Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
9. Die persönliche Verhinderung des Mieters
Nach § 537 I muss der Mieter den Mietzins auch dann bezahlen, wenn er die Mietsache aus persönlichen Gründen nicht gebrauchen kann (S. 1), denn zu vergüten ist nicht erst der Gebrauch, sondern schon die Gebrauchsmöglichkeit. Der Vermieter muss sich nur den ersparten Aufwand anrechnen lassen (S. 2).
Erst recht schuldet der Mieter den versprochenen Mietzins auch dann, wenn er aus freien Stücken vorzeitig auszieht oder gar nicht erst einzieht[146]. Die Vorteile aus einer Weitervermietung muss sich der Vermieter, der am Vertrag festhält, nicht anrechnen lassen, denn der Einwand des Mieters, der Vermieter sei zur Vertragserfüllung nicht mehr imstande, widerspricht Treu und Glauben[147].
Jedoch schuldet der Mieter nach § 537 II solange keinen Mietzins, als der Vermieter außerstande ist, dem interessierten Mieter den Mietgebrauch zu gewähren, weil er die Mietsache einem Dritten überlassen hat.
1. Die freie Wahl des Vermieters und die vertragliche oder gesetzliche Beschränkung
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In der Wahl seines Mieters war der Vermieter lange Zeit frei. Zum Abschluss eines Mietvertrags verpflichteten ihn nur der Mietvorvertrag[148] und die Nachfolgeklausel im Mietvertrag: Der Vermieter verspricht, an einen geeigneten Nachmieter, den der Mieter beibringt, zu vermieten[149]. Ohne Nachfolgeabrede musste der Vermieter keinen Nachmieter akzeptieren, den der Mieter ihm brachte, und den Mieter auch nicht vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen[150].
Seit dem 18.8.2006 jedoch schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch den Mietinteressenten vor diskriminierender Ungleichbehandlung und beschränkt massiv die Vertragsfreiheit des Vermieters[151], je nach Mietsache und Mietangebot in unterschiedlichem Maße (RN 1896 ff.).
- | Unzulässig ist nach § 19 I Nr. 1 AGG eine Benachteiligung wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der sexuellen Identität, der Behinderung oder des Alters bei der Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Schuldverhältnisses, wenn es sich um ein Massengeschäft oder ähnliches Geschäft handelt, bei dem das Ansehen der Person keine oder nur eine nachrangige Rolle spielt. Ein derartiges Massengeschäft ist die gewerbliche Vermietung beweglicher Sachen wie Baumaschinen, Kraftfahrzeuge, Fahrräder oder Videokassetten[152], die Vermietung von Geschäfts- oder Wohnraum hingegen nur, wenn sie sich auf einen vorübergehenden Gebrauch (Hotelzimmer, Ferienwohnung oder Ferienhaus) beschränkt[153], oder wenn der Vermieter eine große Zahl von Wohnungen anbietet. Die Vermietung von bis zu 50 Wohnungen ist nach § 19 V 3 AGG in der Regel noch kein Massengeschäft nach § 19 I Nr. 1 AGG. |
- | Ausnahmslos unzulässig ist nach § 19 II mit § 2 I Nr. 8 AGG für alle Mietverhältnisse eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, wenn die Mietsache durch Zeitungsinserat, durch Makler oder im Internet öffentlich angeboten wird, mag es sich auch um die einzige Wohnung des Anbieters handeln[154]. |
- | § 19 III AGG erlaubt eine unterschiedliche Behandlung, wenn sie im Zuge einer Städteplanung sozial stabile Bewohner- und ausgewogene Siedlungsstrukturen schaffen oder erhalten soll, was auf Großvermieter gemünzt ist. |
- | § 19 V 1, 2 AGG gestattet die freie Mieterwahl, wenn das Mietverhältnis ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet, etwa weil die Parteien oder ihre Angehörigen auf demselben Grundstück wohnen. |
Eine unterschiedliche Behandlung kann der Vermieter nach § 20 I AGG durch den Nachweis eines sachlichen Grundes rechtfertigen; dazu liefert das Gesetz vier Beispiele. Ausnahmslos unzulässig ist jedoch die Benachteiligung aus rassischen oder ethnischen Gründen.
Gegen eine unzulässige Benachteiligung wehrt sich der Mietinteressent nach § 21 I, II AGG mit Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung und Schadenersatz (RN 1898), die er nach § 21 V AGG binnen 2 Monaten geltend machen muss, wenn er sie nicht verlieren will. Ob der abgewiesene Mietinteressent auch den Abschluss des verweigerten Mietvertrags verlangen könne, ist streitig.
Vereinbarungen, die vom AGG abweichen, sind nach § 21 IV AGG unwirksam, der restliche Vertrag bleibt jedoch bestehen, denn § 139 BGB ist nicht anwendbar.
2. Mehrere Vermieter oder Mieter
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Mehrere Vermieter sind in der Regel nach Bruchteilen berechtigt (§ 741), nicht als Gesamthänder. Die Mietzinsforderung darf zwar jeder allein einziehen, nach § 432 aber nur Zahlung an alle fordern[155]. Den Mietgebrauch schulden sie als Gesamtschuldner (§ 431).
Mehrere Mieter sind im Innenverhältnis gleichfalls nach Bruchteilen berechtigt (§ 741)[156]. Den Mietzins schulden sie als Gesamtschuldner (§ 427).
Ein Dritter kann durch Vereinbarung mit dem Mieter und mit Zustimmung des Vermieters in das Mietverhältnis eintreten, entweder an Stelle des bisherigen Mieters oder zusätzlich neben dem bisherigen Mieter[157] und hat dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, die Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Mietvertrag[158].
Das Mietverhältnis ändern oder gemeinsam aufheben[159] können nur alle Mieter und Vermieter zusammen und das Mietverhältnis kündigen können nur alle Mieter oder Vermieter zusammen nur gegenüber allen Vertragsgegnern[160]. Wenn aber der Ehemann aus der gemeinsam gemieteten Ehewohnung auszieht, bleibt die Ehefrau alleinige Mieterin[161].
Die Kündigung des Insolvenzverwalters über das Vermögen eines von mehreren Mietern nimmt auch den anderen Mitmietern ihr Recht zum Besitz der Mietsache, wenn nicht der Mietvertrag für diesen Fall bestimmt, dass das Mietverhältnis mit den anderen Mitmietern fortgesetzt werde[162].
3. Der Mieterwechsel
3.1 Unter Lebenden
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Der Mieter kann seine Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis nicht einfach auf einen anderen übertragen, dem Vermieter keinen anderen Mieter aufzwingen. Die Vertragsübernahme ist nur mit Zustimmung des Vermieters möglich[163].
3.2 Von Todes wegen
Die Rechte und Pflichten des Mieters aus dem Mietverhältnis sind nach §§ 564, 580 vererblich[164].
Für das Wohnmietverhältnis gilt dies jedoch nur beschränkt, denn der Erbe wird hier durch andere Personen verdrängt, die nach § 563 unmittelbar kraft Gesetzes und in folgender Rangfolge anstelle des verstorbenen Mieters in das Mietverhältnis eintreten:
- | Den ersten Rang besetzt der Ehegatte oder Lebenspartner (I). |
- |
Die Kinder des Mieters gehen dem Ehegatten nach, haben aber den gleichen Rang mit dem Lebenspartner (II |