Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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soll ich Eurer Majestät das Geld schicken?«

      »Heute Nacht um elf Uhr. Es ist mein Wunsch, daß Niemand erfahre, ich besitze dieses Geld.«

      Colbert antwortete nicht mehr, als wenn gar nichts zu ihm gesagt worden wäre.

      »Besteht diese Summe in Stangen oder in geprägtem Gold?«

      »In geprägtem Gold, Sire.«

      »Gut.«

      »Wohin soll ich sie schicken?«

      »In den Louvre. Meinen Dank, Herr Colbert.«

      Colbert verbeugte sich und ging ab.

      »Dreizehn Millionen!« rief Ludwig XIV., als er allein war; »das ist ein Traum!«

      Dann ließ er seine Stirne in seine Hände fallen, als ob er wirklich schliefe.

      Doch nach einem Augenblick erhob er den Kopf, schüttelte sein schönes Haar, stand auf, öffnete ungestüm das Fenster und badete seine brennende Stirne in der lebhaften Morgenluft, die ihm den scharfen Geruch der Bäume und den süßen Duft der Blumen zuführte.

      Eine glänzende Morgenröthe ging am Horizont auf, und die ersten Strahlen der Sonne übergoßen mit ihrer Flamme die Stirne des jungen Königs.

      »Diese Morgenröthe ist die meiner Regierung,« sprach Ludwig XlV. »Ist es ein Vorzeichen, das Du mir schickst, allmächtiger Gott?«

       X.

      Der erste Tag des Königthums von Ludwig XIV

      Am Morgen verbreitete sich die Nachricht vom Tod des Cardinals im Schloß und vom Schloß in der Stadt.

      Die Minister Fouquet, Lyonne und Letelline versammelten sich im Sitzungssaal, um Rath zu halten.

      Der König ließ sie sogleich zu sich rufen.

      »Meine Herren,« sagte er, »so lange der Herr Cardinal lebte, ließ ich ihn meine Angelegenheiten leiten: aber nun gedenke ich selbst zu regieren. Ihr werdet mir Euren Rath geben, wenn ich ihn von Euch verlange. Geht!«

      Die Minister schauten sich erstaunt an. Wenn sie ein Lächeln verheimlichten, so geschah dies mit großer Anstrengung, denn sie wußten, daß der Prinz, der in völliger Unkenntniß der Angelegenheiten aufgezogen worden war, hier eine für seine Kräfte viel zu schwere Last übernahm.

      Als Fouquet sich von seinen Collegen auf der Treppe verabschiedete, sagte er zu ihnen:

      »Meine Herren, wir haben nun bedeutend weniger Geschäfte.«

      Und er stieg ganz freudig in seinen Wagen.

      Die Anderen kehrten ein wenig unruhig über die Wendung, welche die Ereignisse nehmen dürften, mit einander nach Paris zurück.

      Der König begab sich gegen zehn Uhr zu seiner Mutter, mit der er eine geheime Unterredung pflog; dann stieg er in einen geschlossenen Wagen und fuhr geraden Wegs nach dem Louvre. Hier empfing er viele Menschen, und er fand ein großes Vergnügen daran, das Zögern Aller und die Neugierde jedes Einzelnen zu beobachten.

      Am Abend befahl er, die Pforten des Louvre zu schließen, mit Ausnahme einer einzigen, welche nach dem Quai ging. Hier stellte er als Schildwachen zweihundert Schweizer auf, welche nicht ein Wort Französisch sprachen, mit dem Auftrag, Alles einzulassen, was ein Faß wäre, und nichts Anderes, und nichts hinauszulassen.

      Auf den Schlag elf Uhr hörte er das Rollen eines schweren Wagens unter dem Gewölbe, dann eines andern, dann eines dritten, wonach sich das Gitter wieder mit dumpfem Tone auf seinen Angeln drehte und geschlossen wurde.

