Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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Raoul hatte hundertmal Hiob und d’Artagnan nennen hören, wie man die Zwillingsbrüder Romulus und Remus nennt,

      D’Artagnan gewahrte diesen Blick der Verwunderung.

      »Nun! Dein Vater wird Dir gesagt haben, daß ich in England gewesen bin?«

      »Ja, Herr Chevalier.«

      »Und daß ich dort einen glücklichen Fund gemacht habe?«

      »Nein, Herr, das wußte ich nicht.«

      »Ja, einer meiner guten Freunde, ein sehr vornehmer Herr, der Vicekönig von Schottland und Irland, machte, daß ich eine Erbschaft auffand.«

      »Eine Erbschaft?«

      »Ja, eine ziemlich runde.«

      »Somit seid Ihr reich?«

      »Nun . . . «

      »Empfangt meine aufrichtigen Glückwünsche.«

      »Ich danke . . . Sieh, hier ist mein Haus.«

      »Auf der Grève?«

      »Ja, Du liebst dieses Quartier nicht?«

      »Im Gegentheil . . . das Wasser ist schön anzuschauen ., . Oh! das hübsche, alterthümliche Haus!«

      »Das Bild Unserer Lieben Frau, es ist eine alte Schenke, die ich seit zwei Tagen in ein Haus verwandelt habe.«

      »Aber die Schenke ist immer noch offen?«

      »Ja wohl!«

      »Und Ihr, wo wohnt Ihr?«

      »Ich wohne bei Planchet.?«

      »Ihr sagtet mir aber so eben: Sieh, hier ist mein Haus.«

      »Ich sagte dies, weil es wirklich mein Haus ist, denn ich habe es gekauft.«

      »Ah!« machte Raoul.

      »Zehn Procent, mein lieber Raoul; ein vortreffliches Geschäft: ich habe das Haus um dreißigtausend Livres gekauft; es hat einen Garten nach der Rue de la Mortellerie; die Schenke ist mit dem ersten Stock um tausend Livres vermiethet; der Speicher im zweiten Stock um fünfhundert Livres.«

      »Geht doch!«

      »Ganz gewiß.«

      »Ein Speicher um fünfhundert Livres? Das ist ja nicht bewohnbar.«

      »Man bewohnt es auch nicht; doch Du stehst, daß dieser Speicher zwei Fenster nach dem Platze hat.«

      »Ja, Herr.«

      »Nun wohl, so oft man rädert, hängt, viertheilt, oder verbrennt, werden diese Fenster bis zu zwanzig Pistolen vermiethet.«

      »Oh!« machte Raoul mit Abscheu.

      »Nicht wahr, das ist ekelhaft?« sagte d’Artagnan.

      »Oh!« wiederholte Raoul.

      »Es ist ekelhaft, aber es ist so . . . Diese Pariser Maulaffen sind zuweilen wahre Menschenfresser. Ich begreife nicht, daß Christen solche Speculationen machen können,«

      »Das ist wahr.«

      »Ich, was mich betrifft, verschlöße, wenn ich dieses Haus bewohnen würde, an Hinrichtungstagen Alles, bis auf die Schlüssellöcher; aber ich bewohne es nicht.«

      »Und Ihr vermiethet diesen Speicher um fünfhundert Livres?«

      »An den rohen Schenkwirt, der ihn wieder in Aftermiethe gibt . . . Ich sagte also fünfzehnhundert Livres.«

      »Das natürliche Interesse des Geldes, fünf Procent.«

      »Ganz richtig. Es bleiben mir noch das hintere Hauptgebäude, Magazine, Wohnungen und Keller, welche jeden Winter unter Wasser gesetzt sind, zweihundert Livres, und der Garten, der sehr schön, sehr gut angepflanzt, sehr unter den Mauern und dem Schatten des Portals von Saint-Gervais-Saint-Protais verborgen ist, dreizehnhundert Livres.«

