Die Vampirschwestern – Der Meister des Drakung-Fu. Franziska Gehm

Die Vampirschwestern – Der Meister des Drakung-Fu - Franziska Gehm


Скачать книгу
Daka sah ihre Schwester fragend an.

      Silvania nickte schnell. „Schließlich müssen wir uns ja auch ein Zimmer teilen.“

      „Und einen Vampir als Vater“, ergänzte Daka.

      Helene strahlte ihre bissigen Freundinnen an. „Datiboi!“

      „Moment …“, Silvania hob den Zeigefinger und hielt ihn auf einen unbestimmten Punkt gerichtet, während sie nachdachte. „Zum Einloggen brauchst du aber immer Daka.“

      „Nö. Nur Dakas Zähne“, erwiderte Helene.

      Daka griff sich spontan an ihre Eckzähne. Sie waren noch da.

      „Wir machen einfach in der Zahnarztpraxis von meinem Vater einen Abdruck, füllen den mit Gips und schon habe ich ein paar Eckzähne zum Einloggen.“

      Daka fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und runzelte die Stirn.

      Helene sah auf die Uhr. „Fumpfs. Heute schaffen wir das nicht mehr. Ich muss los.“

      Erleichtert atmete Daka auf.

      In dem Moment kam aus dem Keller der Tepes’ ein Aufschrei.

      „Was war das?“ Helene sah die Schwestern entsetzt an.

      „Nur unser Vater“, sagte Silvania.

      „Fidel hat gewonnen“, sagte Daka.

      „Das musst du nicht verstehen“, fügte Silvania hinzu.

      Kurz darauf hörten sie, wie die Kellertür aufflog. „Frühstück!“, rief eine tiefe Männerstimme.

      „Er ist immer noch etwas durcheinander wegen der Tag-Nacht-Umstellung“, erklärte Silvania Helene.

      „Ich geh dann mal“, sagte Helene. „Zum Abendessen“, fügte sie zur Sicherheit hinzu.

      Die Zwillinge nickten ihrer Freundin zu, als sie das Zimmer verließ. Auch Daka wollte schnell zum Abendessen. Sie hatte Riesenhunger. Silvania wollte das Abendessen vor allem schnell hinter sich bringen. Sie wollte schnell zurück in ihr Zimmer. Und ins VampirVZ. Aus einem ganz bestimmten Grund.

      Der virtuelle Zwilling

      Was tippst du denn da jetzt noch?“, fragte Daka. Sie hatte sich nach dem Abendessen und nach dem kurzen Verdauungsausflug, den Mihai Tepes mit seinen Töchtern unternommen hatte, an die Metallleine im Zimmer gehängt. Sie hielt einen Arm angewinkelt. Auf dem Arm lümmelte Karlheinz. Auch er schien zu verdauen. Daka streichelte ihn sanft.

      Silvania hatte sich sofort nach dem Abendessen und dem Verdauungsausflug an den Laptop gesetzt. Sie hatte ihre Eckzähne in die beiden Buchsen an der Seite gesteckt und sich beim VampirVZ angemeldet. Gemeinsam mit Daka hatte sie ihre Seite ausgefüllt, die genau genommen die gemeinsame Seite der Schwestern war, da Daka ihren Zugang ja Helene zur Verfügung gestellt hatte. Die Schwestern teilten sich somit nicht nur ein reales Zimmer, sondern auch einen virtuellen Sarg.

      Bei der Lieblingsblutgruppe waren sie sich nicht ganz einig gewesen. Daka schwor auf Blutgruppe AB, während Silvania eine Blutschorle mit Blutgruppe A bevorzugte – wenn sie überhaupt etwas so Blutprozentiges trank. Dann hatten sie ihre Hobbys, Lieblingsfächer, Lieblingsflugstile, liebstes Haustier, liebster Abhängplatz und liebste Vampirweisheit eingetragen. Beide Mädchen hatten einen Vladder – einen verdammt schlauen Spruch von ihrem verdammt schlauen Onkel Vlad – eingetragen.

      Daka tippte: „Flieg öfters aus der Reihe, denn da ist die Luft besser.“

      Silvania tippte: „Auch mit beiden Füßen auf dem Boden kann man in den Himmel wachsen.“

      Insgesamt sah die Seite von Silvania und Daka jetzt sehr bunt aus. Wer nicht wusste, dass zwei Mädchen dahintersteckten, hätte vielleicht eine leichte Persönlichkeitsstörung vermutet.

      „Ich muss nur noch schnell etwas in Bogdans Sarg ritzen“, antwortete Silvania und ihre Finger schwebten über der Tastatur. Silvania hatte Bogdan im Schlammkasten kennengelernt. Vor ungefähr zehn Jahren, im Vampirgarten in ihrer transsilvanischen Heimatstadt Bistrien. Seitdem waren sie gute Freunde. Sie flogen zusammen durch dick und dünn. Bogdan wäre mit Silvania sogar bis ans Ende der Welt geflogen.

