Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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dies eine Gewohnheit des Hauses?« fragte Athos, die Stirne faltend.

      »Ja, Herr; jede Woche wendet der Herr Prinz bei der einen oder der andern Sache einem seiner Cavaliere einen ähnlichen Vortheil zu. Es sind fünfzig Cavaliere bei seiner Hoheit, und damals traf gerade mich die Reihe.«

      »Gut! Ihr waret also in Spanien?«

      »Ja, Herr, ich machte eine sehr schöne und sehr interessante Reise.«

      »Ihr seid vor einem Monat zurückgekehrt?«

      »Ja, Herr.«

      »Und seit diesem Monat?«

      »Seit diesem Monat . . . «

      »Was habt Ihr gethan?«

      »Meinen Dienst, Herr.«

      »Ihr seid nicht bei mir in la Fère gewesen?«

      Raoul erröthete. Athos schaute ihn mit seinem festen, ruhigen Auge an.

      »Ihr hättet Unrecht, wenn Ihr mir nicht glauben würdet,« sagte Raoul, »ich erröthe, und fühle es wohl: es geschieht unwillkührlich. Die Frage, die Ihr an mich zu richten mir die Ehre erweist, ist der Art, daß sie große Gemüthsbewegung in mir veranlaßt. Ich erröthe, weil ich bewegt bin, nicht weil ich lüge.«

      »Es ist mir bekannt, Raoul, daß Ihr nicht lügt.«

      »Nein, Herr.«

      »Ueberdies, mein Freund, hättet Ihr Unrecht; was ich Euch sagen wollte . . . «

      »Ich weiß es wohl, Herr; Ihr wolltet mich fragen, ob ich nicht in Blois gewesen sei.«

      »Ganz richtig.«

      »Ich bin nicht dahin gegangen: ich habe sogar nicht einmal die Person gesehen, die Ihr meint.«

      Die Stimme von Raoul zitterte, als er diese Worte sprach. Athos, der oberste Richter in allen Dingen des Zartgefühls, fügte sogleich bei:

      »Raoul, Ihr antwortet mit einem peinlichen Gefühl; Ihr leidet.«

      »Sehr, mein Herr; Ihr habt mir verboten, nach Blois zu gehen und Fräulein de la Vallière zu sehen.«

      Hier hielt der junge Mann inne; dieser süße, so reizend auszusprechende Name zerriß sein Herz, während er seine Lippen liebkoste.

      »Und ich habe wohl daran gethan, Raoul,« sprach Athos rasch. »Ich war weder ein barbarischer, noch ein ungerechter Vater; ich achte die wahre Liebe, aber ich denke für Euch an eine Zukunft . . . an eine unermeßliche Zukunft . . . . Eine neue Regierung wird wie eine Morgenröthe glänzen; der Krieg ruft den von ritterlichem Geist erfüllten König, Was dieser Heldenmüthige Eifer braucht, ist eine Schaar von Officieren, die mit Begeisterung den Streichen entgegenlaufen und, wenn sie fallen: Es lebe der König! rufen, statt: Gott befohlen, mein Weib! zu schreien. Ihr werdet das begreifen, Raoul. So roh und hart Euch auch mein Urtheil erscheinen mag, so beschwöre ich Euch doch, mir zu glauben und Eure Blicke von jenen ersten Jugendtagen abzuwenden, wo Ihr die Gewohnheit, zu lieben, annahmet, von jenen Tagen mit der Sorglosigkeit, die das Herz verweichlichen und es unfähig machen, jene starken, bitteren Getränke zu ertragen, die man den Ruhm und das Mißgeschick nennt. Ich wiederhole Euch, Raoul, erblickt in meinem Rath einzig und allein das Verlangen, Euch nützlich zu sein, einzig und allein den Ehrgeiz, Euch gedeihen zu sehen. Ich halte Euch für fähig, ein merkwürdiger Mann zu werden; geht allein, Ihr werdet besser und rascher gehen.«

      »Ihr habt befohlen, mein Herr, und ich gehorche,« erwiederte Raoul.

      »Befohlen!« rief Athos, »antwortet Ihr mir so? Ich habe befohlen! Oh! Ihr verdreht meine Worte, wie Ihr meine Absichten mißkennt: ich habe nicht befohlen, ich habe gebeten.«

      »Nein, Herr, Ihr habt befohlen,« entgegnete Raoul hartnäckig.. »Doch hättet Ihr auch nur gebeten .. . Eure Bitte ist noch wirksamer, als ein Befehl. Ich habe Fräulein de la Vallière nicht wiedergesehen.«

      »Aber Ihr leidet! Ihr leidet!« rief Athos.