      Bald kratzte Jemand mit dem Nagel an der Thüre des Cabinets, der König öffnete selbst, und er sah Colbert, dessen erstes Wort es war:

      »Das Geld ist im Keller Eurer Majestät.«

      Ludwig ging hinab und besichtigte selbst die Fässer mit Gold- und Silberstücken, welche unter dem Befehl von Colbert vier vertraute Männer in ein Gewölbe gewälzt hatten, dessen Schlüssel Colbert am Morgen übergeben worden war. Nachdem er diese Revue beendigt hatte, kehrte Ludwig in seine Gemächer zurück, gefolgt von Colbert, der seine starre Kälte nicht durch den geringsten Strahl persönlicher Zufriedenheit erwärmt hatte.

      »Mein Herr,« sagte der König zu ihm, »was soll ich Euch zum Lohn für diese Treue und Redlichkeit geben?«

      »Durchaus nichts, Sire.«

      »Wie, nichts! nicht einmal die Gelegenheit, mir zu dienen?«

      »Wollte mir Eure Majestät diese Gelegenheit nicht bieten, so würde ich ihr darum doch nicht minder dienen. Es ist mir unmöglich, nicht der beste Diener Eurer Majestät zu sein.«

      »Ihr sollt Intendant der Finanzen sein, Colbert.«

      »Aber es gibt einen Oberintendanten, Sire.«

      »Allerdings.«

      »Sire, der Oberintendant ist der mächtigste Mann des Königreichs.«

      »Ah!« rief Ludwig erröthend, »Ihr glaubt?«

      »Er wird mich in acht Tagen zermalmen, Sire; denn Eure Majestät gibt mir eine Controle, für welche die Stärke unerläßlich ist. Intendant unter einem Oberintendanten ist eine untergeordnete Stellung.«

      »Ihr wollt Stützen . . . Ihr verlaßt Euch nicht auf mich!«

      »Ich habe die Ehre gehabt, Eurer Majestät zu sagen, zu Lebzeiten von Herrn von Mazarin sei Herr Fouquet der zweite Mann des Reiches gewesen, nun aber, da der Cardinal todt, ist Herr Fouquet der erste geworden.«

      »Mein Herr, ich dulde es, daß Ihr mir heute Alles sagt, doch bedenkt wohl, morgen werde ich es nicht mehr dulden.«

      »Dann werde ich Eurer Majestät unnütz sein.«

      »Ihr seid es schon, da Ihr Euch mir dienend zu gefährden glaubt.«

      »Ich befürchte nur, außer Standes zu sein, Euch zu dienen.«

      »Was wollt Ihr denn?«

      »Eure Majestät gebe mir Gehilfen bei der Arbeit der Intendanz.«

      »Die Stelle verliert an ihrem Werth.«

      »Sie gewinnt an Sicherheit.«

      »Wählt Eure Collegen.«

      »Die Herren Breteuil, Marin, Hervard.«

      »Morgen soll die Ordonnanz erscheinen.«

      »Sire, ich danke.«

      »Das ist Alles, was Ihr verlangt?«

      »Nein, Sire, noch Etwas.«

      »Was?«

      »Laßt mich eine Justizkammer bilden.«

      »Wozu diese Justizkammer?«

      »Um die Finanz- und Domainenpächter zu richten, welche seit zehn Jahren Unterschleif gemacht haben.«

      »Was wird man ihnen thun?«

      »Man henkt drei, und die Andern werden wieder herausgeben.«

      »Ich kann doch meine Regierung nicht mit Hinrichtungen beginnen.«

      »Im Gegentheil, um sie nicht mit Todesstrafen zu beschließen,«

      Der König antwortete nicht.

      »Eure Majestät willigt ein?» fragte Colbert.

      »Ich werde es mir überlegen.«

      »Es wird zu spät sein, wenn Eure Majestät überlegt hat.«

      »Warum?«

      »Weil wir es mit Leuten zu thun haben, welche stärker sind, als wir, wenn sie Kunde erhalten.«

      »Bildet diese Justizkammer, mein Herr.«

      »Ich werde es thun.«

      »Ist dies Alles?«

      »Nein, Sire, noch etwas Wichtiges . . . welche Rechte verleiht Eure Majestät dieser Intendanz?«

      »Ich weiß nicht . . . es gibt Gebräuche . . . ein Herkommen.«

      »Sire,


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