Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters sind unwirksam (V)
4. Die Mieterhöhung
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Nach § 557 I dürfen Vermieter und Mieter auch die Wohnraummiete vertraglich erhöhen[59]. Schon der Mietvertrag kann nach §§ 557 II, 557a, 557b den Mietzins durch Vereinbarung einer Staffel- oder Indexmiete für die Zukunft ändern (RN 181).
Einseitig darf der Vermieter eine Mieterhöhung nur nach § 557 III verlangen, soweit dies nicht vertraglich ausgeschlossen ist. Er hat zwei Möglichkeiten: nach § 558 kann er eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen und nach § 559 eine Mieterhöhung nach Modernisierung der Wohnung. Die umfangreichen §§ 558-561 in der Fassung durch das Mieterhöhungsanpassungsgesetz von 18.12.2018[60] und das Gesetz über die zulässige Miethöhe von 19.3.2020 regeln die Einzelheiten.
Nach § 558 I kann der Vermieter vom Mieter verlangen, dass er einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zustimmen, wenn die bisherige Miete zur Zeit der Mieterhöhung seit 15 Monaten unverändert ist (S. 1)[61]. Die Mieterhöhung kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung verlangt werden (S. 2). Erhöhungen nach §§ 559–560 werden nicht berücksichtigt (S. 3). Aus welchen Faktoren die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet werde, regelt § 558 II[62].
Durch die Erhöhung nach § 558 I darf sich die Miete gemäß § 558 III binnen 3 Jahren, abgesehen von Erhöhungen nach §§ 559-560 um höchstens 20 % erhöhen (Kappungsgrenze)[63], jedoch um höchstens 15 %, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen besonders gefährdet ist, was die Landesregierung durch Verordnung für höchstens 5 Jahre bestimmen darf. Ausnahmen von der Kappungsgrenze macht § 558 IV. Drittmittel sind nach § 558 V vom Jahresbetrag der zu erhöhenden Miete abzuziehen[64].
Das Mieterhöhungsverlangen bedarf nach § 558a der Textform (I ) und ist zu begründen (I–IV)[65].
§ 558b regelt die Rechtsfolgen des Mieterhöhungsverlangens[66]. Soweit der Mieter zustimmt, schuldet er die erhöhte Miete ab Beginn des 3. Kalendermonats nach Zugang des Erhöhungsverlangens (I). Soweit der Mieter nicht bis zum Ablauf des 2. Kalendermonats zustimmt, kann der Vermieter den Mieter auf Zustimmung verklagen und muss die Klage binnen weiterer drei Monate erheben (II). Wenn das Erhöhungsverlangen nicht dem § 558a entspricht, kann der Vermieter den Mangel noch im Rechtsstreit beheben (III). Die §§ 558a, 558b sind anspruchsbegründend[67].
Die §§ 558c–558e sind Hilfsnormen zum Mietspiegel, zum qualifizierten Mietspiegel und zur Mietdatenbank, welche die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erleichtern sollen[68].
§ 559 berechtigt den Vermieter, nachdem er Modernisierungsmaßnahmen des § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 durchgeführt hat, die jährliche Miete um 8 % der aufgewendeten Kosten zu erhöhen (I). Erforderlich sind eine Modernisierung und bauliche Veränderung durch nachhaltige Einsparung von Energie, durch Reduzierung des Wasserverbrauchs, durch Erhöhung des Gebrauchswertes der Mietsache, durch Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse oder durch bauliche Veränderungen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat und die keine Erhaltungsmaßnahmen sind[69]. Kosten für Erhaltungsmaßnahmen gehören nicht dazu (II). Werden mehrere Wohnungen modernisiert, sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen zu verteilen (III). Die Erhöhung der jährlichen Miete ist begrenzt (III a). Sie ist ausgeschlossen, soweit sie den Mieter unbillig hart treffen würde (IV, V)[70].
Drittmittel sind nach § 559a keine Modernisierungskosten (I mit Sonderregeln für öffentliche Darlehen in II und Mieterdarlehen in III).
Die Mieterhöhung ist dem Mieter nach § 559b in Textform zu erklären (I 1) und nur wirksam, wenn sie die Erhöhung begründet und entsprechend §§ 559, 559a erläutert (I 2). § 556c III ist entsprechend anzuwenden (I 3). Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats ab Zugang der Erklärung (II 1 mit Fristverlängerung in II 2).
§ 559c regelt in fünf gewichtigen Absätzen ein „vereinfachtes Verfahren“ zur Mieterhöhung.
§ 559d vermutet, dass der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen seine Pflichten aus dem Schuldverhältnis verletze (I mit Ausnahme in II).
Nach § 561 I muss der Mieter einer Mieterhöhung durch den Vermieter gemäß § 559 nicht tatenlos zusehen, sondern darf das Wohnmietverhältnis bis zum zweiten Monat nach Zugang der Erklärung des Vermieters zum Ablauf des übernächsten Monats außerordentlich kündigen und die Mieterhöhung unwirksam machen.
Die §§ 557–561 sind nach § 549 II, III auf den dort beschriebenen Wohnraum nicht anwendbar.
Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach §§ 557 IV, 558 VI, 558a V, 558b IV, 559 VI, 559a V, 559b III und 561 II unwirksam.
5. Die Betriebskosten der Mietsache
5.1 Die Vereinbarung über die Betriebskosten
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Laut Gesetz schuldet der Mieter nur den Mietzins und bleiben die Betriebskosten der Mietsache am Vermieter hängen. Im Mietvertrag jedoch wälzt der Vermieter die Betriebskosten meist auf den Mieter ab[71].
Das ist in bestimmtem Umfang auch für das Wohnraummietverhältnis erlaubt: § 556 regelt den zulässigen Inhalt der Vereinbarung und die Abrechnung, § 556a liefert den Maßstab für die Umlegung der Betriebskosten.
Nach § 556 darf der Vermieter Betriebskosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen[72], vertraglich, auch vorformuliert, auf den Wohnungsmieter umlegen (I 1, 2)[73], entweder als Pauschale oder als angemessene Vorauszahlung (II)[74]. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl I, 2346, 2347) fort, bis die Bundesregierung durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt (I 3, 4).
Wie die Betriebskosten umzulegen sind, sagt § 556a: nicht nach der Zahl der Bewohner, sondern nach dem Anteil der Wohnfläche (I 1), Verbrauchskosten aber nach dem Verbrauch (I 2)[75]. Die abweichende Vereinbarung geht vor[76], jedoch darf der Vermieter für die Zukunft in Textform eine Umlegung nach dem Verbrauch oder der Verursachung bestimmen (II). Ist eine Umlegung nach der Wohnfläche vereinbart, trägt der Vermieter den Anteil der Betriebskosten, der auf eine leer stehende Wohnung entfällt[77].
Wenn der Mieter die Betriebskosten für Heizwärme und Warmwasser trägt, darf der Vermieter von der Eigenversorgung zur Fremdversorgung durch einen Wärmelieferanten wechseln und die Kosten dem Mieter aufbürden; die Einzelheiten regelt § 556c.
5.2 Die Abrechnung der Betriebskosten
Nach § 556 III 1 hat der Wohnungsvermieter die Vorauszahlungen des Mieters auf die Betriebskosten jährlich abzurechnen[78] und dabei den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Wirtschaftlich sind nur die notwendigen Maßnahmen einer ordentlichen Bewirtschaftung[79] und ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis[80].