Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
(§§ 578 I, 579 I, 580, 580a I),
2. Wohnräume
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Das neue Mietrecht stellt die Wohnungsmiete mit den §§ 549-577a schwergewichtig ins Zentrum der rechtlichen Regelung. Das soziale Mietrecht, das den Wohnungsmieter besonders schützen soll, schließt abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters aus.
Wohnungsmiete ist Miete von Räumen zum Wohnen, also vor allem zum Kochen, Essen und Schlafen. Zur Wohnung gehören auch die nötigen Nebenräume: Flur, Bad und WC. Ob es sich um Wohnungsmiete oder um einfache Raummiete handelt, bestimmt der Vertragszweck. Es genügt nicht, dass die Räume sich zum Wohnen eignen, sie müssen vielmehr zum Wohnen des Mieters ge- und vermietet sein[27].
Für das Mietverhältnis über Wohnräume gelten in erster Linie die besonderen Vorschriften der §§ 549-577a, gemäß § 549 I aber auch die allgemeinen Vorschriften der §§ 535-548, soweit die §§ 549-577a nichts anderes bestimmen.
§ 549 II, III nennt diejenigen Mietverhältnisse, die vom Mieterschutz mehr oder weniger verschont bleiben.
Kein Wohnmietverhältnis begründet die Miete von Wohnräumen zur gewerblichen Weitervermietung (RN 190) und auch nicht der Mietvertrag der Gemeinde mit dem Hauseigentümer, um Flüchtlinge unterzubringen[28].
3. Andere Räume
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Raummiete ist Miete eines Gebäudes oder von Innenräumen eines Gebäudes nicht zum Wohnen, sondern zu anderen Zwecken, etwa zum Betrieb eines Gewerbes oder zur Ausübung eines freien Berufes[29].
Beispiele
- | Ladengeschäft (BGH NJW 2016, 2489: Werbegemeinschaft im Einkaufszentrum), Werkstatt, Fabrik, Gaststätte; |
- | Arzt- und Anwaltspraxis (BGH NJW 2019, 1062); |
- | Garage, Sporthalle, Musiksaal, Konferenzräume; |
- | Raum mit Geräten im Fitnessstudio (BGH NJW 2012, 1431). |
Für die Kündigung unterscheidet § 580a zwischen Geschäftsräumen (II) und sonstigen Räumen (I). § 578 II 3 erstreckt den § 569 I zur fristlosen Kündigung auf Räume, die zum menschlichen Aufenthalt bestimmt sind.
Beispiel
Eine GmbH mietet ein Reihenhaus als Büro für den Geschäftsbetrieb und als Wohnung für den Geschäftsführer, insgesamt also als Geschäftsraum nach § 580a II (BGH NJW 2008, 3361).
4. Grundstücke
Grundstücksmiete ist Miete eines unbebauten Grundstücks oder eines Grundstücksteils, der kein Raum ist[30].
Beispiele
- | Der Mieter soll das Grundstück bebauen, sei es für die Dauer des Mietverhältnisses (BGH 92, 70) oder um das Gebäude bei Mietende dem Vermieter zu überlassen (BGH WM 64, 426; 68, 793); |
- | Ein ausgebeuteter Steinbruch soll mit Klärschlamm aufgefüllt werden (BGH 86, 71); |
- | Werbefläche an der Hauswand; |
- | Autostellplatz (BGH NJW 2020, 755); |
- | Teilfläche eines Camping-Platzes (OLG Frankfurt NJW-RR 86, 108). |
5. Bewegliche Sachen
An beweglichen Sachen werden vor allem Kraftfahrzeuge, Computer und Standard-Software[31] gemietet oder geleast. Der Leihwagen ist, so er etwas kostet, ein Mietauto[32].
6. Die Mischmiete
Werden durch einen Vertrag mehrere Sachen vermietet, für die unterschiedliche Regeln gelten, wie möblierter Wohnraum oder Wohn- und Geschäftsraum oder Grundstück mit Zubehör, muss man unterscheiden: Sind die verschiedenen Sachen nach dem Parteiwillen getrennt oder trennbar vermietet, folgt jede Mietsache ihren eigenen Regeln[33], sodass auch eine Teilkündigung möglich ist. Sind die Sachen nach dem Parteiwillen jedoch untrennbar vermietet wie die möbelierte Wohnung, die Wohnung mit Garage und das Haus mit Wohn- und Gewerberäumen, gibt der Schwerpunkt der vereinbarten Nutzungsart den Ton an[34] und ist eine Teilkündigung ausgeschlossen[35].
1.1 Die freie Vereinbarung des Mietzinses
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Der Mietzins ist der Preis, den der Mieter dem Vermieter für die Gebrauchsgewährung verspricht. Meist besteht er aus einer bestimmten, periodisch zahlbaren Geldsumme[36], aber das ist nicht notwendig. Als Mietzins kann auch eine einmalige Zahlung[37] oder eine ganz andere Leistung, etwa eine Hausmeistertätigkeit, vereinbart werden, denn Vermieter und Mieter können ihn bis zur Wuchergrenze des § 138 II frei aushandeln.
Frei vereinbar ist auch der Mietzins für die Mietwohnung, soweit nicht das öffentliche Wohnungsbaurecht für preisgebundenen Wohnraum[38] oder das Mietrechtsnovellierungsgesetz mit den §§ 556d-556g oder § 5 WiStrG mit § 134 einen Riegel vorschiebt[39]. Nehmen die Vertragspartner irrig an, die Mietwohnung sei preisgebunden, stört dies nach langer Mietdauer gemäß § 313 die Geschäftsgrundlage und der Mietzins ist bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete anzupassen[40].
Den Mietzins regeln die §§ 556-561 zum Schutze des Wohnungsmieters nicht selten unabdingbar. Sie gelten freilich nicht für alle Wohnmietverhältnisse, § 549 II, III nimmt ein paar besondere Mietverhältnisse von den §§ 556d-556g und den §§ 557-561 aus.
Die Höhe des Mietzinses soll wie jede schuldrechtliche Leistung bestimmbar sein[41]. Der Mietvertrag muss sie aber nicht selbst bestimmen, sondern kann die Bestimmung nach §§ 315 ff. einer Partei oder einem Dritten überlassen, muss freilich den Maßstab dafür vorgeben[42]. Vereinbaren die Parteien eine „angemessene Miete“, bestimmt letztlich das Gericht die Höhe[43].
Beispiel
Die Parteien sind Schwestern. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses, die Beklagte bewohnt einen Anbau, für dessen Errichtung sie 115 000,– DM an die Klägerin gezahlt hat. Die Klägerin klagt auf Räumung und Herausgabe des Anbaus.
Die Entscheidung richtet sich nach Mietrecht, denn zwischen den Parteien besteht ein Wohnmietverhältnis. Die Höhe des Mietzinses, der mit der Vorauszahlung der Beklagten zu verrechnen ist, wurde zwar nicht ausdrücklich vereinbart, lässt sich aber durch ergänzende Vertragsauslegung oder analog §§ 612 II, 632 II als üblichen oder angemessenen Mietzins bestimmen. Soweit die Vorauszahlung