Old Surehand II. Karl May

Old Surehand II - Karl May


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sagte:

      »Hier muß mein junger Bruder graben, aber allein, mit keinem andern; da wird er Nuggets und goldenen Sand finden.«

      Ich löste mir den betreffenden Klaim und grub. Winnetou hatte recht gehabt; ich fand Nuggets. Ich mußte mich zwar sehr vor den andern Diggers in acht nehmen und meinen Fund verheimlichen, denn das ist meist räuberisches Gesindel, und es wäre mir vielleicht auch noch übel ergangen, wenn nicht in den letzten Tagen Old Shatterhand wiedergekommen wäre, um sich nach meinen Erfolgen zu erkundigen.«

      »War Winnetou wieder bei ihm?«

      »Nein; er hatte sich für einige Zeit von ihm getrennt, um erst nach Sacramento und dann nach San Francisco zu gehen. Er blieb bei mir, bis ich die Minen verließ, und sorgte dafür, daß mir kein Digger nahe kam. Dann fuhr er mit mir hierher.«

      »Heut?«

      »Ja.«

      »So ist er mit Euch hier angekommen?«

      »Natürlich! Wir saßen miteinander in einem Wagen.«

      »Als Ihr ausgestiegen waret, spracht Ihr noch einmal in den Wagen hinein, wohl mit ihm?«

      »Ja. Er stieg nicht gleich mit mir aus, weil er noch mit einem andern Passagier zu reden hatte. Ich sagte ihm guten Abend und bat ihn, Wort zu halten.«

      »Welches Wort?«

      »Er hat mir versprochen, mich morgen auf der Mission zu besuchen.«

      »Teufel! Ist‘s wahr?«

      »Ja.« antwortete Eduard, der nicht sah, in welcher Aufregung sich der Doktor jetzt befand. Dieser hatte große Angst vor Old Shatterhand; er versuchte, sich zu beherrschen, und erkundigte sich:

      »Könnt Ihr denn auch beweisen, daß Ihr die dreitausend Dollars habt? Das müßt Ihr natürlich gleich heut abend beweisen können!«

      »Das kann ich. Ich habe den ganzen Goldstaub in gute Papiere umgetauscht, die ich bei mir habe.«

      Da blieb White stehen, zog den Hahn des Revolvers leise auf und sagte:

      »Wißt Ihr, das Glück, daß Ihr Old Shatterhand und Winnetou getroffen habt, ist groß; noch größer, noch viel, viel größer aber ist die Dummheit, daß Ihr mir das alles erzählet!«

      »Dummheit? Warum?«

      »Weil Ihr nun das Mädchen nicht bekommt und auch das Geld nicht behaltet.«

      »Wieso?«

      »Wieso, fragt Ihr? Ihr werdet es sogleich erfahren.«

      Im nächsten Augenblick krachte sein Schuß, und Eduard stürzte zu Boden, wo er lag, ohne sich zu rühren. White hob ihn auf, trug ihn ein Stück vom Wege seitwärts fort und legte ihn dort nieder. Dort wollte er ihn einstweilen liegen lassen, um ihn später in der Nacht irgendwo einzuscharren; vor allen Dingen mußte er ihm die Taschen leeren. Eben als er damit beginnen wollte, hörte er Schritte, welche sich rasch näherten; er huschte fort, um sich ja nicht sehen zu lassen. Der Tote lag ja gut, und er konnte ihm das Geld ebenso später wie jetzt nehmen. Er ging gar nicht erst in seine Wohnung, sondern gleich zu Werner, um dort Punkt zwölf Uhr seine Ansprüche geltend zu machen.«

      Der Erzähler hielt jetzt wieder inne, um seine Zuhörer zu fragen:

      »Nun, ist die Geschichte jetzt interessanter als vorher.«

      »Viel, viel interessanter!« wurde ihm geantwortet. »Aber wo bleibt denn Old Shatterhand?«

      »Er ist ja schon da!«

      »Ja, auf dem Bahnhofe!«

      »Nein, sondern viel näher!«

      »Wo?«

      »Auf dem Wege nach der Mission. Er ist es ja, dessen Schritte White kommen hörte.«

      »Ah so!«

      »Ja. Nämlich als Old Shatterhand aus dem Bahnwagen stieg, suchte sein Blick nach seinem jungen Reisegefährten. Er sah ihn bei White stehen und stutzte. Wer war nur dieser Mann? Er mußte ihn kennen; er hatte ihn gesehen. Er sann und sann, und da fiel es ihm endlich ein: dieser Mann, mit dem Eduard gesprochen hatte, war der Kanada-Bill! Beide waren schon fort. Old Shatterhand eilte ihnen nach, sah sie aber in der nächsten Straße nicht. Wo der Kanada-Bill auftritt, giebt es stets eine Teufelei. Hatte er eine solche mit Eduard vor? So fragte sich Old Shatterhand. Er mußte ihn warnen. Er wußte, daß er nach der Mission gehen wollte, erkundigte sich bei einem Vorübergehenden nach ihr und ging nach.