      „Das hast du schon drei Mal gesagt. Was habt ihr euch denn so Wichtiges zu erzählen?“ Daka dachte einen Moment nach. „Hat Bogdan etwa beim Schrumpfkopfkegeln gewonnen?“

      Silvanias Finger zuckten kurz über der Tastatur. „Nein! Wir führen einen Diskurs.“

      „Disco-was?“ Daka sah Karlheinz fragend an. „Verstehst du sie?“, flüsterte sie.

      Silvania sah über ihre Schulter zu ihrer Schwester. „Wir stehen sozusagen im Briefwechsel. Natürlich ist es kein normaler Briefwechsel.“

      „Weil Bogdan nur mit Smiley-Fledermäusen antwortet?“

      „Nein!“ Silvania atmete einmal tief durch. „Weil Bogdan nur mit Zitaten aus Büchern antwortet.“

      Daka verzog das Gesicht. Karlheinz rollte sich auf ihrem Arm zusammen.

      „Hier, das hat er eben in unseren Sarg geritzt: Schöne, helle goldne Sterne, grüßt die Liebste in der Ferne, sagt, dass ich noch immer sei, herzekrank und bleich und treu.“

      „Und das steht jetzt in unserem Sarg?“ Daka schüttelte den Kopf.

      „Wahnsinn, nicht wahr? Verstehst du jetzt, warum ich unbedingt sofort antworten muss?“

      „Ja, vielleicht kann man Bogdan noch helfen. Gut möglich, dass er nur ein paar Sonnenstrahlen zu viel abbekommen hat.“

      Silvania verdrehte die Augen. „Dir ist auf jeden Fall nicht mehr zu helfen. So etwas nennt man r-o-m-a-n-t-i-s-c-h.“

      Daka zuckte mit den Schultern. Sie fand es romantischer, wenn sie mit ihrem Papa kopfüber an einer Tanne hing und an einem Mitternachtssnack zutschelte. Oder wenn Bato, der Knochpetenspieler ihrer Lieblingsband, lauter Glühwürmchen aus der Knochpete stieß und Murdo dazu ein finsteres Lied röchelte.

      Aber wenn es um solche zuckerwatteweichen Dinge wie R-o-m-a-n-t-i-k oder ganz und gar (und noch viel schlimmer) um L-i-e-b-e ging, verstand Daka ihre Schwester sowieso nicht. Erst war Silvania in ihren Nachhilfelehrer Jacob verliebt gewesen (so hatte Daka das zumindest verstanden) und jetzt bekam sie immer rote Kringel um die Augen, wenn sie Bogdan etwas in seinen Sarg ritzte. Womöglich bekam sie von dem ganzen Discokurs mit ihm auch noch ganz feuchte Hände und würde die Tastatur damit lahmlegen. War Silvania jetzt in Jacob verliebt? Oder in Bogdan? Oder in beide? Oder in gar keinen?

      Daka wollte ihre Schwester gerade danach fragen, als der Laptop dreimal hintereinander ein seltsames Geräusch machte. Es klang, als würde ein erkältetes Raubtier versuchen zu fauchen.

      „Fumpfs!“, rief Daka und flopste sich blitzschnell neben ihre Schwester. „Ludos Portokulator! Du hast ihn zerstört! Mit deinen feuchten Händen!“

      Silvania sah beunruhigt auf den Bildschirm. Dann hellte sich ihr Gesicht auf. „Gumox. Geht doch alles noch.“

      „Da wackelt eine Fledermaus ständig mit den Flügeln.“ Daka zeigte auf den Bildschirm.

      „Virtueller Zwilling gefunden. Übereinstimmung: 96 Prozent“, las Silvania vor.

      „Noch eine Schwester?“ Daka zog die Augenbrauen zusammen.

      „Vielleicht zur Abwechslung ja auch ein Bruder“, meinte Silvania und klickte auf die aufgescheuchte Fledermaus.

      Auf der Seite erschien ein schwarzes rundes Gebilde mit einer kleinen, abgerundeten Spitze.

      „Ist das ein Zelt?“, fragte Silvania.

      „Sieht aus wie eine Jurte“, fand Daka. „Weißt du, diese zeltähnlichen Wohnungen, in denen manche Leute in Asien wohnen. Ich glaube, es war in der Mongolei. Oma Zezci hat uns mal eine Postkarte davon geschickt.“

      Silvania nickte. Sie erinnerte sich an die Postkarte. Jetzt öffnete sich die Tür der virtuellen Jurte langsam. Auf dem Jurtenboden lag ein dicker dunkelgrauer Teppich. Darauf war eine


Скачать книгу