Der Secretair der Marquise Du-Deffand. Александр Дюма
das wahre Bild der Gelehrten jenes Jahrhunderts. Molière hat es nicht in Abrede gestellt, er hat ein Meisterstück daraus gemacht.
Sechstes Kapitel
Diese Unterhaltung war für mich ungemein anlockend, Alles, was man mir sagte, glaubte ich zuversichtlich. Als Fräulein Delaunay mir vorschlug, noch eine gewisse Gräfin, eine Madame Düpuis und einen gewissen Abbé Lecamus zu sehen, die Zaubereien und wunderbare Eröffnungen machen sollten, war ich unendlich erfreut, und willigte rasch ein. Dies erregte in Sceaux eine große Freude, man bediente sich meiner wie eine spanische Wand. Da der Herzog von Orleans mich schätzte, so war ich nicht verdächtig, und ich konnte mich bei dieser Gelegenheit überzeugen, daß man nichts Strafbares that, denn man drang in mich, zu bleiben und allen diesen Scenen beizuwohnen. Dies war sehr gut ausgesonnen, und da ich in meinem Alter wenig Erfahrung hatte, ging ich willig in die Falle. – Sie werden mit der Delaunay zu Mittag essen, fügte Frau von Maine hinzu; denn sie empfängt und bewirthet diese berühmten Personen. Ich selbst werde bei dem Nachtische verkleidet und unbekannt erscheinen. Wenn sie mich erkennen, lasse ich sie auf der Stelle davonjagen. Der Herr Herzog von Maine ist kein Freund von solchen Kunden, sie sind gut für den Herrn Herzog von Orleans, der an den Teufel glaubt, um nur an etwas zu glauben, Sie, die Sie frei und unabhängig sind, werden sich amüsiren.
Den ganzen Vormittag verbrachte ich damit, die geistreiche und unterhaltende Prinzessin anzuhören. Sie sprach von ihrem Fliegenorden und äußerte dabei ihr Bedauern, daß sie jetzt nicht mehr jene schönen Ceremonien, wie früher, habe, um mich als Ritterin aufnehmen zu lassen.
– Aber unser Kummer geht vorüber, und wir werden wieder damit beginnen. Dann, hoffe ich, werden Sie Sceaux in seinem ersten Glanze sehen. Wenn ich meinen Prozeß gewinne, fügte sie hinzu, so werden wir reicher sein, als je; Herr von Maine wird dann keine Sorgen wegen des Vermögens und der Zukunft seiner Kinder mehr haben, und wir amüsiren uns in aller Ruhe.
Obgleich Fräulein Delaunay den Titel der Kammerfrau Ihrer Hoheit führte, so war sie in der That doch etwas mehr. Sie hatte keine andere häusliche Obliegenheiten, als stets zugegen zu sein. Zuweilen aber gebrauchte man sie als Secretair, als Vertraute. Nie zog sie ihrer Herrin die Strümpfe und Schuhe an, nie steckte sie ihr eine Nadel ein. Deshalb sagte auch Frau von Maine:
– Man hält die Delaunay für meine Kammerfrau; aber mein Geist ist ein ergebener Diener des ihrigen.
Dies war nicht wahr, Frau von Maine beherrschte Alles.
Die Stunde kam, unsere Toilette war gemacht, und man benachrichtigte mich, daß wir in ein Haus von Sceaux zum Mittagsessen gehen würden, zu einer Art von Edelmann, einem Gelehrten, der mit unumstößlichen Argumenten zur Besiegung der Feinde des Hauses Maine ausgerüstet sei.
– In dieser Comödie wird eine verhungerte Gräfin mitspielen, von der ich Ihnen schon gesagt habe; sie hat mit großer Mühe den Edelmann überredet, daß er mir ein Mittagsessen giebt, damit ich ihn anhöre. Er wohnt in der Stadt Sceaux, ist sehr reich, aber geizig; er langweilt mich mit seinen Büchern bis zum Sterben. Ich hoffe indeß, dem Magier Smerdis und der Semiramis auszuweichen. Klagen Sie mich an, wenn Sie wollen; aber ich wollte eine Genossin haben. Was langweilt, wenn man allein ist, amüsirt, wenn man sich in Gesellschaft befindet. Sind Sie nicht meiner Ansicht?
Ich war damit einverstanden und folgte meiner Führerin, sehr geneigt, mich auf diese Art und Weise zu amüsiren; dessenungeachtet aber hatte ich keine Ahnung von dem, was ich sehen sollte.
Man brachte uns in einer Carosse bis an die Thür des Edelmanns, der sich Despré nannte. Der Weg war ziemlich lang bis zu seinem Schlosse. Bei unsrem Anblicke setzte sich Alles in Bewegung. Die Mägde empfingen uns mit ihren Küchenschürzen, die makellos weiß, waren, wie Meubles, die man nicht oft benutzt.