      Raoul antwortete nicht.

      »Ich finde Euch bleich, ich finde Euch betrübt . . . Dieses Gefühl ist also sehr stark?«

      »Es ist eine Leidenschaft,« erwiederte Raoul.

      »Nein . . . eine Gewohnheit.«

      »Herr, Ihr wißt, daß ich viele Reisen gemacht habe, daß ich zwei Jahre fern von hier gewesen bin . . . jede Gewohnheit kann sich, glaube ich, in zwei Jahren lösen . . . Nun, bei meiner Rückkehr liebte ich, nicht mehr, das ist unmöglich, aber eben so sehr. Fräulein de la Vallière ist für mich die vorzugsweise Gefährtin; doch Ihr seid für mich Gott auf Erden, . . . Euch werde ich Alles opfern.«

      »Ihr hättet Unrecht,« sagte Athos; »ich habe kein Recht mehr auf Euch. Das Alter hat Euch emancipirt. Ihr bedürft nicht einmal mehr meiner Einwilligung. Uebrigens werde ich, nach Allem, was Ihr mir gesagt, die Einwilligung nicht verweigern. Heirathet also Fräulein de la Vallière, wenn Ihr wollt.«

      Raoul machte eine Bewegung und erwiederte dann plötzlich:

      »Ihr seid sehr gut, mein Herr, und Eure Erlaubniß erfüllt mich mit Dankbarkeit; doch ich werde sie nicht annehmen.«

      »Ihr schlagt es nun aus!«

      »Ja, Herr.«

      »Ich bin Euch dafür nicht erkenntlich, Raoul.«

      »Aber Ihr habt im Grunde Eures Herzens etwas gegen diese Heirath . . . Ihr habt sie mir nicht gewählt.«

      »Das ist wahr.«

      »Dies genügt, daß ich nicht darauf beharre, und ich werde warten.«

      »Nehmt Euch in Acht, Raoul, was Ihr sprecht, ist ernst.«

      »Ich weiß es wohl, Herr, ich werde warten, sage ich Euch.«

      »Obschon ich sterbe?« fragte Athos sehr bewegt.

      »Oh! Herr!« rief Raoul, mit Thränen in der Stimme, »ist es möglich, daß Ihr mir so das Herz zerreißt, mir, der ich Euch keinen Grund zur Klage gegeben habe?«

      »Liebes Kind, es ist wahr,« sagte Athos, indem er heftig die Lippen zusammenpreßte, um die Erschütterung zu bewältigen, der er bald nicht mehr Meister geworden wäre; »ich begreife nur nicht, worauf Ihr warten wollt . . . Wollt Ihr warten, bis Ihr nicht mehr liebt?«

      »Ah! was das betrifft, nein; ich werde darauf warten, daß Ihr anderer Meinung werdet.«

      »Ich will eine Probe machen, Raoul, ich will sehen, ob Fräulein de la Vallière wartet, wie Ihr.«

      »Ich hoffe es, Herr.«

      »Aber nehmt Euch in Acht, Raoul; wenn sie nicht warten würde? Ah! Ihr seid so jung, so vertrauensvoll, so redlich . . . Die Frauen sind so veränderlich.«

      »Ihr habt mir nie Böses von den Frauen gesagt, Herr; Ihr habt Euch nie über sie zu beklagen gehabt; warum beklagt Ihr Euch über dieselben gegen mich in Beziehung auf Fräulein de la Vallière.«

      »Es ist wahr,« sprach Athos, die Augen niederschlagend, »nie habe ich Euch Böses von den Frauen gesagt; nie habe ich mich über sie zu beklagen gehabt; nie hat Fräulein de la Vallière einen Verdacht begründet; aber wenn man vorhersieht, muß man bis zu den Ausnahmen, bis zu den Unwahrscheinlichkeiten gehen! Wenn, Fräulein de la Vallière nicht auf Euch warten würde, sage ich?«

      »Wie so, Herr?«

      »Wenn sie ihre Blicke nach einer andern Seite wenden würde?«

      »Nach einem andern Mann, meint Ihr?« fragte Raoul bleich vor Angst.

      »So ist es.«

      »Nun, mein Herr,« erwiederte Raoul ganz einfach, »ich würde diesen Mann tödten, und so alle Männer, welche Fräulein de la Vallière wählen wollte, bis einer von ihnen mich getödtet, oder bis Fräulein de la Vallière mir ihr Herz zurückgegeben hätte.«

      Athos bebte und sprach mit dumpfem Ton:

      »Ich glaubte, Ihr hättet, mich so eben Euren Gott, Euer Gesetz auf dieser Welt genannt.«

      »Oh!«


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