Im Lande des Mahdi I. Karl May

Im Lande des Mahdi I - Karl May


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Art die Gespenster sind, die ihn aus diesem Hause vertreiben wollten.«

      »Ich werde ihn rufen. Vorher aber muß ich selbst mit diesem Manne sprechen, welcher uns weismachen wollte, daß er in das Reich der abgeschiedenen Seelen gehöre.«

      Er dachte jetzt nicht daran, daß Abd el Barak als Vorsteher der Kadirine eine bedeutende Macht besaß; das Renommieren war ihm zur zweiten Natur geworden, und da sich ihm jetzt eine Gelegenheit dazu bot, fiel es ihm nicht ein, dieselbe ungenützt vorübergehen zu lassen. Er streckte die geballte Hand gegen Abd el Barak aus und sagte:

      »In diese Hand warst du schon längst gegeben. Ich durchschaute dich und hätte, wenn es mein Wille gewesen wäre, dich zerdrücken können, wie man einen Schwamm zusammendrückt. Aber ich war zu stolz dazu. Du warst nicht würdig, von meiner Hand berührt zu werden. Darum hob ich dich für diesen Effendi auf, der dich überwunden hat, wenn auch nicht so leicht und schnell, wie ich mit dir fertig geworden wäre. Du bist für mich wie eine tote Kröte, wie ein abgestandener Fisch, den man nicht riechen mag. Du wirst keine Nachkommen haben, und deiner Vorfahren wird kein Mensch gedenken. Aber wenn du gestorben bist, wird deine Seele als Geist spuken müssen in alle Ewigkeit. Das wird der Lohn deiner Thaten sein, während man die meinigen verzeichnen wird in das Buch der Helden und in die Gedichte der Sieger und Eroberer!«

      Kein Theaterheld hätte mit größerem Aplomb hinter den Coulissen verschwinden können, als Selim jetzt durch die Thüre verschwand, um Murad Nassyr zu rufen. Abd el Barak sah ihm mit einem Blicke nach, welcher nichts Gutes weissagte. Ich konnte mich jetzt nicht mit ihm, sondern ich mußte mich mit seinem Nebengespenste beschäftigen, denn der Mann regte sich noch immer nicht. Hatte ich ihn vielleicht totgeschlagen? Es wurde mir doch ein wenig angst. Ich untersuchte seinen Schädel; er war geschwollen, aber nicht zerbrochen. Das Herz schlug fühlbar und regelmäßig. Ah! sollte der Mann sich verstellen, um, wenigstens einstweilen, der Demütigung zu entgehen? Ich nahm ihn beim Halse und drückte. Sofort riß er voller Angst, daß ich ihn erwúrgen wolle, die Augen auf und gurgelte:

      »Zu Hilfe, zu Hilfe, o Gott, zu Hilfe! Ich ersticke; ich sterbe!«

      Ich zog die Hand von seinem Halse und drohte:

      »Wer sich tot stellt, der mag sterben. Behalte die Augen offen, wenn du nicht willst, daß ich sie dir für immer schließe! Gespenster finden bei mir keine Gnade.«

      Es versteht sich ganz von selbst, daß die schwarzen Geschwister jetzt aufgewacht waren. Sie saßen in ihrer Ecke und betrachteten mit ängstlich aufgerissenen Augen die für sie furchterweckende Scene; aber einige Worte von mir genügten, sie zu beruhigen.

      Jetzt nun konnte ich Abd. el Barak den Knebel aus dem Munde nehmen. Hätte ich bisher noch besorgt, daß er mir wegen der im Bierhause stattgefundenen Scene gefährlich werden könne, so war nun jede Veranlassung zu dieser Befürchtung verschwunden; ich hatte den Mann in meiner Hand und durfte annehmen, daß er sich hüten werde, etwas gegen mich zu unternehmen, nämlich offen; seine heimliche Gegnerschaft stand mir noch immer und nun erst recht bevor. Selim war nach der Säulenhalle gegangen, um von da aus durch Klopfen Einlaß bei Murad Nassyr zu begehren. jetzt erschien er unter meiner Verbindungsthüre, um mir zu sagen, daß sein Herr mich erst zu sprechen begehre, bevor er die gefangenen Gespenster sehen wolle.

      »So mußt du einstweilen hier bleiben,« beschied ich ihn.

      »Richtig, sehr richtig,« antwortete er, indem er mir seit vorigem Tage die erste Verbeugung machte. Er hatte bei der Aufregung der letzten Stunde die altgewohnte Höflichkeit ganz außer acht gelassen.

      »Ich hoffe, daß ich dir diese Gefangenen anvertrauen darf?«

      »Mit vollstem Rechte, Effendi. Ich werde sie erwürgen, sobald sie nur ein Wort sagen oder eine falsche Bewegung machen. Du darfst versichert sein, daß ich zum Hüter solcher Missethäter wie geschaffen bin. Ein einziger Blick aus meinem Adlerauge genügt, sie in die größte Angst und Bangigkeit zu versetzen. Erlaube mir aber, vorher meine Waffen zu holen!«

      »Das ist ja gar nicht nötig; sie sind doch gefesselt!«

      Der andere Geist war nämlich auch gebunden worden.

