Das Mädchen Der Verbotenen Regenbögen. Rosette
sie leicht mit der Erdbeermarmelade verwechseln.“
Sie bemerkte mein gezwungenes Lächeln nicht, und nahm ihre Geschichte einer ihrer amourösen Abenteuer mit einem jungen Florentiner, der sie wegen einer Südamerikanerin verlassen hatte, wieder auf.
Ich aß widerstrebend, immer noch wegen des kleinen Vorfalls zuvor angespannt, und ich hatte schon bereut, den Vorschlag alleine zu essen, nicht angenommen zu haben. In diesem Fall gäbe es keine Probleme. Potenziell kritische Situationen zu vermeiden: das war mein Mantra. Das war schon immer so. Ich durfte nicht zulassen, dass die herrliche Atmosphäre dieses Hauses mich in die Versuchung führt, die notwendige Vorsicht zu vergessen. Mrs. Mc Millian schien eine kluge Frau zu sein, intelligent und fürsorglich, aber viel zu gesprächig. Ich konnte nicht auf ihre Diskretion zählen.
Sie machte eine kurze Pause um ihren Tee zu trinken, und ich nutzte die Gelegenheit, ihr einige Fragen zu stellen. „Arbeiten Sie schon lange bei Mr. Mc Laine?“
Ihre Augen begannen zu leuchten, glücklich darüber neue Anekdoten zum Besten geben zu können. „Ich bin seit 15 Jahren hier. Ich kam ein paar Monate nach dem Unfall von Mr. Mc Laine. Der, bei dem er…. sie verstehen schon. Alle früheren Hausangestellten wurden weggeschickt. Es scheint, dass Herr Mc Laine ein sehr fröhlicher Mensch, voller Lebenslust und immer bester Laune war. Jetzt haben sich die Dinge leider geändert.“
„Was ist passiert? Ich meine ... der Unfall? Das ist ... Verzeihen Sie meine Neugier, sie ist nicht zu entschuldigen.“ Ich biss mir auf die Lippen, aus Angst, missverstanden zu werden.
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist normal Fragen zu stellen, das ist Teil der menschlichen Natur. Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Im Dorf sagten sie mir, dass Herr Mc Laine genau einen Tag nach dem Autounfall heiraten sollte, aber natürlich wurde daraus nichts. Einige sagen, er war betrunken, aber das sind meiner Meinung nach einfach nur unfundierte Gerüchte. Was man ganz sicher weiß, ist, dass er von der Straße abkam, um einem Kind auszuweichen.“
Meine Neugier war durch ihre Worte neu entfacht. „Ein Kind? Ich hatte online gelesen, dass der Unfall in der Nacht geschehen ist.“
Sie zuckte mit den Achseln. „Ja, scheinbar handelte es sich um den Sohn des Lebensmittelhändlers. Er war von zu Hause weggelaufen, weil er sich entschlossen hatte, sich dem Zirkus, der in Gegend auf Tournee war, anzuschließen.“
Ich verarbeitete diese Nachricht. Das erklärte den plötzlichen Stimmungswechsel von Mr. Mc Laine, seine ständige Unzufriedenheit, sein Unglücklich sein. Wie konnte man das nicht verstehen? Seine Welt war aufgrund eines unglücklichen Schicksals auseinandergefallen, in tausend Scherben zersplittert. Ein junger Mann, reich, gut aussehend, ein erfolgreicher Schriftsteller, der kurz davor stand, seinen Traum von der großen Liebe zu verwirklichen ... Und dann verlor er innerhalb von wenigen Sekunden all das, was er hatte. Ich hatte so ein Unglück nie erlebt, ich konnte es mir nur vorstellen. Man kann nicht verlieren, was man nicht hat. Mein einziger und ewiger Begleiter war schon das Nichts.
Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr bestätigte mir, dass es Zeit war zu gehen. Mein erster Arbeitstag. Mein Herz schlug schneller, und in einem Moment von klarem Verstand fragte ich mich, ob dies von dem neuen Job, oder von dem geheimnisvollen Hausherrn abhing.
Ich nahm zwei Stufen auf einmal, in der völlig unvernünftigen Angst zu spät zu sein. Im Flur traf ich auf Kyle, den Krankenpfleger und Mann für alle Fälle. „Guten Tag!“
Ich verlangsamte meinen Schritt und schämte mich meiner Eile. Ich musste den Eindruck einer unsicheren oder, was noch schlimmer war, einer überspannten Person gemacht haben.
„Guten Morgen!“
„Miss Bruno, nicht wahr? Kann ich du sagen? Im Grunde genommen sitzen wir im selben Boot, auf Gedeih und Verderb einem verrückten Irren ausgesetzt.“ Die grobe und brutale Rohheit seiner Worte erstaunten mich.