      Als er die Stadt verlassen hatte, war der Weg dunkel; er mußte langsam gehen, um ihn nicht zu verlieren. Da hörte er vor sich einen Schuß und eilte auf die Stelle zu, wo er gefallen war. Da blieb er stehen und lauschte. Es war ihm, als ob sich jemand leise entferne. Er suchte, ob jemand getroffen sei und vielleicht an der Erde liege. Er fand niemand. Da aber hörte er von der Seite her einen klagenden Ton. Er ging der Richtung dieses Tones nach und fand Eduard, der sich halb aufgerichtet hatte und die Hände auf die Gegend des Herzens drückte.

      »Ihr seid es?« fragte er erschrocken, da er ihn trotz der Dunkelheit erkannte.

      »Ja, Sennor Shatterhand,« antwortete Eduard leise.

      »Seid Ihr getroffen?«

      »Ja.«

      »Wo?«

      »Ins Herz, grad ins Herz.«

      Das Sprechen fiel ihm schwer; der Atem fehlte ihm.

      »Ins Herz? Das ist nicht möglich!« sagte Old Shatterhand.

      »Wenn man Euch ins Herz getroffen hätte, wäret Ihr tot. Bleibt still! Ich werde Euch untersuchen.«

      Er öffnete ihm den Rock, die Weste, das Hemde – keine Spur von Blut, von einer Wunde! Er suchte weiter, kam an die Brusttasche, befühlte diese und erklärte dann erfreut:

      »Gott sei Dank! Ihr habt in dieser Tasche den großen Beutel mit Nuggets[6], welche die Kugel aufgefangen haben. Hier fühle ich das kleine Loch im Tache. Der Schuß hat Euch umgeworfen und den Atem genommen; aber die Kugel ist in den Nuggets stecken geblieben. Wohnt nicht der Arzt, Euer Rivale, da in der Mission?«

      »Ja.«

      Zweites Kapitel: Der Koenigsschatz

      Der einstige Indianeragent lehnte sich, von der Erzählung ermüdet, in seinen Stuhl zurück, nahm die beifälligen Aeußerungen der Zuhörer ruhig hin und gab ihnen auf die Fragen, die sie noch hatten, um sich dieses und jenes ergänzen zu lassen, die erwünschten Auskünfte.

      Als diese Erkundigungen aber gar kein Ende nehmen wollten, bat er:

      »Laßt mich nun in Ruhe, Mesch‘schurs! Ich habe die Geschichte nicht erzählt, um mir einen ganzen Korb voll Fragen an den Kopf werfen zu lassen, sondern um zu beweisen, daß die Weißen oft schlechter sind als die Roten und daß ich Winnetou, den Häuptling der Apatschen, kenne. Wenn ihr aufmerksam zugehört habt, so müßt ihr sagen, daß der Bahnüberfall und der von dem »Kapitän« und seinen Leuten geplante Schurkenstreich fast nur durch seinen Scharfsinn und seine Tapferkeit so glücklich abgeschlagen wurden. Er ist eben ein Mann, mit dem sich kein andrer Indianer und wohl selten ein Weißer zu vergleichen vermag. Seine Gestalt ragt über alle andern hoch empor, und wenn er einmal untergegangen sein wird, wie seine ganze, beklagenswerte Nation dem Untergange geweiht ist, sein Name wird nicht untergehen und vergessen werden, sondern noch im Munde unsrer Kinder, unsrer Enkel und Urenkel weiterleben.«

      »Well, da habt Ihr recht, Sir,« stimmte ein alter Herr bei, der an einem Nebentische saß und der Erzählung mit größter Aufmerksamkeit gelauscht hatte; »doch wenn Ihr es erlaubt, daß ein Fremder eine Ansicht äußern darf, mit der er Euch aber nicht beleidigen will, so möchte ich eine Bemerkung machen.«

      »Nach der Weise, wie Ihr Euern Wunsch vorbringt, kann ich nicht annehmen, daß es Eure Absicht ist, mich zu beleidigen. Also, Eure Bemerkung?«

      »Ihr sagtet, die Apatschen seien durch ihre Feigheit und Hinterlist bekannt gewesen, hätten sich durch sie den Schimpfnamen »Pimo« zugezogen und wären nur, seit er ihr Häuptling ist, geschickte Jäger und tapfere, ja verwegene Krieger


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<p>6</p>

Große Goldkörner.