      »Das weiß ich sehr wohl, Effendi; aber die Waffen verdoppeln die Würde des Mannes und geben seinen Geboten den Nachdruck, den sie haben müssen.«

      Es war klar, er fürchtete sich, mit diesen beiden hilflosen Männern allein zu sein; er brachte also sein ganzes Arsenal geschleppt, und dann ging ich zu Murad Nassyr, dessen Wohnung ich jetzt zum erstenmale betrat. Sie war ebenso fein und bequem eingerichtet wie die meinige. Er stand erwartungsvoll in seiner Schlafstube und begann mit den Worten:

      »Was ist geschehen, Effendi? Ich kann nicht glauben, was ich gehört habe. Selim hat mir von seinen Heldenthaten berichtet, aber in einer Weise, daß ich über das meiste im unklaren geblieben bin.«

      »Nun, was hat er denn erzählt?«

      »Acht Gespenster sind dagewesen; zwei haben Sie gefangen; eins ist Ihnen entkommen, und mit den fünf übrigen hat er gekämpft.«

      »Und sie natürlich besiegt?«

      »Leider nicht, denn er hat sie entfliehen lassen müssen, woran Sie schuld sind.«

      »Ich? Warum?«

      »Gerade als er dem Siege nahe gewesen ist und sie ihn um Gnade gebeten haben, sind Sie gekommen, um ihn zu Ihrer Unterstützung in den Hof zu holen.«

      »Das ist ein Roman, den er sich ausgesonnen hat. Seine fünf Gespenster leben nur in seiner Einbildung oder vielmehr in seiner Lügenhaftigkeit; es hat nur drei gegeben, und mit diesen habe ich es allein zu thun gehabt.«

      »Und Abd el Barak befindet sich wirklich unter ihnen?«

      »Ja.«

      »Unglaublich! Wer hätte so etwas denken können?«

      »Ich habe es gedacht, wie Sie sich erinnern werden.«

      »Mir ist nichts erinnerlich.«

      »Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß der Geist sich vor mir fürchten werde, daß ich ihn schon gesehen habe? Ich meinte damit Abd el Barak. Ich vermutete, daß er es sei, der dieses Haus unsicher mache, um die Wirtin und dann auch die Mieter zu vertreiben, damit es desto eher der Bruderschaft anheimfalle.«

      »Das haben Sie vermutet? Ich hätte es mir nie denken können. Es ist schrecklich! Aber nun erzählen Sie mir, wie es zugegangen ist, denn Selims Worten darf ich doch wohl keinen Glauben schenken.«

      »Allerdings nicht, da seine Phantasie den größten Beitrag leistet.«

      Ich berichtete ihm das Geschehene so kurz und einfach wie möglich; dennoch hatte ich Mühe, ihn zu bewegen, mir Glauben zu schenken. Daß ein Mann wie Abd el Barak sich zu einer solchen Rolle verstehen könne, war ihm fast undenkbar. Ich forderte ihn auf, sich doch durch den Augenschein zu überzeugen; da antwortete er:

      »Ehe ich mich zu diesem Manne begebe, muß ich erst wissen, was wir mit ihm und seinem Gehilfen thun werden. Meinen Sie, daß wir sie laufen lassen?«

      »Hm! Eigentlich müßten wir die Sache zur Anzeige bringen.«

      »Davor möge Allah uns behüten! Die Behörde von diesem Gespensterspiele zu benachrichtigen, würde nichts anderes heißen, als uns die ganze Kadirine zum Feinde zu machen, und das muß ich auf alle Fälle vermeiden, weil ich den größten Schaden davon haben würde. Meine Geschäftsverbindungen mit Ägypten würden in kurzer Zeit wie abgebrochen sein, und nicht nur mit Ägypten, da die Kadirine sich über ganz Nordafrika und sogar bis tief in den Sudan erstreckt. Und auch Sie dürfen eine so mächtige Verbindung sich nicht zur Feindin machen. Ich bin überzeugt, daß Sie ihr Vaterland nicht wiedersehen würden.«

      »Ich muß Ihnen leider beistimmen. Also bestrafen dürfen wir die Thäter nicht lassen. Es ist nicht einmal rätlich, die Sache in anderer Weise an die Öffentlichkeit zu bringen. Aber die Kerle einfach freigeben, geht doch auch nicht, denn sie würden sich auch in diesem Falle an uns zu rächen suchen. Wir müssen irgend eine Sicherheit vor dieser Rache in die Hand bekommen.«

      »Das könnte doch nur in Form einer Unterschrift sein?«

      »Allerdings, ein schriftliches Bekenntnis,


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