Scepter und Hammer. Karl May

Scepter und Hammer - Karl May


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war ruhig geblieben. Sie stieß eine dichte Dampfwolke aus und meinte:

      »Mein Sohn, der Geist sagt mir, daß es wahr ist, was Dir gesagt wurde. Das Messer ist geschliffen, welches uns treffen soll; doch wird es seine Spitze verlieren und denjenigen treffen, in dessen Hand es ruht!«

      Der Hauptmann wandte sich ihr zu.

      »Mutter, ich liebe Dich mit aller Kraft meiner Seele; aber ich könnte Dich dennoch hassen, weil Du mir einen solchen Vater gegeben hast! O, wenn ich daran denke, was ich durch ihn gelitten habe, so – so – so – — —!«

      Er kämpfte mit Gewalt seine Aufregung nieder und trat zu Max.

      »Also Ihre Worte enthalten wirklich die Wahrheit?«

      »Wirklich. Ich war zugegen, als der Auftrag gegeben wurde, einen Schmiedesohn, einen verrückten Hauptmann und eine Zigeunerin zu ermorden.«

      »Gut, ich danke Ihnen!« Er trat zum Schranke und öffnete ihn. »Ich werde sofort und auf der Stelle zum Herzog gehen und ihn zwingen, mich – — —«

      »Halt, Herr Hauptmann, keine Übereilung! Sie würden mit derselben nur das Gegentheil von dem erreichen, was Sie bezwecken. Sie sind hier in diesem Hause vollständig sicher, und behandeln.«

      »Auf welche Weise soll der Angriff geschehen?«

      »Ist noch unbestimmt.«

      »Wer ist gedungen?«

      »Ein gewisser Helbig, welcher früher im Dienste des Herzogs gestanden hat.«

      »Ah, nun glaube ich vollständig, was Sie mir sagen!«

      »So werden Sie mir auch die Bitte erfüllen, welche ich für gerathen halte. Gehen Sie vor morgen Abend nicht aus! Unternehmen Sie überhaupt nichts, ohne mich vorher davon benachrichtigt zu haben!«

      Der Hauptmann schlug in die dargebotene Hand ein.

      »Ich werde Ihnen von Stunde zu Stunde immer größeren Dank schuldig, Herr Doktor, so daß es einfache Pflicht ist, eine solche Bitte zu erfüllen. So ist also Ihre heutige Mission beim Herzog vollständig gescheitert?«

      »Vollständig. Er mag von einer friedlichen Lösung der Angelegenheit nichts wissen, wie ich mich – allerdings ohne sein Wissen – überzeugte, und es gilt nun also einen Kampf Mann gegen Mann.«

      »Sohn gegen Vater! Nun wohlan; er hat mir das Leben gegeben, weiter nichts; den Dank, welchen ich ihm schulde, hat er quitt gemacht, wir sind uns fremd, und ich brauche ihn nicht zu schonen. Ihren Wunsch werde ich erfüllen, aber trifft mich ein Angriff, dann wehe dem, gegen den ich mich vertheidigen muß!«

      Max ging. Er suchte das Schloß auf Umwegen zu erreichen und gelangte auch unbemerkt in den Garten desselben. Hier und im Gebäude selbst war ihm jeder Schrittbreit wohlbekannt, so daß er also genau wußte, wohin er sich zu wenden hatte.

      Er klopfte an eine Pforte. Der hinter derselben haltende Posten öffnete.

      »Wer da?«

      »Ruhig!« antwortete er und zeigte die Karte vor.

      »Passiren!« lautete die Entscheidung.

      Er passirte mehrere Gänge und Treppen, welche alle hell erleuchtet waren; sämmtliche Posten ließen ihn nach Vorzeigen des Passe-partout passiren, und so gelangte er schließlich in den Korridor, in welchem die Zimmer und auch das Schlafkabinet des Königs lagen. Hier bemerkte er, daß die Schildwache fehlte, jedenfalls in Folge einer Vorsorge von Seiten des Herzogs oder des Kammerlakaien. Von dem Letzteren war keine Spur zu bemerken, was sich auch leicht erklären ließ, da es noch nicht zwei Uhr war.