„Ich weiß, ich bin respektlos meinem Arbeitgeber gegenüber, und so weiter. Du wirst schon sehen und mir bald Recht geben. Wie heißt du?
„Melisande.“
Er mimte eine unbeholfene Verbeugung. „Es freut mich sehr, dich kennenzulernen, Melisande Rotschopf. Dein Name ist wirklich seltsam, es ist kein schottischer Name … Obwohl du scheinst mir schottischer zu sein als ich.“
Ich lächelte aus reiner Höflichkeit und versuchte, an ihm vorbei zu kommen, immer noch in der Angst, zu spät zu kommen. Aber er versperrte mir den Weg, fest mit breiten Beinen stand er mitten im Flur. Nur durch das rechtzeitige Einschreiten einer dritten Person konnte die verfahrene Situation entwirren.
„Miss Bruno! Ich kann Verzögerungen nicht ausstehen!“ Der Ruf kam zweifellos von meinem neuen Arbeitgeber und ich bekam eine Gänsehaut im Nacken.
Kyle trat schnell zur Seite und ließ mich vorbei. „Viel Glück, Melisande Rotschopf. Du wirst es brauchen.“
Ich warf ihm einen wütenden Blick zu und lief auf die Tür am Ende des Flurs zu. Sie stand halb offen, und eine Rauchwolke drang aus ihr heraus.
Sebastian Mc Laine saß hinter dem Schreibtisch, genau wie am Vortag, eine Zigarre zwischen den Fingern, mit unnachgiebigem Gesicht.
„Schließen Sie die Türe, bitte. Und dann setzen Sie sich. Wir haben schon genug Zeit damit vergeudet, dass Sie mit dem Rest des Personals Freundschaft schließen.“ Sein Ton klang hart und beleidigend.
Eine innerer Aufruhr trieb mich zu einer Antwort, ein waghalsiges Lamm vor dem Schlachtbeil.
„Es war reine Höflichkeit. Oder bevorzugen Sie vielleicht eine ungehobelte Sekretärin? In diesem Fall kann ich die Zelte auch sofort abbrechen.“
Meine Impulsantwort erwischte ihn völlig unvorbereitet. In seinem Gesicht blitzte ein Funken Überraschung auf, wahrscheinlich der gleiche, den mein Gesicht wiederspiegelte. Ich war noch nie so wagemutig gewesen.
„Und ich hatte Sie schon als zahnlosen Schosshund eingestuft ... Da war ich wohl voreilig ... Wirklich voreilig.“
Ich konnte mich kaum noch auf meinen wackeligen Beinen halten und setzte mich ihm gegenüber, völlig zerknirscht über meine rücksichtslose Offenheit. Und angsterfüllt über die möglichen explosiven Folgen.
Mein Arbeitgeber schien alles andere als beleidigt zu sein. Er lächelte. „Wie ist Ihr Vorname, Miss Bruno?“
„Melisande“, antwortete ich automatisch.
„Nach Debussy, nehme ich an. Waren Ihre Eltern Musikliebhaber? Musiker vielleicht sogar?“
„Mein Vater war Bergmann“, gab ich ungern zu.
„Melisande ... Ein ausgefallener Name für die Tochter eines Bergmanns“, stellte er mit vibrierenden Stimme eines zurückhaltenden Lachens fest. Er machte sich über mich lustig, und trotz der Vorsätze des Tages zuvor, war ich nicht sicher, ob ich das zulassen wollte. Oder es wäre zu seiner Lieblingsbeschäftigung geworden.
Ich straffte die Schultern und versuchte die verlorene Fassung wiederzuerlangen. „Und Sebastian, warum? Vom Heiligen Sebastian vielleicht? Wirklich nicht unbedingt eine passende Wahl.“
Er nahm den Schlag hin und kräuselte die Nase für den Bruchteil einer Sekunde. „Zieh deine Krallen wieder ein, Melisande Bruno. Ich führe keinen Krieg mit dir. Wenn es so wäre, hättest du keine Chance zu gewinnen. Nie. Nicht einmal in deinen kühnsten Träumen.“
„Ich träume nie, Sir“, antwortete ich so würdevoll wie es möglich.
Er schien von meiner Antwort beeindruckt, die vor Aufrichtigkeit triefte. „Du kannst dich glücklich schätzen. Träume sind immer irgendwie Betrug. Wenn es Albträume sind, rauben sie dir den Schlaf. Wenn sie schön sind, ist das Erwachen doppelt bitter. Alles in allem ist es besser nicht zu träumen.“ Seine betörenden Augen lösten sich nie von den meinen. „Du bist eine interessante Person Melisande. Klein aber oho, und noch dazu witzig”, fügte er neckend hinzu.
„Schön, dann habe ich ja die notwendigen Qualifikationen für diese Arbeit“, sagte ich