Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
die Absicht des Vermieters, den Wohnraum nach Ablauf der Mietzeit zu beseitigen, wesentlich zu verändern oder instand zu setzen;
Ohne einen gesetzlichen Grund oder die rechtzeitige Mitteilung des Grundes ist das Mietverhältnis nach § 575 I 2 auf unbestimmte Zeit geschlossen, auch wenn die Vertragsurkunde es befristet. Nur die wirksame Befristung schließt eine ordentliche Kündigung aus[218].
Beispiel
Die Vertragspartner wollen das Mietverhältnis auf 13 Jahre befristen, vereinbaren statt eines Kündigungsverzichts aber eine unwirksame zweimalige Verlängerungsoption. Hier verhilft die ergänzende Vertragsauslegung, die § 575 I 2 nicht ausschließt, dem Parteiwillen zum Erfolg (BGH NJW 2013, 2820; 2014, 1302).
Nach § 575 II 1 hat der Mieter frühestens 4 Monate vor Fristablauf ein Recht darauf, vom Vermieter binnen Monatsfrist zu erfahren, ob der Grund zur Befristung noch bestehe. Die Rechtsfolge einer verspäteten Mitteilung regelt § 575 II 2, die Rechtsfolge eines späteren Eintritts des Grundes regelt § 575 III.
Abweichende Abreden zum Nachteil des Wohnungsmieters sind nach § 575 IV unwirksam.
Auch das wirksam befristete Wohnmietverhältnis kann nach §§ 543, 569 aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden (RN 265 ff.).
Das Mietverhältnis über Gewerberäume kann auch vorformuliert beliebig befristet werden[219]. Soll die Mietzeit länger als 30 Jahre dauern, kann es gemäß § 544 nach 30 Jahren außerordentlich gekündigt werden, es sei denn es ist auf die Lebensdauer des einen oder anderen Vertragspartners geschlossen.
2. Das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit
Das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit wird durch ordentliche befristete Kündigung beendet (§§ 542 I, 573, 580a).
Außerdem kann es aus wichtigem Grund jederzeit fristlos gekündigt werden (§§ 543, 569).
Die §§ 573 ff. schützen den Wohnungsmieter vor einer sozial nicht gerechtfertigten ordentlichen Kündigung (RN 250 ff.), und § 569 erschwert auch die fristlose Kündigung (RN 265 ff.).
1. Sonderformen der Miete
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Auch die Untermiete ist Miete, freilich nur zwischen Unter- und Hauptmieter (RN 225).
Die Vormiete ist nach dem Vorbild des Vorkaufs das vertragliche Recht, durch Willenserklärung gegenüber dem Vermieter ein Mietverhältnis zu den Bedingungen zu begründen, die der Vermieter mit einem Dritten vereinbart hat. Die Vorschriften des Vorkaufs gelten entsprechend[220].
Die vertragliche Mietoption berechtigt dazu, durch Erklärung gegenüber dem Vermieter ein Mietverhältnis zu begründen oder zu verlängern[221]. Die Verlängerungsoption erlischt mit dem Mietende, wenn sie nicht vorher ausgeübt wird. Die unbefristete Option muss der Mieter unverzüglich nach der Kündigung des Vermieters ausüben[222].
Der Mietvorvertrag begründet noch kein Mietverhältnis, sondern verpflichtet nur dazu, einen Mietvertrag bestimmten Inhalts zu schließen (RN 1454 ff.), je nach Vereinbarung einen formfreien oder einen schriftlichen[223].
Das Leasing ist vorformulierte Miete mit kaufrechtlicher Gewährleistung (RN 290 f.).
Der Mietkauf ist Miete, verbunden mit einer Kaufoption: Der Mieter darf die Mietsache am Mietende zu einem bestimmten Preis, auf den der Mietzins angerechnet wird, kaufen[224].
2. Die Abgrenzung des Mietvertrags von anderen Vertragstypen
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Miete und Pacht unterscheiden sich doppelt: Mieten kann man nach § 535 mit § 90 nur Sachen, pachten nach § 581 I auch andere Gegenstände wie Rechte und ganze Unternehmen. Die Miete berechtigt nur zum Sachgebrauch, die Pacht nach § 581 I mit §§ 99, 100 auch zur Fruchtziehung, insgesamt also zur Nutzung des Pachtgegenstandes[225]. Gewerbe- und Praxisräume kann man mieten oder pachten. Die Pacht setzt aber voraus, dass die Räume derart für ein bestimmtes Gewerbe eingerichtet oder ausgestattet sind, dass man sie nicht nur gebrauchen, sondern auch gewinnbringend nutzen kann[226].
Beispiele
- | Gepachtet werden Gaststätten und Hotels samt Einrichtung (RG 103, 271), Kinos (RG 138, 192), auch eine Bäckerei mit Backstube und Laden (RG HRR 1929, 593). |
- | Gemietet werden Leerräume für eine Apotheke (BGH NJW 79, 2351) oder Anwaltskanzlei (RG JW 1925, 472), auch eine Bäckerei, bestehend aus Backofen und Maschinen, die keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks sind (BGH NJW 68, 693). |
Weder Miete noch Pacht sondern ein Vertrag eigener Art kommt zustande, wenn jemand auf seinem Grundstück oder in seinen Räumen ein fremdes Gewerbe gestattet, denn er gewährt den Gebrauch nicht, sondern duldet ihn nur[227].
Auch der Automatenaufstellvertrag ist keine Platzmiete, sondern ein Vertrag eigener Art: Er gliedert den Spiel- oder Warenautomaten des Aufstellers in einen fremden Gewerbebetrieb (Gaststätte) ein, damit beide Partner Gewinn daraus ziehen[228].
Während der Mieter die fremde Sache gebraucht, nimmt der Verwahrer (§ 688) oder Lagerhalter (§ 467 HGB) sie nur in seine Obhut[229].
Die Gemeinschaft berechtigt jeden Teilhaber schon nach § 743 II zum Mitgebrauch der gemeinschaftlichen Sache. Mieter wird der Teilhaber vielleicht dann, wenn er die gemeinschaftliche Sache nach § 745 I gegen Entgelt allein gebrauchen darf[230], ebenso der Miterbe, dem die Erbengemeinschaft entgeltlich ein Nachlassgrundstück zum alleinigen Gebrauch überlässt[231].
Öffentlichrechtliche Nutzungsverhältnisse unterliegen ausschließlich dem öffentlichen Recht[232].
3. Die Miete in Mischverträgen
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Das entgeltliche Überlassen von Fahrzeugen oder Maschinen samt Bedienungspersonal ist Miete mit Dienstverschaffung[233]. Um einen Werkvertrag nach § 631 handelt es sich erst, wenn der Fahrzeughalter den Transport verspricht.
Der Beherbergungs-, Pensions- oder Hotelaufnahmevertrag ist im Kern Miete, verpflichtet aber auch zu Diensten und Warenlieferungen[234]. Ähnlich liegen die Dinge bei der entgeltlichen Benutzung von Sport- und Vergnügungsstätten[235].
Wer dagegen Kino, Theater, Konzert oder Stadion besucht, schließt einen Werkvertrag über die Veranstaltung mit mietrechtlichem Einschlag[236].
Der Krankenhausaufnahmevertrag hingegen ist im Kern ein