Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht. Susanne Benner
vor, dass die Geschenke bzw. Dinge, die dem Partner zum Zeichen des Verlöbnisses übergeben worden sind, nach den Vorschriften der §§ 812 ff. herausverlangt werden können (Rechtsfolgeverweisung)[17].
An sich müsste T im Sinne dieser Normen die Herausgabe des von ihm angeschafften und an seine Verlobte, H, zum Zeichen des Verlöbnisses übergebenen Ring verlangen können.
3. Ausschluss nach § 815
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Fraglich ist aber, ob hier die Herausgabepflicht aufgrund treuwidrigen Verhaltens des T i.S.v. § 815 ausgeschlossen sein könnte. Nach dem Rechtsgedanken des § 815 kann der Leistende seine Leistung nämlich nur dann zurückfordern, wenn er den Eintritt des Erfolges, also hier: die Eingehung der Ehe, nicht durch sein treuwidriges Verhalten verhindert hätte[18].
T hat hier während seiner Verlöbniszeit mit H und – entgegen dem mit ihr gemeinsam vereinbarten Treuekodex – intime Beziehungen mit anderen Männern und Frauen unterhalten. Da er das überdies z.T. ungeschützt tat, liegt auf Seiten des T nicht nur ein moralisch vorwerfbares Verhalten vor, sondern es bestehen auch gesundheitliche Risiken für H. Von einem treuwidrigen Verhalten des T kann somit ausgegangen werden.
Der Rückforderungsanspruch ist folglich nach § 815 ausgeschlossen.
II. Ergebnis
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T kann den Verlobungsring somit nicht von H aus § 1301 zurückfordern.
2. Teil: Beziehung zwischen H und F
A. Unterhaltsanspruch der F gegen H aus § 1361
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Welchen Unterhaltsanspruch ein Ehegatte inne hat, richtet sich nach der jeweiligen zeitlichen Phase, in der sich die Ehe befindet. Es ist insoweit zu unterscheiden zwischen Familienunterhalt gemäß § 1360 bei bestehender häuslicher Gemeinschaft, Trennungsunterhalt nach § 1361 für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung und nachehelichem Unterhalt gemäß den §§ 1569 ff. für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung. Da die Ehegatten F und H i.S.d. § 1567 I getrennt leben, aber nicht rechtskräftig geschieden sind, kommt hier ein Anspruch der F gegen H aus § 1361 I in Betracht.
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Exkurs/Vertiefung:
Sinn und Zweck des § 1361 BGB ist es, für den unterhaltsberechtigten Ehegatten, zumindest eine gewisse Zeit lang, den „Status Quo“ beizubehalten und einen wirtschaftlich bedingten sozialen Abstieg infolge der Trennung zu vermeiden, da trotz der Trennung dass Eheband besteht und zumindest in der Anfangsphase nicht vorhersehbar ist, ob es tatsächlich zur Scheidung oder noch zur Versöhnung kommen wird[19].
I. Unterhaltsbeziehung zwischen F und H
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Ein Getrenntlebensunterhaltsanspruch setzt voraus, dass zwischen F und H eine Unterhaltsbeziehung besteht. Diese ergibt sich hier aus der zwischen ihnen bestehenden wirksamen Ehe.
II. Bedürftigkeit der F i.S.d. § 1361 II
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Damit F gegen H ein Anspruch aus § 1361 zusteht, müsste sie zunächst bedürftig sein.
Bedürftig ist, wer weder aus zumutbarer Erwerbstätigkeit, vgl. § 1361 II, noch aus seinem Vermögen den eigenen Unterhaltsbedarf decken kann[20].
Da F selbst nicht über Einkünfte und Vermögen verfügt, besteht ihrerseits grundsätzlich ein Bedarf. Fraglich ist somit lediglich, ob sie i.S.v. § 1361 II darauf verwiesen werden kann, ihren Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen bzw. ob ihr dies nach ihren persönlichen Verhältnissen zugemutet werden kann. Im Sinne des § 1361 II ist zwar insbesondere auch die Dauer der Ehe zu berücksichtigen, die vorliegend sehr kurz ist, dennoch kann F hier keine Erwerbstätigkeit zugemutet werden, da sie drei minderjährige Kinder zu betreuen hat, zumal ihr jüngstes Kind das 3. Lebensjahr nicht vollendet hat. Die Tatsache, dass die Kinder aus einer früheren Beziehung der F stammen und mit H nicht verwandt sind, ist insoweit nicht relevant[21].
