Praxiswissen für Kommunalpolitiker. Franz Dirnberger
§ 34 BauGB der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert wird. Im vereinfachten Verfahren kann insbesondere auf die vorgezogene Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung verzichtet werden. Die Erstellung eines Umweltberichts ist nicht erforderlich.
Verfahrensfreiheit
Geregelt in Art. 57 BayBO. Die Tatbestände der Verfahrensfreiheit umfassen aus baurechtlicher Sicht geringfügige Vorhaben, bei denen es genügt, dass die Bauaufsichtsbehörde gegebenenfalls erst nachträglich einschreitet und baurechtswidrige Zustände beseitigen kann. Die Baugenehmigungsfreiheit entbindet nicht von der Einhaltung der materiellen Vorschriften des Baurechts. Baugenehmigungsfreiheit bedeutet daher nicht in jedem Fall Zulässigkeit. Wichtige Anwendungsfälle der Verfahrensfreiheit sind etwa Gebäude mit einem umbauten Raum bis zu 75 m³ außer im Außenbereich sowie Grenzgaragen im Sinne des Art. 6 Abs. 9 BayBO, die nicht im Außenbereich liegen.
Vergabewesen
Die Kommunen sind öffentliche Auftraggeber und bei der Vergabe an bestimmte Verfahrensvorschriften gebunden. Bei der Vergabe oberhalb von EU-Schwellenwerten muss der Vergabe ein offenens Verfahren, ein nicht-offenes Verfahren mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb, ein Verhandlungsverfahren mit bzw. ohne vorherigem Teilnahmewettbewerb oder ein wettbewerblicher Dialog vorangehen. Bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb von EU-Schwellenwerten muss der Vergabe eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Verhandlungsvergabe rechtfertigen.
Verhandlungsvergabe
Bei einer Verhandlungsvergabe fordert die Kommune mehrere, grundsätzlich mindestens drei Unternehmen nach Prüfung ihrer Eignung auf, ein Angebot in Textform abzugeben. Die Kommune kann einen Teilnahmewettbewerb vorschalten und über den Angebotsinhalt Verhandlungen führen; dabei sind alle Bieter gleich zu behandeln.
Verhältniswahl
Die Verhältniswahl ist eine Wahl zwischen mehreren Wahlvorschlägen mit jeweils mehreren Kandidaten. Die Zuteilung der Mandate erfolgt im Verhältnis der Stimmen, die auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallen sind. Innerhalb eines Wahlvorschlages sind die Kandidaten mit den jeweils höchsten Stimmenzahlen gewählt.
Verkehrssicherungspflicht
Die Kommunen haben für ihre Straßen und ihre Betriebe die Verkehrssicherungspflicht. Das heißt, sie müssen durch Kontrolle und Vorgaben mögliche Gefahrenquellen ausschließen, oder vor ihnen warnen. Räum- und Streupflicht, Badeaufsicht etc.
Verordnung
Die Verordnung als EU-Rechtsakt hat allgemeine Geltung, ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Durch diese Rechtssatzqualität (abstrakt-generell) grenzt sich die Verordnung von dem Beschluss ab, die einen Einzelfall (konkret-individuell) regelt und nur für den Adressaten gilt. In Unterscheidung zur Richtlinie ist jede einzelne Regelung der Verordnung als geltendes Recht zu beachten, während die Richtlinie nur hinsichtlich der Zielbestimmung verbindlich ist. Die Verordnung ist damit das „Gesetz der EU“.
Verschlüsselung
Verschlüsselung wandelt einen Klartext in Abhängigkeit von einer Zusatzinformation, die „Schlüssel“ genannt wird, in einen zugehörigen Geheimtext um, der für diejenigen, die den Schlüssel nicht kennen, nicht entzifferbar sein soll. Die Umkehrtransformation – die Zurückgewinnung des Klartextes aus dem Geheimtext – wird Entschlüsselung genannt.