– Man ist hier entweder sehr verschwenderisch, oder sehr geizig! flüsterte ich leise meiner Begleiterin zu. Diese Köchinnen sehen aus, als ob sie ein mageres Fricasse bereitet hätten.
– Wir werden sehen!
Herr Despré kam uns entgegen; seine Gäste begleiteten ihn. Wir waren wichtige Personen, denn man grüßte uns durch Verbeugen bis zur Erde.
Die Gräfin war außer sich vor Freude, als sie sah, daß der Zeitpunkt des Mittagsessens eintrat. Das Glück darüber machte sie zur Liebenswürdigkeit selbst; sie stellte unsere Stühle zurecht, und nannte uns die anwesenden Personen. Mit einem Worte, jede ihrer Bewegungen sagte:
– Wie danke ich Ihnen dafür, daß ich heute mehr als trockenes Brod essen werde!
Arme Frau! Wie hatte sie sich getäuscht! Sind die alten Magen wie die jungen Herzen? Lassen sie sich durch Chimären betrügen? Genügt der Rauch, um sie zufrieden zu stellen?
Es waren auch Leute aus der andern Welt zugegen: der Abbé Leramus und die Dame Düpuis, die angekündigte Pythia. Man setzte sich in einen Kreis, und obgleich es nicht kalt war, so rauchten doch einige Holzstücke in dem Kamine. Wir wußten, daß es aus Oekonomie geschah. Das große Zimmer des Erdgeschosses, in dem wir uns befanden, ward nie geöffnet; es war entsetzlich feucht, und ohne diesen Anschein von Feuer würde der Aufenthalt darin unerträglich gewesen sein. Bald sahen wir jedoch, daß das Feuer einen andern Zweck hatte.
Um die Delaunay und mich zu ehren, wies man jeder von uns einen Platz im Winkel des Kamins an; man trennte uns daher zu unserm großen Bedauern. Wir konnten nicht anders als durch die Blicke mit einander sprechen. Und dabei wurden wir noch überwacht, denn man sah uns stets an.
Die Frauen sprachen viel, die Männer lächelten gefällig. Wir glichen zwei Pagoden, und mich wandelte die Lust an, zu lachen.
– Mein Herr, begann endlich die Delaunay, wann wird uns Madame Düpuis ihre Wunder zeigen?
– Beim Dessert, Mademoiselle, das wir an einem eigens dazu vorbereiteten Orte einnehmen werden.
– Äh, rief ich, wahrscheinlich in einer Grotte oder in einer Rasenhütte des Gartens?
– Nein, Madame, es ist ein Ort, den der Blick der Profanen nicht erreicht, und wo die Wunder sich ohne Gefahr zeigen können.
Bei diesen Worten erhob sich Fräulein Delaunay rasch.
– Wie, mein Herr, wir werden die Wunder also nicht in Ihrem Hause sehen?
– In meinem Hause, Demoiselle, aber nicht hier!
– Ich erwarte eine meiner Freundinnen, eine sehr gelehrte Person, die sich gegen zwei Uhr einfinden wird, um die Wunder zu sehen. Wird sie uns finden?
– Sie wird uns finden, gewiß! Wir werden sie erwarten. Erst um elf Uhr bemächtigt sich der Gott der Zauberin; bis dahin bleibt sie stumm, wie Sie sie sehen.
– Wird sie nicht soupiren?
Despré antwortete mit einem Seufzer:
– Leider wird sie nur zu viel soupiren, Mademoiselle. Die Begeisterung bindet ihr zwar die Zunge, aber nicht die Kinnladen.
Die Düpuis saß wirklich wie ein Götzenbild da, sie bewegte sich nicht, sie sprach nicht.
Alle diese Mumien schwiegen nach dieser Erklärung, und die Unterredung stockte.
Um ihre Fassung zu bewahren, ergriff die Delaunay die Zange und wollte dem Feuer, das dem Erlöschen nahe, Nahrung geben. Sie nahm einen schwarzen Gegenstand, den sie für ein angebranntes Stück Holz hielt, um ihn auf die Kohlen zu legen.
Ein allgemeiner Schrei ließ sich vernehmen. Ich erstickte fast, indem ich das Lachen unterdrückte.
– Barmherzigkeit! Das ist die Chocolaten-Kanne! Was machen Sie, Mademoiselle? Wir werden nun kein Souper haben! rief trostlos die Gräfin.
Ein Knistern in der Asche verrieth, daß Alles verzehrt war. Die ausgeschüttete Chocolate hatte das Feuer verlöscht – die Delaunay hatte alle unsere Hoffnungen vernichtet.
– Mein Herr, sagte sie mit großer Ruhe, wer hätte denken können, daß es nach dem Souper Chocolate giebt?
– Mademoiselle, ist es nicht die schöne Sitte des Hofes? Ich glaubte, die Leute vom Stande äßen Abends nicht, und wollte sie demgemäß bedienen.
– Ich