Praxiswissen für Kommunalpolitiker. Franz Dirnberger
Die Beteiligung der Bürgerschaft ist umso effektiver, je besser zu bestimmten Themen informiert wird. Dazu bieten sich gemeindeeigene Mitteilungsblätter, Bürgersprechstunden, spezifische Themenversammlungen, die Nutzung der neuen digitalen Plattformen ebenso an wie offene Fragestunden im Gemeinderat. Social Medias wie Facebook und Twitter nehmen auch bei der kommunalen Informationspolitik rasant an Bedeutung zu.
Der Bürger ist nicht nur Mitgestalter. Er kann auch Kontrolleur des kommunalen Handelns sein, indem er sich z. B. an Mitglieder des Gemeinderats wendet, indem er
sich förmlich oder formlos mit Rechtsmitteln zur Wehr setzt,
die Möglichkeiten des Petitionsrechtes nutzt und sich an die zuständigen Behörden wendet (Art. 17 GG, Art. 117 BV).
Die Petition verpflichtet die angerufene Institution, sich mit der Beschwerde sachlich auseinanderzusetzen und eine Antwort zu erteilen.
2.5Selbstverwaltung – was sind Kernbereiche?
Bei der Lektüre kommunaler Themen stößt man unvermeidlich auf den Begriff „Kernbereich der Selbstverwaltung“. Wir wissen: das kommunale Selbstverwaltungsrecht besteht „nur“ im Rahmen der Gesetze. Aber die Rechtsprechung hat klargestellt: Es ist der Bundes- und Landesgesetzgebung untersagt, den Selbstverwaltungsspielraum durch Gesetze so auszuhöhlen, dass die Selbstverwaltung praktisch nicht mehr existiert.
Das Recht, eigene Personalentscheidungen zu treffen, die bauliche Entwicklung der Gemeinde festzulegen, auch örtliches Recht zu schaffen, darf also nicht völlig beseitigt werden.
Als zunehmend problematisch – weil nicht justitiabel – wird die Beeinflussung der Kommunen durch die Zuschusspolitik des Staates angesehen. Das eingesetzte Steuerungsmedium „wer zahlt, schafft an“ steuert und überlagert Ermessensentscheidungen zunehmend. Die Meinungen und Überzeugungen der Mandatsträger weichen fremden, mit Zuwendung garnierten Argumenten. Zudem erzeugt diese „Politik des goldnen Zügels“ interkommunalen Druck. Wenn eine Gemeinde den staatlich subventionierten Kindergartenbus einsetzt wird die Bürgerschaft des Nachbarortes mit hoher Wahrscheinlichkeit Gleiches einfordern.
3.Gebietskörperschaften
Bund, Land, Gemeinden, Landkreise, Bezirke werden auch als Gebietskörperschaften bezeichnet. Bei den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken spricht man auch von kommunalen Gebietskörperschaften.
3.1Kommunale Gebietskörperschaft – was ist das?
Eine Körperschaft ist mitgliedschaftlich organisiert und selbst Träger von Rechten und Pflichten, also eine juristische Person wie eine GmbH oder AG. Sie ist rechtsfähig, prozess- und deliktsfähig. Durch die Gebietsbezogenheit ensteht eine automatische Mitgliedschaft der Personen, die im betreffenden Gebiet leben. Der Wohnsitz einer Person macht diese zum Angehörigen der Gebietskörperschaft.
Gebietskörperschaften verfügen über ein Gebiet, Angehörige und entsprechende Hoheitsgewalt.
3.2Kommunale Gebietskörperschaft – wo steht was?
Art. 1 Abs. 1 GO(ähnlich Art. 1 Abs. 1 LKrO, Art. 1 Abs. 1 BezO)
Die Gemeinden sind ursprüngliche Gebietskörperschaften mit dem Recht, die örtlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze zu ordnen und zu verwalten.
