Old Surehand III. Karl May

Old Surehand III - Karl May


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nur dann, wenn sie mit andern von mir sprach.«

      »Sonderbar, höchst sonderbar! Nun möchte ich nur noch wissen, ob er sie Ivo Uschingwa[13] und sie ihn Iwuete[14] zu nennen pflegt.«

      Er sann wieder eine Weile nach und antwortete dann:

      »Es ist mir, als ob sie, als ich noch jung, noch sehr jung war, sich so genannt hätten; seit jener Zeit aber habe ich diese Worte nicht wieder von ihren Lippen gehört.«

      »So hat sie also seit jener Zeit stets nur die Namen Tibo taka und Tibo wete gebraucht?«

      »Ja.«

      »Und du hältst diese Worte für Medizinausdrücke?«

      »Ja.«

      »Warum?«

      »Weil der Vater stets sagte, daß sie Medizin seien. Sie müssen es auch sein, denn es giebt keinen einzigen roten oder weißen Mann, welcher weiß, was das Wort Tibo zu bedeuten hat. Oder sollte mein Bruder Shatterhand es wissen?«

      Ich wußte es allerdings auch nicht. Zwar mußte ich an die französischen Namen Thibaut und Thibault denken, aber es schien mir doch zu gewagt, das freilich fast gleichklingende Wort Tibo damit in Beziehung zu bringen. Ich wollte eine dieses sagende Antwort geben, kam aber nicht dazu, weil mir, und zwar zu gleicher Zeit und mit gleicher Eile, zwei Personen zuvorkamen, welche dem ersten Teile unseres Zwiegespräches keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten, dann aber, sobald sie von mir die Namen Tibo taka und Tibo wete hörten, sich uns mit um so größerem Interesse zuwendeten.

      Es wird noch erinnerlich sein, daß ich damals im Llano estacado Apanatschka versprechen mußte, die geheimnisvollen Worte keinem Menschen mitzuteilen; ich hatte mein Versprechen so treu gehalten, daß ich sogar gegen Winnetou verschwiegen gewesen war. Darum erregte es meine Verwunderung, als er uns jetzt in die Rede fiel:

      »Tibo taka und Tibo wete? Diese Worte kenne ich!«

      Und noch hatte er nicht ganz ausgesprochen, so rief auch der Häuptling der Osagen: »Tibo taka und Tibo wete kenne ich! Sie sind im Lager der Osagen gewesen und haben uns viele Felle und die besten Pferde gestohlen.«

      Apanatschka war natürlich ebenso erstaunt wie ich. Er wendete sich zunächst an Winnetou:

      »Woher kennt der Häuptling der Apatschen diese Worte? Ist er, ohne daß ich es erfahren habe, im Lager der Naiini gewesen?«

      »Nein; aber Intschu tschuna, mein Vater, hat einen Mann und ein Weib getroffen, welche Tibo taka und Tibo wete hießen. Er war ein Bleichgesicht, sie eine Indianerin.«

      »Wo hat er sie getroffen? Wo ist das gewesen?«

      »Am Rande des Estacado. Sie und ihre Pferde waren dem Tode des Verschmachtens nahe, und die Frau hatte einen kleinen Knaben in ihr Tuch gewickelt. Mein Vater, der Häuptling der Apatschen, hat sich ihrer angenommen und sie zum nächsten Wasser geführt, um sie zu speisen und zu tränken, bis sie sich erholten. Dann wollte er sie zur nächsten Ansiedelung der Bleichgesichter bringen; sie aber baten ihn, ihnen lieber zu sagen, wo die Komantschen zu finden seien. Er ritt mit ihnen zwei Tage weit, bis er die Spuren der Komantschen entdeckte. Da diese seine Todfeinde waren, mußte er umkehren, gab ihnen aber Fleisch und einen Kürbis voll Wasser mit und erteilte ihnen eine so genaue Anweisung, daß sie die Komantschen finden mußten.«

      »Wann hat sich das ereignet?«

      »Vor langer Zeit, als ich noch ein kleiner Knabe war.«

      »Was hat mein Bruder sonst noch über diese beiden Personen und ihr Kind erfahren?«

      »Daß die Frau ihre Seele verloren hatte. Ihre Reden sind verworren gewesen, und wo es ein Gebüsch gab, da nahm sie einen Zweig, um ihn sich um den Kopf zu winden.«

      »Weiter weiß Winnetou nichts von ihnen?«

      »Weiter nichts; es ist das alles, was mein Vater mir über diese Begegnung erzählt hat.«

      Der Apatsche bekräftigte durch eine Handbewegung, daß er nichts mehr zu sagen habe, und fiel dann in seine frühere Schweigsamkeit zurück. Da ergriff Schahko Matto eifrig das Wort:

