Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht. Susanne Benner
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Gemäß § 1585 ist der Unterhalt der F monatlich im Voraus durch eine Geldrente zu entrichten.
VII. Höhe des Unterhaltsanspruches
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Fraglich ist, wie hoch der Unterhaltsanspruch der F anzusetzen ist.
Auszugehen ist, wie bereits ausgeführt, von den ehelichen Lebensverhältnissen, mithin den eheprägenden Einkünften der Eheleute in der Ehezeit, vgl. auch § 1578.
Da F während der Ehezeit nicht berufstätig war, ist fraglich, ob bzw. in welcher Höhe ihr nach der Ehe erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist. Während insoweit früher die sog. Anrechnungsmethode angewendet wurde, nach der das Einkommen des Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt blieb, geht der BGH zwischenzeitlich grundsätzlich nach der sog. Differenzmethode vor, wenn der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung bzw. Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet hat und sich diese quasi als Surrogat der Haushaltsführung darstellt (Monetarisierung der Haushaltsleistung)[44]. So lag der Fall ja auch hier.
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Exkurs/Vertiefung:
Nach der Anrechnungsmethode wäre allein das tatsächlich in der Ehe erzielte Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zugrunde zu legen, sodann die Quote des Berechtigten zu bestimmen (3/7 des bereinigten Nettoeinkommens, hier 1200,– €, vgl. oben) und die nach der Scheidung erzielten Einkünfte des Berechtigten davon abzuziehen, so dass F lediglich 200,– € erhielte.
Nach der Differenzmethode errechnet sich die Unterhaltsquote unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus (hier: i.H.v. 1/7) aus der Differenz der bereinigten Nettoeinkommen des Pflichtigen und des Berechtigten. Es ergibt sich hier mithin Folgendes: Von H’s Einkommen in Höhe von 2800,– € sind 1000,– € abzuziehen (F’s Einkünfte). Von dem 1800,– € ist dann die 3/7 Quote zu bilden, so dass im Ergebnis ein Unterhaltsanspruch in Höhe von: 771,43 € besteht.
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Exkurs/Vertiefung:
Folgender Rechenweg nach dem Halbteilungsgrundsatz ist auch möglich: (2800,– € – (1/7 von 2800)) – (1000,– € – (1/7 von 1000)) = 1542,86 € : 2 = 771,43 €. Favorisiert wird vom BGH jedoch die Differenzmethode.
VIII. Ergebnis
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Im Abwandlungsfall muss H der F folglich monatlich im Voraus eine Geldrente in Höhe von 771,43 € bezahlen.
3. Teil: Beziehung zwischen D und R
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Fraglich ist, ob die zwischen D und R im Jahre 1998 geschlossene Ehe wirksam ist.
A. Wirksamkeit der zwischen D und R bestehenden Ehe
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Eine Ehe ist wirksam, wenn bei der Eheschließung die elementaren Voraussetzungen vorgelegen haben.
Dies ist der Fall, wenn sich zwei volljährige Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten gegenseitig erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, vgl. §§ 1303, 1310, 1353.
Davon kann vorliegend ausgegangen werden, zumal laut Sachverhalt alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen haben, so dass die zwischen D und R geschlossene Ehe, trotz etwaiger Mängel, wirksam ist.
Exkurs/Vertiefung:
Im Sachverhalt wird explizit darauf hingewiesen, dass alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden, selbst wenn aber zum Beispiel das Ehefähigkeitszeugnis i.S.v. § 1309 fehlen sollte, würde das zunächst nichts an der Wirksamkeit der Ehe ändern, vgl. Rn. 16 und 99.
B. Aufhebung der Ehe
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Fraglich ist nun, ob eine Aufhebung dieser Ehe in Betracht kommen könnte. Gemäß § 1313 wird eine Ehe durch eine richterliche Entscheidung (in concreto: einen Beschluss i.S.d. § 116 FamFG) mit ex nunc Wirkung aufgehoben.
I. Aufhebungsvoraussetzungen
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Es müsste ein Grund für die Eheaufhebung gegeben sein, eine Antragsberechtigung bestehen und ggf. die Antragsfrist eingehalten werden. Zudem dürfte die Aufhebung der Ehe nicht ausgeschlossen sein.
1. Aufhebungsgrund i.S.d. § 1314 I, II
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Aus § 1314 I, II ergeben sich Aufhebungsgründe, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Interesse liegen[45].
Hier könnte der Aufhebungsgrund des § 1314 II Nr. 5 eingreifen. Im Sinne dieser Norm kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn sich beide Ehegatten bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 I begründen wollen. Gemäß § 1353 I besteht für die Ehegatten eine Rechtspflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander[46], so dass die Ehegatten aufgrund dieser Generalklausel zu all dem verpflichtet sind, was nach allgemeiner Anschauung zum Wesen der Ehe gehört[47].
Laut Sachverhalt wollten D und R lediglich eine Scheinehe führen, d.h. sie hatten zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung nicht vor, tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen und die gegenseitige Verantwortung von Ehegatten i.S.d. § 1353 I 2 füreinander zu übernehmen. Folglich ist § 1314 II Nr. 5 einschlägig.
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Exkurs/Vertiefung:
Der Aufhebungsgrund besteht im Falle des § 1314 II Nr. 5 nicht auf einem fehlerhaften Eheschließungswillen, sondern auf der Missbilligung des Eheschließungsmotivs[48]. Durch § 1314 II Nr. 5 soll verhindert werden, dass Ehen mit ausländischen Partner:innen geschlossen werden, die ausschließlich die Einreise bzw. den Aufenthalt des ausländischen Partners/der ausländischen Partnerin in Deutschland ermöglichen sollen[49]. Da trotz dieser Intention der Wortlaut nicht nur auf die Beseitigung reiner Aufenthaltsehen beschränkt wurde, ist zweifelhaft, ob die Vorschrift als Generalklausel auch für reine Versicherungsehen bzw. Namensehen gelten soll. Wegen des erkennbaren Zieles, nur missbräuchlich geschlossene Ehen zu missbilligen, ist eine enge Interpretation angebracht, wobei jedoch die Eheschließung aus steuerlichen Gründen oder nur wegen des Namens darunter fallen kann[50].
2. Antragsberechtigung i.S.v. § 1316
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Antragsberechtigt ist in Fällen des § 1314 II Nr. 5 gemäß § 1316 I jeder Ehegatte und die zuständige Verwaltungsbehörde, die über § 1316 III in den Grenzen dieser Norm zudem verpflichtet ist, einzuschreiten. Folglich würde vorliegend auch für R eine Antragsberechtigung bestehen.
3. Antragsfrist i.S.d. § 1317
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Sofern – wie hier – der Aufhebungsgrund des § 1314 Nr. 5 vorliegt, ist i.S.d. § 1317 keine Antragsfrist zu beachten.
4. Kein Ausschluss
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Darüber hinaus dürfte die Aufhebung auch nicht ausgeschlossen sein.
a) Ausschlussgrund i.S.v. § 1315 I Nr. 5