      »Dreizehnhundert Livres, oh! das ist königlich.«

      »Höre die Geschichte: Ich muthmaße, daß irgend ein Canonicus des Kirchspiels (jeder dieser Herren ist ein Krösus), ich muthmaße also, daß ein Canonicus des Kirchspiels diesen Garten gemiethet hat, um sich darin zu erlustigen. Der Miethsmann hat den Namen Godard angegeben . . . Das ist ein falscher Name oder ein wahrer Name; ist er wahr, so ist es ein Canonicus; ist er falsch, so ist es ein Unbekannter; wozu soll ich das wissen? Er bezahlt immer zum Voraus . . . Ich hatte auch vorhin, als ich Dir begegnete, den Gedanken, ein Haus auf der Place Baudoyer zu kaufen, dessen Hintertheile sich mit meinem Garten verbinden ließen und ein herrliches Eigenthum bilden würden. Deine Dragoner haben mich von meinem Gedanken abgebracht. Doch laß uns den Weg durch die Rue de la Vannerie nehmen, und wir kommen gerade zu Meister Planchet.«

      D’Artagnan beschleunigte seine Schritte, und führte wirklich Raoul zu Planchet in ein Zimmer, das der Spezereihändler seinem ehemaligen Herrn abgetreten hatte. Planchet war ausgegangen, doch das Mittagsbrod wurde aufgetragen. Es herrschte bei dem Spezereihändler noch ein Ueberest von Regelmäßigkeit, von militärischer Pünktlichkeit.

      D’Artagnan brachte Raoul wieder auf das Kapitel seiner Zukunft.

      »Dein Vater hält Dich streng,« sagte er.

      »Gerecht, Herr Chevalier.«

      »Oh! ich weiß, daß Athos gerecht ist, aber vielleicht zähe.«

      »Eine königliche Hand, Herr d’Artagnan.«

      »Ohne Umstände, Junge: wenn Du einige Pistolen brauchst, so ist der alte Musketier da.«

      »Lieber Herr d’Artagnan . . . «

      »Du spielst wohl ein wenig?«

      »Nie.«

      »Glück bei Frauen also? . . . Du erröthest . . . Oh! kleiner Aramis! Mein Lieber, das kostet noch mehr als das Spiel. Es ist wahr, daß man sich schlägt, wenn man verloren hat, und das ist eine Ausgleichung, … Bah! der kleine weinerliche König läßt die Leute, welche vom Leder ziehen, Strafe bezahlen. Welche Regierung, mein armer Raoul, welche Regierung . . . Wenn mau bedenkt, daß man zu meiner Zeit die Musketiere in den Häusern belagerte, wie Hektor und Priamus in der Stadt Troja; und dann weinten die Weiber, und dann lachten die Mauern, und fünfhundert Kerle klatschten in die Hände und riefen: Schlagt todt! schlagt todt! wenn es sich Nicht um einen Officier handelte. Mordioux! Ihr Leute werdet das nicht sehen.«

      »Ihr urtheilt so strenge über den König, Herr d’Artagnan, und Ihr kennt ihn kaum.«

      »Ich! höre, Raoul, Tag für Tag, Stunde für Stunde, merke Dir wohl meine Worte, sage ich Dir voraus, was er thun wird. Ist der Cardinal todt, so wird er weinen; gut: das ist das, was er am wenigsten Albernes thun kann, besonders wenn er nicht an eine Thräne denkt.«

      »Hernach?«

      »Hernach wird er sich eine Pension von Herrn Fouquet aussetzen lassen, und in Fontainebleau Verse für irgend eine Mancini machen, der die Königin die Augen ausreißt. Siehst Du, die Königin ist eine Spanierin und hat Frau Anna von Oesterreich zur Schwiegermutter. Ich kenne das . . . die Spanierinnen aus dem Hause Oesterreich.«

      »Hernach?«

      »Hernach, wenn er den Schweizern die silbernen Borden hat abreißen lassen, läßt er die Musketiere zu Fuß setzen, weil Hafer und Heu für ein Pferd täglich fünf Sous kosten.«

      »Oh! sagt das nicht.«

      »Was liegt mir daran, nicht wahr, ich bin nicht mehr Musketier? Mag man zu Pferd oder zu Fuß sein, mag man eine Spicknadel, einen Bratspieß, einen Degen, oder gar nichts tragen, mir gleichviel!«

      »Lieber Herr d’Artagnan, ich flehe Euch an, sprecht nicht schlimm vom König. Ich bin, gleichsam in seinem Dienst, und mein Vater würde es mir sehr verargen, wenn ich, selbst aus Eurem Mund, für Seine Majestät beleidigende Worte angehört hätte.«

      »Dein Vater! . . . Ei! das ist ein Vertheidiger jeder wurmstichigen Sache . . . Bei Gott! ja, Dein Vater ist ein Braver, ein Cäsar! aber ein Mann ohne Blick.«

      »Ah! mein guter Chevalier,«


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