      Er suchte die Thüren und fand deren eine geöffnet. In das Zimmer tretend fand er dasselbe dunkel, doch fiel ein schwacher Lichtschein durch die Spalte einer PortiŠre, welche zum nächsten Raume führte. Er trat hinzu und blickte hindurch. Es war ein kleines Kabinet, welches vor ihm lag. An einem Tische, auf welchem eine Lampe brannte, deren Licht durch einen farbigen Schirm gedämpft wurde, saß Grunert, der Kammerdiener. Vor ihm lagen mehrere Blätter einer illustrirten Zeitung; er hatte also gelesen, um sich wach zu halten, doch war ihm dies nicht gelungen. Er schlief mit auf die Arme niedergesenktem Kopfe. konnte.

      Er trat näher. Der königliche Schläfer hatte die seidene Decke bis zur Brust empor gezogen, so daß die beiden Arme mit wie zum Gebete gefalteten Händen frei lagen. Max berührte die letzteren leise, und augenblicklich regte sich der König. Ein leiser Druck reichte hin; der Schläfer erwachte und öffnete halb im Traume die Augen. Max winkte Schweigen; der König verstand die Pantomime und erkannte den Doktor. Mit dem Ausdrucke der höchsten Überraschung wollte er sich emporrichten, unterließ dies aber auf eine warnende Bewegung konnte.

      Er nahm, hinter den kostbaren transparenten Vorhängen versteckt, Platz und neigte sich zu dem Könige nieder.

      »Entschuldigung, Majestät!« flüsterte er – —

      »Was ist Außerordentliches geschehen, Herr Doktor, daß Sie zu dieser Stunde hier heimlich Zutritt nehmen?« frug der König ebenso leise, aber mit dennoch zu vernehmender Strenge im Tone. »Wie haben Sie Einlaß gefunden?«

      »Durch die Karte meines Vaters.«

      »Ah! Er gibt sie aus der Hand?«

      »Nur mir, Majestät. Es soll ein Einbruch in Dero Arbeitskabinet vorgenommen werden.«

      »Ah! Sie erschrecken mich! Ist es möglich?«

      »Ich weiß es bestimmt!« unternehmen?«

      »Kein gewöhnlicher Dieb, Majestät!«

      »Nun?«

      »Seine Durchlaucht der Herzog von Raumburg.«

      »Der Her – der Her – zog?« Der König konnte vor Überraschung das Wort kaum hervorbringen. »Unmöglich! Sie irren sich, Doktor!«

      »Ich irre mich nicht; ich weiß es ganz genau.«

      »Was will er ?«

      »Die Akten aus der Irrenanstalt, welche ich die Ehre hatte, Majestät zu überreichen.«

      »Ah, ich begreife! Und dennoch ist ein solcher Schritt – — parbleu, er muß einen Gehülfen haben!«

      »Grunert!«

      »Grunert? Wissen Sie dies genau?«

      »Genau! Es scheint, der Herzog hat das Arbeitskabinet Eurer Majestät schon öfters besucht.«

      Der König schwieg; seine Mienen verfinsterten sich unter dem nachdenklichen Zuge, welcher über sie hinglitt.

      »Woher wissen Sie Alles?« frug er endlich.

      »Ich belauschte Beide zufällig.«

      »Wann kommt der Herzog?«

      »Punkt Zwei.«

      »Grunert schläft im Vorzimmer?«

      »Ja.«

      »Ich kann mir dies denken, da Sie sonst nicht hier säßen. Jetzt ist es ein Uhr. Sehen Sie nach, ob er noch schläft!«

      Max schlich langsam und leise zur PortiŠre, zog dieselbe ein wenig aus einander und blickte hindurch. Der Verräther lag noch ganz in derselben Stellung wie vorhin. Als der Doktor zum Bette zurückkehrte, hatte der König dasselbe bereits verlassen und war beschäftigt, sich anzukleiden. Max bemühte sich, ihm dabei behülflich zu sein, und rapportirte:

      »Er schläft noch!«

      »Er hatte heute nicht Dienst, tauschte aber mit einem Kollegen, welcher angeblich unwohl ist. Wenn er erwacht, wird er das Schlafzimmer nicht betreten, sondern sich nur durch den Eingang überzeugen, daß ich nicht wach bin. Lassen wir die Gardinen herab!«

      Das Bett wurde verhüllt, so daß Grunert denken mußte, der König schlafe.

      »So, und jetzt folgen Sie mir zur Bibliothek!«

      Der König näherte sich der PortiŠre und glitt, nachdem er sich überzeugt hatte, daß Grunert wirklich schlief, gefolgt vom Doktor durch das Vorzimmer und dann durch die weiteren Räume bis an das Arbeitskabinet.

      »Warten!« befahl er.

      Ein


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