Verteilungsgerechtigkeit
In den vergangenen Jahren ist insbesondere im Zusammenhang mit den komplexen Verfahren zum kommunalen Finanzausgleich die Frage der Verteilungsgerechtigkeit heftig diskutiert worden. Wirken die Verfahren wirklich ausgleichend oder bevorzugen sie zum Beispiel mit der besonderen Einwohnerveredelung Großstädte, ist die Vorabgewährung von 34 % der Schlüsselmasse an die 71 Landkreise gerecht etc.
Vertrag von Lissabon
2007 unterzeichneten die europäischen Staats- und Regierungschefs den Vertrag von Lissabon über die institutionelle Reform der EU, der am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist. Er schreibt erstmals die ausdrückliche Anerkennung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes fest. Die Subsidiaritätskontrolle wird auf die kommunale Ebene ausgedehnt und hat damit einen höheren Begründungsaufwand der Kommission für Rechtsakte bei lokaler Betroffenheit zur Folge. Der AdR erhält ein Klagerecht bei Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. Ein Zusatzprotokoll über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) räumt den Kommunen einen weiten Ermessenspielraum bei der Erbringung der Dienste der Daseinsvorsorge ein. Jedoch erhält die EU auch in Art. 14 des Vertrags eine erstmalige Gesetzgebungskompetenz für diese Dienstleistungen.
Vertragsverletzungsverfahren
Die Europäische Kommission kann nach den EU-Verträgen ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn ein EU-Mitgliedstaat einen mutmaßlichen Verstoß gegen das EU-Recht nicht behebt oder EU-Recht nicht umsetzt. Die EU-Kommission stellt mögliche Verstöße gegen das EU-Recht aufgrund eigener Untersuchungen oder aufgrund Beschwerden von Unternehmen, Interessenträgern oder Bürgern fest. Das Verfahren läuft in mehreren Schritten ab, es endet mit einem förmlichen Beschluss. Die Kommission kann den Gerichtshof anrufen, der in bestimmten Fällen die Zahlung von Strafgeldern anordnet.
Verwaltungsgerichte
Das ist der Gerichtszweig, der die öffentliche Verwaltung, also die Exekutive kontrolliert. In Bayern ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Innenministerium ressortiert. Eingangsgerichte sind die Verwaltungsgerichte, Berufungs- und Revisionsinstanz der Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsinstanz der Bayer. Verfassungsgerichtshof.
Verwaltungsgemeinschaft
Nach dem Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit ein förmlicher Zusammenschluss von selbständigen Gemeinden zur gebündelten Wahrnehmung von Aufgaben. Es gibt eine Verbandsversammlung und einen VG Vorsitzenden.
Verwaltungsmarketing
Verwaltungsmarketing bedeutet die auf den Bürgernutzen orientierte und bürgerfreundliche Führung der Kommunalverwaltung. Es erfordert das Denken in aktivierbaren Marktpotenzialen, also Erkennen und Bedienen von Nachfrage nach kommunalen Leistungen, bei optimaler Konzentration der Ressourcen.
Das Marketing-Instrumentarium kann in der Verwaltung innengerichtet (z. B. Personalmarketing, Beschaffungsmarketing) und auch außengerichtet (Gestaltung der Austauschbeziehungen zu Nutzern und Partnern der Leistungs- und Eingriffsverwaltung) angewendet werden.
Verwaltungsmarketing ist – zwar unter dem Dach des Stadtmarketing – alleinige Aufgabe der Stadtverwaltung. Verwaltungsmarketing ist „Chefsache“, denkbar ist z. B. eine Stabsstelle beim Bürgermeister unter Einbeziehung der Presse- und Informationsarbeit.
Verwaltungsreform
Unter Verwaltungsreform oder Verwaltungsmodernisierung versteht man die Bestrebungen der Kommunen, ihre Verwaltungen und Einrichtungen zur modernen, dienstleistungsorientierten, bürgernahen und wirtschaftlich betriebenen Einheiten zu gestalten.
Vollgeschoss
In der Bayerischen Bauordnung an sich nicht mehr geregelt; Art. 83 Abs. 7 BayBO ordnet aber die Weitergeltung des früheren Art. 2 Abs. 5 BayBO a.F. an. Vollgeschosse sind danach Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei