedarf ausbaden soll, denn der Rückgewähranspruch aus § 528 I entsteht unmittelbar kraft Gesetzes und nimmt auf den Willen des Schenkers keine Rücksicht[49].
Werden mehrere Personen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander beschenkt, haften sie nach § 528 II hintereinander, und den letzten beißen die Hunde zuerst[50].
2.3 Die Abwendungsbefugnis des Beschenkten
Der Beschenkte darf nach § 528 I 2 die Herausgabe des Geschenks durch Zahlung des erforderlichen Unterhalts abwenden, und nach § 528 I 3 sind die §§ 760, 1613, 1615 auf die Verpflichtung des Beschenkten entsprechend anwendbar[51].
Schuldet der Beschenkte, etwa nach einer Grundstücksschenkung, gemäß § 818 II von Anfang an nur Wertersatz in Geld, kann ihm § 528 I 2 nicht helfen, aber er darf sich durch Rückgabe des ganzen Geschenks von seiner Zahlungspflicht befreien[52].
2.4 Der Ausschluss des Herausgabeanspruchs des Schenkers
Nach § 529 I ist der Herausgabeanspruch aus § 528 I 1 ausgeschlossen, wenn der Schenker sich vorsätzlich oder grob fahrlässig bedürftig gemacht hat, oder wenn das Geschenk schon 10 Jahre alt ist, bevor der Notbedarf des Schenkers entsteht[53].
Ein Grundstück ist schon durch Auflassung und Eintragungsantrag des Empfängers zugewendet, denn dadurch erlangt er ein Anwartschaftsrecht auf Eigentum[54]. Dass sich der Schenker lebenslang den Nießbrauch vorbehält, verhindert den Beginn der Ausschlussfrist nicht[55].
Nach § 529 II ist der Herausgabeanspruch nicht durchsetzbar, solange der Beschenkte mit der Rückgabe des Geschenks seinen eigenen standesgemäßen Unterhalt oder die Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten gefährden würde[56].
Die Beweislast für diese Ausnahmen trägt der Beschenkte als Anspruchsgegner. Der Anspruch aus § 528 I 1 erlischt außerdem:
- | wenn der Beschenkte nach § 818 III nicht (mehr) bereichert ist und weder nach § 818 IV noch nach § 819 verschärft haftet (zur Beweislast: RN 900, 908); |
- | wenn der Schenker stirbt, bevor er den Anspruch geltend machen kann, oder wenn er ihn abgetreten und ein Dritter ihm bis zum Tode Unterhalt geleistet hat[57]. Der Anspruch erlischt nicht, soweit der Schenker Sozialhilfe bezogen hat[58]. Auch kann der Beschenkte dem Herausgabeanspruch nicht den Aufwand entgegenhalten, der ihm durch die freiwillige Pflege des Schenkers entstanden ist[59]. |
Der Anspruch aus § 528 auf Herausgabe des geschenkten Grundstücks oder auf Wertersatz in Geld verjährt nach § 196 in zehn Jahren[60].
1. Der Anspruch des Schenkers auf Herausgabe des Geschenks
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Nach §§ 530, 531 kann der Schenker seine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen und das Geschenk als ungerechtfertigte Bereicherung zurückfordern, denn der Widerruf beseitigt den Rechtsgrund der Zuwendung, und der Beschenkte ist jetzt auf Kosten des Schenkers rechtsgrundlos bereichert[61].
Herauszugeben ist nach §§ 531 II, 812 I in erster Linie das Geschenk selbst[62]. Soweit eine Herausgabe aber nicht (mehr) möglich ist oder nicht ausreicht, schuldet der Beschenkte nach § 818 II Wertersatz in Geld, es sei denn, er ist nach § 818 III nicht (mehr) bereichert.
Beispiele
- | Wer als Geschenk einen Bauplatz erhalten und auf eigene Kosten bebaut hat, soll nach §§ 531 II, 93, 94 zwar das bebaute Grundstück herausgeben, nach § 818 III aber nur Zug um Zug gegen Erstattung seiner Aufwendungen (BGH NJW 80, 1789). Grund und Höhe der Entreicherung muss er freilich beweisen (RN 901 f.). |
- | Hat der Beschenkte das Grundstück nicht nur bebaut, sondern für eine Kreditschuld auch noch mit einem valutierten Grundpfandrecht belastet, schuldet er sowohl die Rückauflassung des belasteten Grundstücks als auch Wertersatz nach § 818 II für die Belastung sowie die Abtretung des schuldrechtlichen Anspruchs auf Löschung des Grundpfandrechts im Grundbuch Zug um Zug gegen Befreiung von der Kreditschuld. Seine Verwendungen auf das Grundstück entreichern ihn nach § 818 III oder sind ihm nach §§ 812 I, 818 II zu erstatten (BGH NJW 99, 1626). |
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Bei der gemischten Schenkung (RN 155) muss man unterscheiden: Ist die Zuwendung teilbar (Geldsumme), gebührt dem Schenker nur der unentgeltliche Teil. Ist die Zuwendung unteilbar (Hausgrundstück), wird eine weitere Unterscheidung nötig: Überwiegt der entgeltliche Teil, hat der Schenker nur einen Geldanspruch in Höhe des unentgeltlichen Mehrwerts. Die ganze Zuwendung darf er nur dann heraus verlangen, wenn die unteilbare Zuwendung überwiegend unentgeltlich ist, nach § 818 III aber nur Zug um Zug gegen Erstattung des Entgelts[63].
Schon vor dem Widerruf der Schenkung kann der künftige Anspruch des Schenkers auf Rückübereignung des geschenkten Grundstücks wegen groben Undanks nach § 883 I 2 durch eine Vormerkung gesichert werden[64].
2. Die Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs
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Der Herausgabeanspruch aus § 531 II hat drei Voraussetzungen: eine Schenkung, ein Widerrufsrecht und eine Widerrufserklärung. Die Beweislast trägt der Schenker[65].
Nach § 530 I darf der Schenker die Schenkung widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige groben Undanks schuldig gemacht hat. Unter einer schweren Verfehlung versteht man eine vorsätzliche Handlung des Beschenkten von einigem Gewicht[66]. Sie muss sich gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige richten; hier zählt weniger der Grad der Verwandtschaft als die persönliche Nähe zum Schenker. Die Schwere der Verfehlung hängt vom Verhalten beider Seiten ab[67].
Die Verfehlung eines Dritten genügt nur, wenn der Beschenkte sie vorsätzlich nicht verhindert, obwohl er moralisch dazu verpflichtet ist[68].
Der Beschenkte macht sich eines groben Undanks schuldig, wenn seine schwere Verfehlung gegen den Schenker eine undankbare Gesinnung offenbart[69].
Beispiele
- | Strafanzeige des Beschenkten gegen den Schenker nur aus „staatsbürgerlicher Pflicht“ (BGH 112, 259); |
- | belastende Zeugenaussage trotz Zeugnisverweigerungsrechts (BGH WM 70, 391); |
- | grundloser Betreuungsantrag wider besseres Wissen (OLG Düsseldorf FamRZ 99, 438); |
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Gründung eines Konkurrenzunternehmens durch den Kommanditisten, |