Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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keinen Anspruch auf Installation einer Parabolantenne, es sei denn, er ist Ausländer und braucht die Antenne, um Programme seines Heimatlandes empfangen zu können (BVerfG NJW 94, 2143; 96, 2858: eigenmächtige Installation; NJW 2002, 2166: Künstler; NJW 2005, 1709: Breitbandanschluss genügt in der Regel auch ausländischem Mieter; NJW 2013, 2180: Interessenabwägung und Schutz der Informationsfreiheit sprachlicher Minderheiten; ebenso BGH NJW 2006, 1062; 2008, 216; 2010, 436; kurdischer Mieter). Erst recht erfordert eine Funksendeanlage die besondere Erlaubnis des Vermieters (BayObLG NJW 81, 1275). - An geeigneter Stelle im Hausflur darf der Mieter seinen Kinderwagen, Rollstuhl, Rollator und dergleichen abstellen, auch wenn der Mietvertrag es nicht ausdrücklich erlaubt (BGH NJW 2007, 146). - Der Mieter darf, wenn der Mietvertrag es nicht besonders verbietet, die Wohnung sogar durch Rauchen verunreinigen (BGH NJW 2006, 2915: vertragsgemäßer Gebrauch), aber nicht derart beschädigen, dass sie durch Schönheitsreparaturen nicht wieder hergestellt werden kann (BGH NJW 2008, 1439; 2015, 1239; 2015, 1871). - Haustiere wie Hunde oder Katzen darf der Mieter, wenn der Mietvertrag dazu nichts sagt, nur mit Zustimmung des Vermieters in der Wohnung halten, der Vermieter die Zustimmung aber nur aus triftigem Grund verweigern (BGH NJW 2008, 218; 2013, 1526). Das totale Haustierverbot in einem vorformulierten Mietvertrag ist nichtig (BGH NJW 91, 1061; 2008, 218; 2013, 1526), auch wenn es durch den Vorbehalt einer Zustimmung des Vermieters abgeschwächt wird (BGH NJW 2013, 1526). - Der Mieter darf in der Wohnung nur mit Zustimmung des Vermieters ein Gewerbe betreiben, hat aber Anspruch auf die Zustimmung, wenn er weder Mitarbeiter noch nennenswerte Laufkundschaft hat, was er beweisen muss (BGH NJW 2009, 3157: Immobilienmakler). - Der Gewerberaummieter darf den Mietraum nur mit Zustimmung des Vermieters bewohnen (BGH NJW 2019, 1062: Rechtsanwaltsbüro).

      Nach § 538 darf der Mieter die Mietsache durch vertragsmäßigen Gebrauch abnutzen und verschlechtern. Dafür schuldet er weder Renovierung noch Schadensersatz[14], vielmehr hat der Vermieter nach § 535 I 2 die Mietsache während der ganzen Mietzeit voll gebrauchsfähig zu erhalten, denn der Mietzins vergütet auch die vertragsmäßige Abnutzung. Der Mietvertrag weicht davon meist ab (RN 184).

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      Der Vermieter hat nach § 535 II Anspruch auf den vereinbarten Mietzins als Entgelt für die Gebrauchsgewährung. Die Mietzinsschuld ist in der Regel eine periodisch fällige Geld- und Schickschuld (RN 179 ff.).

      Nimmt der Vermieter es längere Zeit widerspruchslos hin, dass der Mieter weniger Miete zahlt, als vereinbart ist, verliert er seinen Anspruch auf die Restmiete nur unter den strengen Voraussetzungen einer stillschweigenden Vertragsänderung oder einer Verwirkung nach § 242[15].

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      Anspruchsvoraussetzung nach § 535 ist ein Mietvertrag. Die Beweislast trägt der Anspruchsteller, für den Mietzinsanspruch also der Vermieter[16].

      Miete ist entgeltliche Gewährung des Sachgebrauchs auf Zeit[17]. Die vereinbarten Hauptpflichten bestimmen den Vertragstyp. Es kommt nicht darauf an, wie die Parteien ihren Vertrag bezeichnen, sondern nur darauf, was sie einander versprechen (zur Abgrenzung: RN 197).

      Der Mietvertrag begründet ein vertragliches Schuldverhältnis (§ 311 I) mit Verpflichtungen und Forderungen (§ 241 I): das Mietverhältnis. Es entsteht schon mit Vertragsschluss, nicht erst mit Überlassung der Mietsache[18]. Anders als das Kaufverhältnis erschöpft es sich nicht im einmaligen Leistungsaustausch, sondern begründet Dauerpflichten. Als Dauerschuldverhältnis verpflichtet es beide Seiten zu besonderer Rücksicht (§ 242)[19] und ist aus wichtigem Grund jederzeit kündbar (§§ 543, 569).

      Der Mietvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag (§§ 320 ff.), der Mietzins die Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung und umgekehrt. Sobald aber der Mieter die Mietsache besitzt, wird der gesetzliche Rücktritt durch die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt[20]. Jedoch kann das Mietverhältnis auch noch nach Überlassung der Mietsache an den Mieter wegen arglistiger Täuschung nach §§ 123, 142 rückwirkend angefochten werden[21].

      Der Mietvertrag ist schließlich ein Rechtsgeschäft (§§ 104 ff.) und ein Vertrag (§§ 145 ff.). In der Regel ist er formfrei, nur die langfristige Wohnungs-, Raum- und Grundstücksmiete muss nach §§ 550, 578 I schriftlich geschlossen werden, jedoch ist der formwidrige Mietvertrag nicht nach § 125 nichtig, sondern nach § 550 nur vorzeitig kündbar.

      Die Missachtung der vereinbarten Schriftform schadet nach § 127 dann nicht, wenn sie nur den Beweis sichern soll und die Vertragspartner das Mietverhältnis vollziehen oder das beendete Mietverhältnis stillschweigend fortsetzen[22].

      Der vorformulierte und vom Vermieter gestellte Mietvertrag unterliegt der strengen Kontrolle nach §§ 305 ff.[23].

      Unwirksam ist nach § 555 die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zu Lasten des Wohnungsmieters[24].

      Jede Vertragsänderung bedarf der Zustimmung beider Vertragspartner.

      Beispiele

- Will der Wohnraumvermieter den Betrieb der Heizungsanlage einem Dritten übertragen, braucht er dazu die Zustimmung des Mieters, wenn der Mietvertrag diese Frage nicht regelt und dem Mieter Mehrkosten entstehen (BGH NJW 2005, 1776).
- Dass der Vermieter eine Minderung des Mietzinses längere Zeit hinnimmt, heißt noch nicht, er sei mit ihr einverstanden (BGH NJW 2006, 219: allenfalls Verwirkung).

      Die Vertragspartner können dritte Personen, die mit der Mietsache in Berührung kommen, derart in den Schutz des Mietvertrags einbeziehen, dass sie zwar nicht Vertragspartner werden, aber mit vertraglicher Sorgfalt zu behandeln sind (RN 1472, 1476)[25].

3. Kapitel Die Mietsache

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      Mieten und vermieten kann man nur Sachen, nach § 90 also körperliche Gegenstände, auch künftige, die erst noch herzustellen sind[26], auch Teile von Sachen: einzelne Wohnungen, Räume, Hauswände oder andere Werbeflächen.

      Das Mietrecht unterscheidet folgende Mietsachen:

- Wohnräume (§§ 549-577a),
- Geschäftsräume (§§ 580, 580a II),
- andere Räume (§§ 578
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