III. Leistungsfähigkeit der H als Unterhaltsverpflichtete und Rangfolge
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Des Weiteren müsste H als Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig sein[22]. Selbst wenn insoweit keine dem § 1581 entsprechende Regelung existiert, hat sich der Trennungsunterhalt wie jeder Unterhaltsanspruch an der Leistungsfähigkeit des Schuldners/der Schuldnerin und der Verhältnismäßigkeit auszurichten[23].
H ist hier leistungsfähig, da sie aufgrund ihres Einkommens ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhalts in der Lage ist, den Trennungsunterhalt an F zu zahlen. Zudem kann sich H während der bestehenden Ehe auch nicht darauf berufen, dass F sich in Bezug auf ihren Unterhaltsanspruch vorrangig an Dritte zu wenden habe, vgl. § 1608, der sowohl für den Familien- als auch für den Trennungsunterhalt Anwendung findet[24].
IV. Kein Ausschluss i.S.v. § 1361 III i.V.m. § 1579 Nr. 2-8
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Fraglich ist nun noch, ob der Anspruch auf Unterhalt nach § 1361 III ausgeschlossen oder gemindert sein könnte. In § 1361 III wird auf die für den nachehelichen Unterhaltsanspruch geltenden Härteklauseln des § 1579 Nr. 2 bis Nr. 8 verwiesen. Die für den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung geltende Härteklausel des § 1579 Nr. 1 (kurze Ehedauer) gilt wegen der fehlenden Verweisung ausdrücklich nicht für den Unterhaltsanspruch bei Getrenntleben, so dass der Hinweis der H auf die kurze Ehedauer insoweit unerheblich ist.
1. Ausschluss nach § 1361 III i.V.m. § 1579 Nr. 3
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Es könnte, in Anknüpfung an die von H behaupteten Beschimpfungen der F, ein Ausschluss ihres Unterhaltsanspruches i.S.v. § 1361 III i.V.m. § 1579 Nr. 3 in Betracht kommen. § 1579 Nr. 3 setzt voraus, dass sich der Unterhaltsberechtigte eines Verbrechens oder vorsätzlich schweren Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat. I.S.d. § 1579 Nr. 3 sind somit fortgesetzte schwere Beleidigungen, Verleumdungen und schwer wiegend falsche Anschuldigungen erforderlich, die geeignet sein müssen, dem/der Anderen nachhaltig persönlich oder beruflich in der Öffentlichkeit zu schaden[25].
Im vorliegenden Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Beschimpfungen der F den Status eines Verbrechens oder vorsätzlich schweren Vergehens erreicht haben und damit so schwer wiegend gewesen sind, dass sie die Unterhaltszahlungen durch H unzumutbar erscheinen lassen würden.
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Exkurs/Vertiefung:
Ein mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit i.S.v. § 1579 Nr. 4 scheidet hier ebenso aus wie das mutwillige Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten i.S.v. § 1579 Nr. 5.
Die Mutwilligkeit i.S.v. § 1579 Nr. 4 setzt eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit voraus[26]. Diese ist anzunehmen, wenn der/die Berechtigte in unverständlicher Weise gegen die Verpflichtung, selbst für Unterhalt zu sorgen, verstoßen hat, mithin die eigene Erwerbsfähigkeit oder das eigene Vermögen auf sinnlose Art vorsätzlich oder leichtfertig eingebüßt hat[27]. Ausreichend für eine derartige unterhaltsbezogene Mutwilligkeit wäre es z.B., wenn es der/die Anspruchsteller:in trotz Krankheit unterließe, therapeutische Maßnahmen vorzunehmen, um seine/ihre Erwerbsunfähigkeit beizubehalten; wenn er/sie sich in die Alkoholabhängigkeit hineingleiten lassen würde[28] oder wenn er/sie eine ausgeübte Erwerbstätigkeit angesichts der bevorstehenden Scheidung aufgeben würde, um nach der Scheidung Unterhaltsansprüche zu erlangen bzw. wenn er/sie zumutbare Arbeit unterlassen würde[29].
§ 1579 Nr. 5 kann z.B. eingreifen, wenn der Berechtigte den Verpflichteten bei dessen Arbeitgeber anschwärzt[30].
2.