      »Aber ich kann noch mehr sagen; ich weiß mehr von. diesen Dieben, als Winnetou, der Häuptling der Apatschen, wissen kann!«

      Apanatschka wollte weiter sprechen; ich winkte ihm aber, zu schweigen. Jedenfalls war er der kleine Knabe gewesen, und da der Mann und die Frau, welche als seine Eltern galten, von dem Osagen des Diebstahls geziehen wurden, wollte ich eine voraussichtliche direkte und große Beleidigung dadurch verhüten, daß ich an seiner Stelle das Wort ergriff:

      »Schahko Matto, der Häuptling der Osagen, mag uns erzählen, was wir über die Personen, welche wir meinen, von ihm hören können! Es wird wahrscheinlich nicht viel Gutes sein.«

      »Old Shatterhand hat recht; es ist nichts Gutes,« nickte er. »Hat er vielleicht einen Mann gekannt, welcher Raller hieß und bei den Bleichgesichtern das war, was sie einen Offizier nennen?«

      »Es ist mir kein Offizier dieses Namens bekannt.«

      »Dann ist es so, wie ich mir später gedacht habe: er hat uns damals einen falschen Namen genannt und ist nur in der Absicht, uns zu betrügen, zu uns gekommen. Wir haben überall nach ihm geforscht; ich bin sogar in den Forts und auch in den großen Städten der Weißen gewesen, mich nach ihm zu erkundigen, aber nirgends hat es einen Offizier gegeben, welcher Raller hieß.«

      »Es sind da wahrscheinlich zwei Fälle möglich: Entweder war er Offizier und hieß nicht Raller, oder er hieß so und war nicht Offizier. Was wollte er bei den Kriegern der Osagen?«

      »Er kam ganz allein zu uns; er trug die Kleidung der Offiziere und sagte, daß er der Bote des großen, weißen Vaters in Washington[15] sei. Es war ein neuer weißer Vater gewählt worden, der diesen Boten zu uns schickte, um uns sagen zu lassen, daß er die roten Männer liebe, daß er Frieden mit ihnen hegen und besser für sie sorgen wolle als die frühern weißen Väter, welche nicht gut und ehrlich gegen sie gewesen seien. Das gefiel den Kriegern der Osagen wohl, und sie nahmen den Boten als Freund und Bruder auf und behandelten ihn mit größerer Ehrfurcht und Aufmerksamkeit, als sie selbst ihrem größten und ältesten Häuptling zu erweisen gewohnt waren. Er schloß einen Vertrag mit ihnen ab; sie sollten ihm Felle und Häute liefern, wofür er ihnen schöne Waffen, Pulver, Blei, Messer, Tomahawks, fertige Anzüge und auch prächtige Kleider und Schmucksachen für die Squaws versprach. Er gab ihnen zwei Wochen Zeit, diesen Vertrag zu überlegen, und ritt fort. Er kehrte schon vor dieser Frist zurück und brachte einen weißen Mann, eine sehr schöne, junge, rote Squaw und einen kleinen Knaben mit. Der Weiße trug den Arm in der Binde; er war durch einen Schuß verwundet worden, doch zeigte die Untersuchung, daß die Wunde in guter Heilung stand. Das junge Weib war seine Squaw und der Knabe sein Sohn. Der schöne Körper der Squaw war leer, denn der Geist hatte ihn verlassen. Sie sprach von Tibo taka, von Tibo wete und wand sich Zweige um den Kopf. Auch von einem Wawa Derrick redete sie zuweilen. Wir wußten nicht, was sie damit meinte, und auch der Weiße, dessen Squaw sie war, sagte, daß er ihre Reden nicht verstehe. Sie wurden bei uns aufgenommen, als ob sie Bruder und Schwester der Osagen seien; dann ging Raller wieder fort.«

      Schahko Matto machte hier eine Pause, welche ich benutzte, ihn zu fragen:

      »Wie war das Verhalten der beiden Weißen zueinander? Ließ es auf Freundschaft oder nur auf gewöhnliche Bekanntschaft schließen? Es kommt wahrscheinlich sehr viel darauf an.«

      »Sie waren Freunde, so lange sie glaubten, beobachtet zu sein; hielten sie sich aber für unbemerkt, so zankten sie sich.«

      »Hatte der Mann der Squaw vielleicht ein Merk- oder Kennzeichen an seinem Körper?«

      »Nein, aber der Offizier, welcher sich Raller nannte, hatte eins; es fehlten ihm zwei Zähne.«

      »Wo?« fragte ich rasch.

      »Oben vorn, rechts und links einer.«

      »Ah! Etters!« rief ich aus.

      »Uff! Das war Dan Etters!« ließ sich auch der sonst so stille Winnetou schnell


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<p>13</p>

Meine Squaw.

<p>14</p>

Mein Mann.

<p>15</p>

Präsident der Vereinigten Staaten.