Art. 10 Abs. 1 BV
Für das Gebiet jedes Kreises und jedes Bezirks besteht ein Gemeindeverband (Anm.: gemeint sind Landkreise und Bezirke) als Selbstverwaltungskörper.
Art. 11 Abs. 2 BV
Die Gemeinden sind ursprüngliche Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie haben das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten, insbesondere ihre Bürgermeister und Vertretungskörper zu wählen.
3.3Kommunale Gebietskörperschaft im Staatsaufbau
Die Gemeindeordnungen sprechen von „ursprünglicher Gebietskörperschaft“. Das heißt aber nicht, dass die Gemeinden eine dem Staat übergeordnete Stellung einnehmen.
Gemeint ist, dass die Gemeinden geografisch und politisch das Fundament des Staates bilden, der ihnen eine eigenständige Position und Funktion einräumen muss.
Kommunale Gebietskörperschaft im Verwaltungsaufbau
3.4Die kommunale Gebietskörperschaft: Gemeinden, Landkreise, Bezirke
Gemeinden, Landkreise und Bezirke sind kommunale Gebietskörperschaften. Die Gemeinden haben die örtliche Aufgabenerfüllung wahrzunehmen, während die Landkreise die überörtlich relevanten Bereich abzudecken haben.
Beispiel: Einrichtung und Unterhaltung von Krankenhäusern
Die Bezirke haben gemäß Art. 1 BezO die Aufgabe, überörtliche Angelegenheiten, die über die Zuständigkeit und das Leistungsvermögen der Landkreise und kreisfreien Gemeinden hinausgehen und deren Bedeutung über das Gebiet des Bezirks nicht hinausreicht, selbst zu ordnen und zu verwalten.
Beispiel: Bezirkskrankenhäuser
Alle drei Gebietskörperschaften verfügen über demokratisch legitimierte Organe, haben aber im Vergleich zu Bund und Land keine Staatsqualität. Daraus folgt, dass die Tätigkeit der Gebietskörperschaften auf die vollziehende Gewalt beschränkt ist. Gemeinderat, Kreistag und Bezirkstag sind also keine Parlamente und keine Rechtsprechungsorgane, sondern Exekutivorgane! (vgl. Teil 3 Kapitel 3.1.3)
4.Die kommunale Zusammenarbeit
Sie werden sich in ihrer Arbeit zwangsläufig mit Effizienz und Benchmarking befassen müssen. So sehr ihre Tätigkeit auch ortsbezogen ist. Der Blick über den Tellerrrand ist hilfreich und wird Sie bald mit den verschiedensten Möglichkeiten interkommunaler Arbeit konfrontieren.
4.1Kommunale Zusammenarbeit – was ist das?
Jede Kommune kann frei entscheiden, wie sie ihre Aufgaben wahrnimmt. Ob sie mit einer kommunalen Gesellschaft privatrechtlich handelt oder sich Dritter bedient kann sie selbst entscheiden. Stichworte sind Privatisierung und Outsourcing. Auch Mischformen sind möglich.
Tipp!
Falls die Frage einer echten Privatisierung oder einer Aufgabenübertragung an Dritte wirklich ansteht, lohnt die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers. Der stellt die finanziellen Vor- und Nachteile zusammen und garantiert dadurch eine optimale Entscheidungsgrundlage.
Kommunale Zusammenarbeit bedeutet demgegenüber, dass sich mehrere Kommunen privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich zusammenschließen, um gemeinsam Aufgaben zu erfüllen.
Beispiel:
Gemeinsame Wasserversorgung, gemeinsamer Bauhof etc.
4.2Kommunale Zusammenarbeit – wo steht was?
Wer sich mit den Formen der kommunalen Zusammenarbeit befassen will, findet im Gesetz zur kommunalen Zusammenarbeit (KommZG) oder der Verwaltungsgemeinschaftsordnung (VwGemO) und der GO, LKrO und BezO die einschlägigen Regelungen. Maßgeblich können aber auch das BGB, das